Meinung

Wenn Flüchtlinge benutzt werden

In einer ehemaligen Lungenklinik am Großen Wannsee in Berlin sollen syrische Flüchtlinge aufgenommen werden. Etwa 300 Menschen leben bereits dort, bald wären es 1500. Das ärgert und verängstigt viele der etwa 10.000 Anwohner – aus Gründen, die vielleicht nachvollziehbar sind, vielleicht neigt man auch eher dazu, die Motive zu verurteilen. Man weiß es nicht, es sei dahingestellt.

Was die Initiative der Anwohner jedoch zur Meldung macht, ist ein Teil der Begründung, die sie einigen Zeitungen mitteilte: »In unmittelbarer Nähe zur international bekannten Gedenkstätte ›Haus der Wannsee-Konferenz‹ eine Massenunterkunft für vornehmlich arabische Bewohner zu errichten, halten wir für politisch äußerst bedenklich.«

Deportation Der Verdacht drängt sich auf, dass hier schamlos das Gedenken an die Opfer der am Wannsee organisierten »Endlösung« instrumentalisiert wird, um Wohnwert, Exklusivität und Immobilienpreise hochzuhalten. Die Straße Am Großen Wannsee war vor der Schoa, während der Schoa und nach der Schoa eine der feinsten Adressen Berlins. Die jüdischen Bewohner, die in den 20er-Jahren hier lebten, wurden nach 1933 enteignet, vertrieben, deportiert und ermordet.

Erst sehr spät wurde in den Räumen der sogenannten Wannseevilla, in der jede Treppe, jede Kachel, jede Diele an die Wannsee-Konferenz und ihren Beschluss zum Genozid erinnert, eine Gedenkstätte errichtet. Das war 1992, als durch Deutschland eine Welle des Ausländerhasses rollte, für die die Ortsnamen Hoyerswerda, Rostock, Mölln und Solingen stehen.

Heinz Galinski, der damalige Vorsitzende des Zentralrats der Juden, sagte 1992 zur Eröffnung, die Gedenkstätte solle »eine Basis dafür schaffen, dass Lehren aus der Geschichte gezogen und neuem Rassenwahn vorgebeugt« werde. Und Berlins damaliger Regierender Bürgermeister, Eberhard Diepgen, begründete die Notwendigkeit des Erinnerns mit den »Gewalttaten nicht zuletzt junger Menschen gegen Fremde«.

Die Anwohnerinitiative stempelt nun alle syrischen Flüchtlinge pauschal zu Antisemiten. Damit macht sie, was die Gedenkstätte nie getan hat: Sie spricht die deutschstämmigen Nachbarn, also sich selbst, von jedem Antisemitismusverdacht frei.

Dankenswerterweise hat die Gedenkstätte erklärt, sie begrüße es sehr, wenn Flüchtlinge zu ihr kämen, schließlich gebe es auch Flyer auf Arabisch.

Judenhass

Brandanschlag auf Synagoge

Die Polizei ermittelt

 01.05.2024

Justiz

Facebook-Post am 7. Oktober - Prozess gegen Münchner Imam

Der Imam hatte am Tag des Angriffes der Hamas auf Israel geschrieben: »Jeder hat seine eigene Art, den Oktober zu feiern.« Dahinter hatte er einen Smiley gesetzt

 01.05.2024

Antisemitismus

Islamistische Jugendliche sollen Angriffe auf Juden geplant haben

Eine Gruppe von 14- bis 17-Jährige sollen geplant haben, Juden mit Waffen anzugreifen

 01.05.2024

Teheran

International gesuchter Ex-Boss der »Hells Angels« im Iran getötet

Ramin Y. galt als Hauptverdächtiger für einen Anschlag auf die Bochumer Synagoge

 01.05.2024

Völkermord-Klage

Gericht schmettert Antrag Nicaraguas für einstweilige Anordnung gegen Deutschland ab

Das höchste UN-Gericht fällt ein klares Urteil

von Michael Thaidigsmann  30.04.2024

Krieg gegen die Hamas

Medien: Netanjahu befürchtet Haftbefehl durch Strafgerichtshof

Berichten zufolge soll mehreren Israelis Haftbefehle drohen - darunter auch dem Regierungschef

 28.04.2024

Antisemitismus

Jude in Berlin-Biesdorf massiv beschimpft

Die zwei unbekannten Täter zeigten zudem den Hitlergruß und verhöhnten das Opfer wegen dessen Schläfenlocken

 28.04.2024

Holocaust

»Blutiger Boden, deutscher Raum« - was die Nazis in Osteuropa planten 

Die Nationalsozialisten träumten von einem Riesenreich voller idealer Menschen. Wer ihnen nicht passte, sollte verschwinden oder sterben. Ein neuer Film zeigt die Abgründe des Generalplans Ost

von Cordula Dieckmann  28.04.2024

Gastbeitrag

Berlin und jüdisches Leben sind untrennbar miteinander verbunden

Wer Terror verharmlost und das Existenzrecht nicht anerkennt, der gehört nicht zu uns

von Dirk Stettner  28.04.2024