Jerusalem

Autos unter der Altstadt

Logenplatz: In ein paar Jahren sollen hier in der Altstadt umfangreiche Bauarbeiten zu beobachten sein. Foto: Flash 90

Hier stehen die jüdischen Gläubigen tief versunken im Gebet, nur Meter weiter entfernt ruft der Muezzin. Gleich um die Ecke huschen Mönche durch enge Gassen und verschwinden in altehrwürdigen Gemäuern. Seit Jahrtausenden ist Jerusalems Altstadt Zuhause der drei großen monotheistischen Weltreligionen und genauso lange Austragungsort blutiger Konflikte. Ebenso übt sie eine magische Anziehungskraft auf Millionen von Touristen aus. In den letzten Jahren aber wurde es eng hier. Massive Veränderungen im Bereich der Klagemauer und des jüdischen Viertels sollen Abhilfe schaffen, zum Beispiel sind eine vierstöckige Tiefgarage und ein neuer unterirdischer Zugang geplant. Ein baulich wie politisch extrem schwieriges Unterfangen in einem Gebiet, das spannungsgeladener kaum sein könnte.

Konzept Der Plan von Architekt David Scherki, der dem Planungs- und Bauausschuss der Jerusalemer Stadtverwaltung am vergangenen Dienstag vorgelegt wurde, ist in der ersten Runde bereits abgesegnet. Er gehört zu einem umfassenden Konzept des Architekten Gavriel Kertesz, das vorsieht, das gesamte Areal um die Klagemauer zu erneuern.

Ein zusätzliches Tor in der Stadtmauer könnte das heikelste Vorhaben dabei sein. Schon einmal wurden die alten Steine aufgebrochen. Man schrieb das Jahr 1889, als der deutsche Kaiser Wilhelm II. ins Heilige Land reiste. Als seine imperiale Kutsche nicht durch den Eingang zur Altstadt passte, hackten die osmanischen Behörden prompt eine Mauer am Jaffator auf und erweiterten den Zugang.

»So etwas wird sich nicht wiederholen«, sagte Scherki in einem Interview. Die alte Stadtmauer werde in keiner Weise verändert, stattdessen soll der neue Zugang durch einen Tunnel zwischen dem südlichen Mist- und dem Zionstor unterirdisch gelegt werden.

parkplätze Geplant sind neben Tunnel und Zugang öffentliche Parks, Dutzende von Wohnungen sowie eine Parkgarage mit bis zu 600 Plätzen im jüdischen Viertel. Die Renovierungen sollen hauptsächlich auf einem Platz durchgeführt werden, der heute als Parkfläche dient und bis 1967 für Ausgrabungen genutzt wurde. Verglichen mit dem Rest des Viertels ist er Brachland. Das neue Konzept sieht eine urbane Bebauung vor, die mit der Gegend im Einklang ist, die Tiefgarage soll darunter entstehen. Damit gäbe es mehr Stellplätze für Autos in der Altstadt, obwohl der private Verkehr, Anwohner ausgenommen, seit Juni zwischen neun und 18 Uhr untersagt ist. Die Pkw beschädigten die alten Gemäuer zu sehr, lautete damals die Erklärung.

»Die Renovierungsarbeiten sind geplant, um dem massiven Ansturm von Gläubigen und Besuchern der Klagemauer gerecht zu werden«, erklärt ein Sprecher der Verwaltung. »Jährlich kommen acht Millionen Menschen, und täglich werden es mehr. Die jetzige Infrastruktur ist schon lange nicht mehr ausreichend. Besonders die Zugänge sind ein großes Problem und müssen dringend erweitert werden.« Vor allem, wenn das Ziel des Bürgermeisters Nir Barkat, die Besucherzahlen innerhalb von zehn Jahren auf 15 Millionen auszuweiten, Realität werden sollte. Angst vor Beschwerden oder sogar Ausschreitungen seitens der moslemischen Bevölkerung habe man nicht, so der Sprecher. »Wir wollen uns ausschließlich darum kümmern, die Situation für alle Menschen einfacher und angenehmer zu machen, um nichts anderes geht es dabei.«

Konfliktpotenzial Fakt ist jedoch, dass es nie ruhig geblieben ist, wenn irgendwo in dem Quadratkilometer Fläche zu Hacke und Schaufel gegriffen wurde. Die arabischen Ausschreitungen rund um die Erneuerung der Hurva-Synagoge im Herzen des jüdischen Viertels gingen bis vor die Vereinten Nationen. Und auch die rein archäologischen Grabungen unterhalb der Klagemauer vor drei Jahren riefen Krawallmacher auf den Plan.

Diese Schwierigkeiten plus die enorm hohen Kosten, sich durch massiven Stein zu schneiden, werden als die größten Herausforderungen für das Projekt gesehen. Ohnehin wird es Jahre dauern, bis tatsächlich Bulldozer anrücken werden. Zunächst müssen diverse Genehmigungsschritte in Stadtverwaltung und Innenministerium durchlaufen werden, anschließend wird eine bestimmte Zeit für öffentliche Kommentare eingeräumt.

Bei sämtlichen Planungen ist die Altertumsbehörde des Landes eingebunden. Jahre hat es gedauert, sie von der Notwendigkeit dieser Renovierungen zu überzeugen. Die Jerusalemer Altstadt gehört zu den archäologisch größten Schätzen der Welt, metertief liegen die Altertümer an manchen Stellen vergraben. Der Architekt gibt zu, dass es wohl unvermeidlich sei, bei den Bauarbeiten einige Altertümer zu zerstören. Weil man jedoch ziemlich genau wisse, was unter dem Beton und Sand verborgen liege, könne man den Schaden sicher minimieren.

Tel Aviv

Was passiert nach Netanjahus Begnadigungsantrag?

Versuche, die Prozesse durch eine Absprache zu beenden, gab es bereits. Selbst die Richter regten eine Einigung an. Wie steht es um die beantragte Begnadigung?

 01.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  01.12.2025 Aktualisiert

Ehemalige Geiseln

»Eli war wie ein Vater für mich«

Alon Ohel und Eli Sharabi treffen sich nach der Freilassung zum ersten Mal wieder

von Sabine Brandes  01.12.2025

Haifa

Nach abgesagter Auktion: Holocaust-Zeugnisse jetzt in Israel

Die geplante Versteigerung von Holocaust-Zeugnissen in Deutschland hatte für große Empörung gesorgt. Nun wurden viele der Objekte nach Israel gebracht und sollen dort in einem Museum gezeigt werden

von Sara Lemel  01.12.2025

Jerusalem

Sa’ar kritisiert geplante Umbenennung des Dubliner Chaim-Herzog-Parks

Israels Präsident und Außenminister üben scharfe Kritik. Von einem »schändlichen und beschämenden Schritt« ist im Büro Isaac Herzogs die Rede

 01.12.2025

Tel Aviv

Tausende demonstrieren für Ran Gvili und Sudthisak Rinthalak

Der Vater von Ran Gvili sagt, es dürfe keinen »nächsten Schritt« geben, solange die Terroristen die letzten Leichen nicht herausgäben

 01.12.2025

Jerusalem

Bennett befürwortet Begnadigung Netanjahus – unter einer klaren Bedingung

Israel sei »ins Chaos und an den Rand eines Bürgerkriegs geführt worden«, so der Oppositionspolitiker. Um das Land aus dieser Lage herauszuholen, unterstütze er ein »verbindliches Abkommen«

 01.12.2025

Jerusalem

Netanjahu bittet Israels Präsidenten um Begnadigung

US-Präsident Trump hat eine Begnadigung des wegen Korruption angeklagten Regierungschefs Netanjahu gefordert. Nun schreibt Netanjahu selbst ein Gnadengesuch. Israels Opposition übt scharfe Kritik

 30.11.2025

Portrait

Die Frau, die das Grauen dokumentieren will

Kurz nach dem 7. Oktober 2023 gründete die israelische Juristin Cochav Elkayam-Levy eine Organisation, die die Verbrechen der Hamas an Frauen und Familien dokumentiert. Unser Redakteur sprach mit ihr über ihre Arbeit und ihren Frust über die Vereinten Nationen

von Michael Thaidigsmann  29.11.2025