Israel

Am Tag von Liri Albags Befreiung soll es Sushi geben

Ein Poster von Liri Albag mit der Aufschrift »Bring her home now!« (»Bringt sie jetzt nach Hause!«) Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com

Israel

Am Tag von Liri Albags Befreiung soll es Sushi geben

Gut 100 Geiseln befinden sich in Gaza. Ihre Familien geben nicht auf

von Lena Köpsell  20.08.2024 11:18 Uhr

Seit dem 7. Oktober steht bei den Albags die Zeit still. Shira Albag ist danach nicht mehr in ihrer Firma gewesen, ihre älteste Tochter Roni geht nicht mehr zur Universität, die mittlere Tochter Shay hat aufgehört zu arbeiten. »Wir können an nichts anderes als an Liri denken. Bekommt sie genug zu essen? Hat sie seit ihrer Entführung jemals das Tageslicht gesehen? Weiß sie, welcher Tag heute ist? , sagt Shira Albag im Video-Interview mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Ihre 19-jährige Tochter Liri Albag hatte zwei Tage zuvor ihren Wehrdienst angetreten, als sie am 7. Oktober 2023 von den Terroristen der Hamas vom Militärposten Nahal Oz entführt und in den Gaza-Streifen verschleppt wurde.

Israel und die Hamas verhandeln derzeit über eine Waffenruhe im Gaza-Streifen und einen Geiseldeal. Nach Angaben des US-Außenministers Antony Blinken hat Israel den jüngsten Vorschlag über eine Waffenruhe in Gaza akzeptiert. Mehr als 100 Geiseln hat die Hamas noch in ihrer Macht. Wie viele genau es sind, sagten weder das israelische Verteidigungsministerium noch die israelische Armee dem epd. Stattdessen verwiesen sie auf die Angehörigen der Geiseln, die die Zahl mit 115 angeben. Insgesamt 250 Menschen verschleppte die Hamas am 7. Oktober. 105 wurden im November in einem Gefangenenaustausch freigelassen.

Das letzte Mal, dass die Albags ihre Tochter und Schwester sahen, war auf einem Video der Hamas. Dort ist sie mit anderen entführten Soldatinnen zu sehen, wie sie mit Kabelbinder gefesselt an einer Wand sitzen. Liri Albag trägt einen hellblauen Kapuzenpullover und ihren Pyjama. Ihre Entführer hatten den israelischen Militärstützpunkt nahe dem Gaza-Streifen in den frühen Morgenstunden angegriffen. Der ängstliche Blick und die zerzausten schwarzen Haare haben nichts mit der 19-Jährigen auf den Fotos gemeinsam, die ihre Schwester Shay auf ihrem Instagram-Kanal postet. Dort zeigt sich Liri gepflegt und selbstbewusst. Glatte Haare, akkurat geschminkt, braune Baseballkappe.

Letztes Lebenszeichen der Tochter - in einem Video der Terroristen

Auf dem gleichen Hamas-Video ist auch die 19-jährige Karina Ariev zu sehen. Auch im Schlafanzug, ihr Gesicht blutüberströmt. Ihre ältere Schwester Sasha Ariev hat den Angriff auf den Militärstützpunkt am Samstagmorgen per Telefon mitverfolgt. «Ich habe Schüsse gehört und wie Männer auf Arabisch gesprochen haben. Wir konnten gar nicht glauben, was da passiert ist», erinnert sie sich.

Ein paar Stunden später sieht die Familie das Video auf einem Kanal der Plattform Telegram. Erst da verstehen sie: Karina wurde entführt.

Sehr verantwortungsbewusst, so beschreibt Karinas Schwester Sasha die Entführte. «Karina hat immer einen Ratschlag für ihre Freunde parat. Selbst ich, als große Schwester, habe sie oft um Hilfe gebeten», sagt sie. Aber gleichzeitig sei ihre Schwester noch ein junges Mädchen, das Kuscheltiere liebt und gerne ihr Zimmer dekoriert. Das blasse Gesicht ihrer Mutter Iria ist von Sorge gezeichnet. «Ich fühle mich hilflos, weil ich meine Tochter nicht beschützen kann», sagt die Israelin, die mit 14 Jahren aus der Ukraine kam. «Ich weiß nicht, ob sie isst oder trinkt. Ich weiß nicht, was sie ihr antun. Ich weiß nur, dass sie in Gefahr ist.»

Lesen Sie auch

Beide Familien setzen alle ihre Hoffnungen in einen Geiseldeal mit der Hamas

Beide Familien setzen alle ihre Hoffnungen in einen Geiseldeal mit der Hamas. «Wir fordern unsere Regierung auf, alles Notwendige zu tun, um einen Deal mit der Hamas zu schließen, um Karina und die anderen Geißeln zu befreien», sagt Sasha Ariev bestimmt. Die Regierung dürfe einen möglichen Deal auf keinen Fall aus politischen Gründen gefährden.

Die Hoffnung geben die Albags und die Arievs nicht auf. «Ich weiß, dass Liri lebt. Sie weiß, dass wir für sie kämpfen und niemals aufgeben werden», sagt Shira Albag. Fast täglich malt sich die Familie ein Wiedersehen mit Liri aus. «Wir werden eine riesige Sushi-Platte bestellen, wenn Liri wieder da ist. Das ist ihr Lieblingsessen», sagt ihre Schwester Shay Albag.

Auch die Arievs geben sich kämpferisch. «Wir können nicht aufgeben. Auch Karinas Großvater, der selbst den Holocaust überlebt hat, wartet darauf, dass sie endlich nach Hause kommt», sagt Sasha Ariev.

Hamas

»Damit die Welt versteht, was wirklich geschehen ist«

Im vollständigen Interview spricht die Ex-Geisel Guy Gilboa-Dalal detailliert über den sexuellen Missbrauch in Gaza

von Sabine Brandes  23.11.2025

Tel Aviv

Rückkehr der Künstler

Seit der Waffenruhe öffnen neue Galerien und Werkstätten in Jaffa. Spaziergang durch einen Stadtteil, der wieder zu sich selbst findet

von Luisa Müller  23.11.2025

Gespräch

»Der Überlebenskampf dauert an«

Arye Sharuz Shalicar über sein neues Buch, Israels Krieg gegen den palästinensischen Terror und die verzerrte Nahost-Berichterstattung in den deutschen Medien

von Detlef David Kauschke  21.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  21.11.2025 Aktualisiert

Palästinensischer Terror

Auch Hamas-Geisel Guy Gilboa-Dalal wurde in Gaza sexuell missbraucht

Der Täter setzte ihm ein Messer an den Hals und sagte: »Wenn du jemandem davon erzählst, bringe ich dich um«

 21.11.2025

Tourismus

Totes Meer: »Enttäuschende Sehenswürdigkeit«

Warum bekommt ein so schöner Ort eine so miese Bewertung? Welche Touristenorte stehen noch auf der wenig ruhmreichen Liste der enttäuschendsten Urlauberziele auf der Welt?

 21.11.2025

Jerusalem

Gideon Sa’ar verurteilt steigende Terror-Renten der Palästinenser

»Die Palästinensische Autonomiebehörde hat ihre Zahlungen an Terroristen nicht eingestellt. Tatsächlich verdoppelt sie diese fast«, so der Außenminister

 21.11.2025

Meinung

Alles muss ans Licht

Eine unabhängige Untersuchungskommission über die Terroranschläge des 7. Oktober ist ein Akt von Pikuach Nefesch

von Sabine Brandes  21.11.2025

Jerusalem

US-Botschafter: Radikale Siedler nicht repräsentativ für gesamte Gemeinschaft

US-Botschafter: Israel nimmt das Problem ernst und dämmt die gewalttätigen Gruppen ein

 21.11.2025