Am Vorabend des Hamas-Massakers vom 7. Oktober 2023 haben die israelischen Streitkräfte (IDF) einen konkreten Warnhinweis erhalten, sollen diesen jedoch nicht als akute Bedrohung eingestuft haben. Demnach lagen den Streitkräften am 6. Oktober Informationen vor, die auf ungewöhnliche Aktivitäten der palästinensischen Terrororganisation für den folgenden Morgen hindeuteten. Dies geht aus einem Bericht des öffentlich-rechtlichen Senders KAN hervor.
Nach Angaben des Kanals stammten die Erkenntnisse aus einer Aufklärungsoperation mit Drohnen über dem Gazastreifen. Der Einsatz richtete sich auf Hamas-Wachposten in einem Tunnel, in dem Israel den seit 2014 festgehaltenen Zivilisten Avera Mengistu vermutete. Mengistu, der an einer psychischen Erkrankung leidet, war damals in psychisch verwirrtem Zustand nach Gaza gelangt und dort festgesetzt worden. Er kam im Februar dieses Jahres im Rahmen einer Waffenruhe-Vereinbarung frei.
Während des Drohneneinsatzes sei eine Beobachtung gemacht worden, die zwar nicht eindeutig gewesen sei, aber Alarm ausgelöst habe, so KAN. Diese Information sei an das Südkommando der israelischen Streitkräfte weitergeleitet worden. Unter Berufung auf mehrere Quellen heißt es jedoch, das Kommando habe den Hinweis als Teil einer routinemäßigen Übung der Hamas bewertet und keinen unmittelbaren Angriff erwartet.
Bislang nicht dokumentiert
Auffällig ist laut dem Bericht, dass der Drohneneinsatz vom 6. Oktober weder in offiziellen Unterlagen der Armee auftaucht noch in bisherigen Untersuchungen zu den Ereignissen vor dem Terrorangriff erwähnt wird. Warum diese Episode bislang nicht dokumentiert wurde, sei unklar.
KAN hatte bereits Anfang des Monats erstmals über die Operation berichtet, damals jedoch unter Hinweis darauf, dass sie weder neue Erkenntnisse zum Aufenthaltsort Mengistus noch Hinweise auf einen unmittelbar bevorstehenden Großangriff geliefert habe. Die nun veröffentlichten Details zeichnen jedoch ein differenzierteres Bild.
Die neuen Enthüllungen fallen in eine Phase intensiver interner Aufarbeitung innerhalb der israelischen Armee. Vor rund zwei Wochen setzte Generalstabschef Eyal Zamir eine externe Expertengruppe ein, die untersuchen soll, wie der Umgang mit Warnungen seit 2018 verlaufen ist. Dabei geht es um wiederholte Geheimdienstberichte, in denen Hamas-Planungen für einen groß angelegten Angriff auf Israel beschrieben wurden.
Zentrale Aspekte nicht geprüft
Auslöser dafür war die Kritik eines Teams ehemaliger ranghoher Offiziere, das die bisherigen internen Untersuchungen als unzureichend bezeichnete. Besonders beanstandet wurde, dass zentrale Aspekte gar nicht geprüft worden seien – darunter der sogenannte Angriffsplan »Jerichos Mauern«, den Hamas über Jahre vorbereitet hatte.
Bereits im Februar hatte eine interne IDF-Untersuchung eingeräumt, dass entsprechende Informationen über lange Zeit vorlagen, jedoch als unrealistisch und nicht umsetzbar abgetan wurden. Währenddessen setzte die Hamas ihre Vorbereitungen fort – bis zum Angriff vom 7. Oktober. im