Jubiläum

67 Wörter Weltgeschichte

Lord Arthur Balfour (M.) besucht einen Kibbuz in Palästina. Foto: dpa

Vor genau 100 Jahren schrieb ein Mann einen Brief mit lediglich 67 Wörtern – und damit Weltgeschichte. Am 2. November 1917, als der Erste Weltkrieg tobte, schickte der damalige britische Außenminister Arthur James Balfour einige Zeilen an den Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinschaft Englands, Lord Walter Rothschild. Der Brief, der später als Balfour-Erklärung in die Geschichtsbücher einging, wird jetzt 100 Jahre alt. Gefeiert wird in London und Jerusalem.

In der Erklärung wurde seinerzeit das britische Wohlwollen dafür zum Ausdruck gebracht, dass die Juden »eine nationale Heimstätte in Palästina errichten«. Mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs war der Kampf der Großmächte um die Vormachtstellung im Orient in seine entscheidende Phase eingetreten.

Das jahrhundertealte Osmanische Reich zerfiel, die Türken und ihre deutschen Verbündeten wurden aus dem Nahen Osten vertrieben. Großbritannien und Frankreich teilten das den Arabern versprochene Mesopotamien, Syrien und die angrenzenden Gebiete, darunter auch Palästina, im geheimen Sykes-Pikot-Abkommen von 1916 unter sich als politische Einflussgebiete auf.

Protektorat Gleichzeitig übten einflussreiche Mitglieder der jüdischen Gemeinschaft in Großbritannien Druck auf ihre Regierung aus, den Zionismus zu unterstützen, den Theodor Herzl zuvor ins Leben gerufen hatte. Hilfreich dabei war besonders der russischstämmige Wissenschaftler Chaim Weizmann, der zur selben Zeit die britische Kriegsmaschinerie durch seine chemischen Erfindungen aufrüstete.

Weizmann war Präsident der Zionistischen Föderation des Landes und setzte sich für eine Verbindung aus Diplomatie und praktischer Tätigkeit in Palästina ein. 1915 schlug er vor: »Die Juden übernehmen das Land, die ganze Last der Verwaltung fällt ihnen zu, doch für die nächsten zehn bis 15 Jahre arbeiten sie unter einem zeitweiligen britischen Protektorat.« Dieses konnte die britische Position in Ägypten und am Suezkanal stärken und für ein angestrebtes »Mittelost-Imperium« von großer Bedeutung sein.

Die Balfour-Erklärung lautete schließlich: »Lieber Lord Rothschild, ich freue mich, Ihnen im Namen der Regierung Seiner Majestät die folgende Sympathieerklärung für die jüdisch-zionistischen Bestrebungen mitteilen zu können, die dem Kabinett vorgelegt und von diesem gebilligt wurde. Die Errichtung einer nationalen Heimstätte in Palästina für das jüdische Volk wird von der Regierung Seiner Majestät mit Wohlwollen betrachtet.

Sie wird ihr Bestes tun, um das Erreichen dieses Zieles zu erleichtern, wobei unmissverständlich zu betonen ist, dass nichts getan werden darf, was die Bürgerrechte und re- ligiösen Rechte der in Palästina lebenden nichtjüdischen Bevölkerung oder die Rechte und den politischen Status der Juden irgendeines anderen Landes nachteilig betrifft.« Sofort wurde dies zur Charta der zionistischen Bewegung und 31 Jahre später, am 14. Mai 1948, in die Realität umgesetzt – der Staat Israel wurde gegründet.

Rothschild Die jetzige britische Premierministerin Theresa May sagte vor einigen Monaten im Parlament, dass sie stolz auf die Rolle sei, die England bei der Entstehung des Staates Israel gespielt hat, und nannte das Schreiben einen der wichtigsten Briefe in der Geschichte. »Wir werden diesen 100. Geburtstag definitiv feierlich begehen«, versprach sie. Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu wird dazu am 2. November in London erwartet. Dort werden auch Vertreter der Balfours und Rothschilds – Nachfahren der Akteure von damals – mitfeiern.

Auch die Palästinenser wollen an die Balfour-Erklärung erinnern. Allerdings bestehe für sie wenig Grund zum Feiern, wie sie betonen. Mahmud Abbas, Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, fordert sogar eine Entschuldigung von der britischen Regierung. Denn das Land, das die Vertreter damals den Juden »gegeben haben«, sei nicht Englands Eigentum gewesen, und so hätten sie es auch nicht an jemand anderen weitergeben können. May weist diese Vorwürfe zurück.

Staat Palästinensische Organisationen wollen dennoch während der Feierlichkeiten in den Palästinensergebieten und auf britischen Straßen demonstrieren, um ihrem Unmut Ausdruck zu verleihen. Dort wollen sie die Regierung aufrufen, einen Palästinenserstaat in den Grenzen von 1967 anzuerkennen. Ein entsprechender Antrag soll zeitgleich von der Autonomiebehörde dem britischen Konsul in Jerusalem übergeben werden.

Manche verstehen die Frustration auf palästinensischer Seite. Der stellvertretende Botschafter Großbritanniens bei den Vereinten Nationen, Jonathan Allen, etwa schrieb in den sozialen Netzwerken: »Es gibt zwei Hälften von #Balfour. Und die zweite ist nicht erfüllt. Es gibt noch Dinge zu erledigen.« Allen spielt damit auf den Palästinenserstaat an, den es bis dato noch nicht gibt.

Der britische Außenminister Boris Johnson betonte – in demselben Zimmer, in dem vor einem Jahrhundert Balfour gesessen hatte –, die Erklärung erfülle ihn mit Stolz, weil sie ein »unantastbares moralisches Ziel hatte: einem verfolgten Volk ein sicheres Heimatland zu geben«. Jetzt müsse man darauf achten, dass es Frieden gebe, und zwar in Form von zwei Staaten. »Ich habe keinen Zweifel daran, dass die einzig durchführbare Lösung für den Konflikt diejenige ist, die zum ersten Mal von einem Briten vorgeschlagen wurde: Lord Peel 1937. Es ist die Vision von zwei Staaten für zwei Völker«, so Johnson.

In der Woche nach den britischen Feiern wird die israelische Regierung in der Knesset ihre eigene Jubiläumsfeier abhalten. Präsident Reuven Rivlin sagte bei der Verleihung des »Young Person’s Award« in der Residenz des britischen Botschafters in Tel Aviv, David Quarrey, vor einigen Tagen: »Wir sind kurz davor, den 100. Jahrestag zu begehen, als Lord Balfour im Namen der britischen Regierung ein jüdisches Heimatland unterstützte. In diesem Moment hat Balfour Geschichte geschrieben und die Geschichte geändert. Es ist diese Historie, die uns alle verpflichtet, zusammenzuarbeiten und die Freundschaft zwischen Großbritannien und Israel zu stärken. Dies ist das Erbe der Balfour-Erklärung. Und es ist ein großartiges Erbe, das uns wirklich stolz macht.«

USA

Edan Alexander bedankt sich bei Donald Trump

Die freigelassene Geisel Edan Alexander trifft erstmals US-Präsident Trump. Um sich zu bedanken und auch, um darauf zu drängen, alle verbleibenden Geiseln so schnell wie möglich nach Hause zu holen

 04.07.2025

Israel

Katz: Armee plant weitere Maßnahmen gegen Bedrohung durch Mullahs

Die Streitkräfte müssten sich darauf vorbereiten, den Iran am Wiederaufbau seiner Fähigkeiten zu hindern, so der Verteidigungsminister

 04.07.2025

Gazastreifen

Ultimatum: Trump gibt Hamas 24 Stunden

Noch ist unklar, ob die Terroristen der Waffenruhe zustimmen werden

 04.07.2025

Erstmals seit Hamas-Massakern

Benjamin Netanjahu besucht Kibbuz Nir Oz

Der Ministerpräsident traf sich dort auch mit einer seiner schärfsten Kritikerinnen: Einav Zangauker, Mutter der Geisel Matan Zangauker

 04.07.2025

Geiseln

Bar und Maxim flehen um ihr Leben

Angehörige veröffentlichen ein Hamas-Propagandavideo der beiden jungen israelischen Männer

 03.07.2025

Andrea Kiewel

»Sollen die Israelis sich abschlachten lassen?«

Die »Fernsehgarten«-Moderatorin äußert sich im »Zeit«-Magazin erneut deutlich politisch zu ihrer Wahlheimat

 03.07.2025

Nahost

Hamas-Chefs sollen Waffen abgeben

Katar fordert Anführer der Terrororganisation im Ausland auf, »guten Willen« für einen Deal zu zeigen

von Sabine Brandes  03.07.2025

Brüssel

Chef der Gaza-Stiftung bestreitet Berichte über Todesopfer

Ihm seien keine gewalttätigen Vorfälle bekannt, erklärte Johnnie Moore, Chef der Gaza Humanitarian Foundation, bei seiner ersten Pressekonferenz in dieser Rolle. Über die Finanzierung der Stiftung schwieg er

 03.07.2025

Kommentar

Liebe statt Tod

Die israelische Armee kämpft für unsere Freiheit, auch die der verlorenen Seelen auf dem Glastonbury-Musikfestival, die den Tod israelischer Soldaten gefordert haben

von Frank Schmiechen  03.07.2025