Yasser Abu Shabab, der umstrittene Anführer der von Israel unterstützten Miliz mit Namen »Kräfte des Volkes«, ist tot. Er wurde diese Woche im südlichen Gazastreifen erschossen, berichteten israelische Medien. Seine Organisation nannte einen »internen Streit« als Grund.
Sein Tod gilt als schwerer Rückschlag für Israels Bemühungen, lokale bewaffnete Gruppen als Alternative zur Hamas-Herrschaft im Gazastreifen aufzubauen. Abu Shabab, Angehöriger des Beduinenstammes Tarabin, erlangte während des Gazakrieges Bekanntheit.
Nachdem er zuvor wegen verschiedener Delikte im Gefängnis gesessen hatte, tauchte er als Anführer einer selbsternannten »Sicherheitsgruppe« wieder auf, die vorgab, Zivilisten zu schützen und humanitäre Hilfsrouten in Gebieten zu sichern, in denen die Autorität der Hamas zusammengebrochen war.
Selbst Mitglieder seiner Großfamilie distanzierten sich von ihm
Seine Zusammenarbeit mit dem israelischen Militär machte ihn dabei zu einer der polarisierendsten Figuren in Gaza. Viele Palästinenser sahen ihn als Verräter, und selbst Mitglieder seiner Großfamilie distanzierten sich öffentlich von ihm. Internationale Organisationen warfen seiner Gruppe zudem vor, Hilfskonvois in großem Umfang geplündert zu haben. Er wies alle Anschuldigungen zurück.
Laut einer Erklärung der Miliz sei Abu Shabab am Wochenende getötet worden, als er in der Region Rafah in einen Streit zwischen einem lokalen Clan eingreifen wollte. Unabhängige Berichte legen nahe, dass er bei einem bewaffneten Zusammenstoß nach einer Konfrontation mit einer einheimischen Familie starb. Die genauen Umstände sind jedoch umstritten.
Sein Tod fällt in eine Zeit, in der mehrere von Israel unterstützte Milizen darum kämpfen, in der lokalen Bevölkerung an Unterstützung zu gewinnen. Da der Gazastreifen weiterhin von Clanstrukturen, einer geschwächten Hamas-Infrastruktur und neu entstehenden Milizen zersplittert ist, trägt die Tötung von Abu Shabab zu weiterer Unsicherheit bei.
Avigdor Liberman: »Es ist problematisch, einer Gruppe von Kriminellen und Schwerverbrechern, die dem Islamischen Staat nahestehen, Waffen zu geben.«
Politikanalysten heben zudem hervor, dass das Geschehen die Fragilität dieser Gruppen unterstreiche, denen es meist an breiter gesellschaftlicher Legitimität mangelt. Sie erfahren sowohl von Hamas-Anhängern als auch von nicht organisierten Palästinensern oft tiefe Feindseligkeit. Ohne echte Unterstützung in der Bevölkerung seien diese Gruppen äußerst verwundbar und würden voraussichtlich nicht langfristig überleben. Sie meinen, dass die Politik der Stärkung clanbasierter Milizen im Gazastreifen kontraproduktiv sei und statt der Wiederherstellung der Ordnung eine weitere Instabilität hervorrufen könnte.
Währenddessen gab der Anführer einer anderen Miliz in Gaza, Hossam al-Astal dem öffentlich-rechtlichen israelischen Sender Kan ein Interview, in dem er seine Sicht der Dinge schilderte. Er sei sicher, dass Abu Shababs Tod den Vormarsch der Anti-Hamas-Gruppen im Gazastreifen nicht stoppen werde. Es gebe »Hunderte Kämpfer in verschiedenen Organisationen« erklärte er, und fügte hinzu, dass es die Hamas sei, die versuche, die Milizen als nur ein »paar Dutzend Leute« hinzustellen.
Al-Astal bekräftigte seine Überzeugung, die Autorität der Hamas schwinde rapide, auch wenn es anders aussehe. »Das Ende der Hamas ist nahe«, betonte er und argumentierte, lokale bewaffnete Gruppen seien bereit, das durch den Niedergang der Organisation entstandene Vakuum zu füllen.
Interview mit Anführer einer anderen Miliz
Er behauptete außerdem, diese Milizen könnten in jedem künftigen internationalen oder regionalen Rahmen zur Verwaltung des Gazastreifens nach dem Krieg eine Rolle spielen – ein Vorschlag, der von vielen Politikexperten skeptisch betrachtet wird.
Einige Nahostexperten warnen, dass diesen Gruppen eine tief verwurzelte Legitimität fehle und sie neue Zyklen von Clanrivalitäten und kriminellem Verhalten auslösen könnten. So bezeichnete Avigdor Lieberman, Vorsitzender der Oppositionspartei Israel Beiteinu, es als problematisch, »einer Gruppe von Kriminellen und Schwerverbrechern, die dem Islamischen Staat nahestehen, Waffen zu geben«. Er bezog sich dabei direkt auf den Clan von Abu Shabab.
Auch Michael Milshtein, Leiter des Moshe-Dayan-Centers an der Tel Aviv Universität und ehemaliger Berater des israelischen Militärs für palästinensische Angelegenheiten, äußert Bedenken wegen der »langfristigen Risiken einer Unterstützung bewaffneter Clans«. Er vergleicht die Situation mit früheren Fällen, in denen sich von ausländischen Mächten geförderte Milizen später gegen ihre Auftraggeber wandten: »Genau dasselbe kann so im Gazastreifen passieren.«