Israels früherer Regierungschef Naftali Bennett hat sich erstmals offen für eine präsidiale Begnadigung von Benjamin Netanjahu ausgesprochen – allerdings nur in Verbindung mit einem vollständigen Rückzug des amtierenden Premiers aus der Politik. .
In einem Beitrag auf X erklärte Bennett, Israel sei in den vergangenen Jahren »ins Chaos und an den Rand eines Bürgerkriegs geführt worden«. Um das Land aus dieser Lage herauszuholen, unterstütze er ein verbindliches Abkommen, das einen »würdevollen Abschied aus dem politischen Leben« mit der Einstellung des gegen ihn laufenden Korruptionsverfahrens verknüpfe. Das ermögliche es der Gesellschaft, »die Spaltung hinter sich zu lassen, sich zu einen und den Staat gemeinsam wieder aufzubauen«. Den Namen Netanjahu erwähnte Bennett in dem X-Eintrag nicht.
Bennett war bis 2022 Regierungschef und wird in Umfragen regelmäßig als einer der aussichtsreichsten Oppositionskandidaten für die Zeit nach Netanjahu gehandelt. Mehrere wöchentliche Erhebungen deuten darauf hin, dass er bei Neuwahlen gute Chancen hätte, ein Regierungsbündnis zu formen. Spätestens bis Oktober 2026 wird ein neuer Knesset-Wahltermin erwartet.
Ungewöhnlicher Schritt
Parallel zu Bennetts Initiative hat Netanjahu am Sonntag überraschend eine offizielle Begnadigung beim Staatspräsidenten beantragt – ein ungewöhnlicher Schritt, wie das Präsidentenbüro betonte. Der Antrag wurde durch Netanjahus Anwalt Amit Hadad eingereicht und an die zuständigen Stellen im Justizministerium weitergeleitet. Dort sollen nun Stellungnahmen und Gutachten gesammelt werden, bevor eine Empfehlung an Präsident Isaac Herzog erarbeitet wird.
Nach Angaben aus dem Umfeld des Premiers ist Netanjahu jedoch keineswegs bereit, sich im Gegenzug aus der Politik zurückzuziehen. »Er plant, erneut anzutreten«, sagten Vertraute. Damit wird deutlich, dass Netanjahu jede Vereinbarung ablehnt, die ihm den Weg zu einer weiteren Kandidatur versperren würde.
Im Zentrum des jahrelangen Streits um mögliche Deals steht die Frage der sogenannten moralischen Verwerflichkeit – eine Einstufung, die Netanjahu für Jahre aus dem politischen Leben drängen könnte. Laut israelischen Zeitungen heißt es jedoch aus seinem Umfeld, dass er auf eine Entscheidung Herzogs setzt, die ihm einen Verbleib auf der politischen Bühne ermöglicht.
»Erhebliche Implikationen«
Das Präsidentenbüro erklärte, Herzog werde den Antrag »verantwortlich und aufrichtig« prüfen, sobald ihm alle rechtlichen Unterlagen vorlägen. Eine Entscheidung wird demnach frühestens in zwei Monaten erwartet. Die Behörde verwies zugleich auf die Besonderheit des Vorgangs, der »erhebliche Implikationen« mit sich bringe. im