Meinung

Gedenken darf keine Relativierung sein

Ein Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung? Ehrlich gesagt wusste ich gar nicht, dass der am 20. Juni zum ersten Mal begangen wird. Und es scheint nicht nur mir so zu gehen, denn die Premiere dieses Gedenktages wurde von der Öffentlichkeit wenig zur Kenntnis genommen.

Der Bund der Vertriebenen hatte sich für einen eigenen Gedenktag starkgemacht. 2013 einigte sich die Große Koalition darauf, »die mahnende Erinnerung an Flucht und Vertreibung durch einen Gedenktag lebendig zu halten«. Und im vergangenen Jahr hat die Bundesregierung die Einführung dieses Gedenktages beschlossen.

mittelmeer Nun ist überhaupt nichts dagegen zu sagen, dass man denen, die flüchten müssen und vertrieben werden, einen Tag widmet. Wer würde das angesichts des aktuellen Dramas im Mittelmeer infrage stellen? Der Weltflüchtlingstag der Vereinten Nationen ist der richtige Anlass dazu. Aber vor dem besonderen Hintergrund des aktuellen deutschen Gedenktags und angesichts der Geschichte dieses Landes muss man doch davor warnen, diese Geschichte zu missbrauchen.

Mein Großvater stammt aus dem polnischen Lodz/Litzmannstadt, meine Großmutter kommt aus der Nähe dieses Ortes. Beide haben die Schoa nur knapp überlebt, waren nach dem Krieg Flüchtlinge und Vertriebene, haben alles dort verloren. Sie haben mir viel erzählt. Später habe ich dann auch wissenschaftlich darüber gearbeitet: Die Mehrheit der Deutschen, die damals dort lebten, hat das nationalsozialistische Terrorsystem unterstützt, sie hat von der Verfolgung und Vernichtung der Juden gewusst.

täter Viele Deutsche mussten nach dem Krieg ihre Heimat verlassen, wurden Flüchtlinge und Vertriebene. Rund 14 Millionen kamen nach dem Zweiten Weltkrieg aus Osteuropa in die Bundesrepublik. Haben sie infolge des Krieges und des größten Menschheitsverbrechens aller Zeiten Leid erlebt?

Ja. Aber die Mehrheit, und das muss eben immer wieder in Erinnerung gerufen werden, bestand eben aus Tätern – und nicht aus Opfern. Das ist eine historische Wahrheit. Und die darf nicht vergessen und schon gar nicht ins Gegenteil verkehrt werden. Das ist die mahnende Erinnerung, die auch und gerade an einem Tag wie dem 20. Juni im Mittelpunkt stehen muss.

Und um die Besonderheit der Schoa zu betonen, sollte Deutschland einen Gedenktag, an dem bundesweit Sirenen zu hören sind, einführen. In Israel geschieht das schon seit vielen Jahrzehnten.

Der Autor ist Korrespondent des israelischen TV-Senders Channel 10 News.

Dresden

Friedmann und Petri bei Diskussion zur Europawahl

Der Umgang mit Judenhass, Rassismus und Rechtsextremismus stehen im Fokus des Panels

 26.04.2024

Meinung

Die Schweiz hat die richtigen Konsequenzen aus den Terrorvorwürfen gegen die UNRWA gezogen - anders als Berlin

Ein Kommentar von unserer Redakteurin Nicole Dreyfus

von Nicole Dreyfus  25.04.2024

Berlin

JSUD fordert Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit Teheran

»Ohne den Iran hätte der 7. Oktober nicht passieren können«, sagt die Vorsitzende Hanna Veiler

 25.04.2024

Virginia

Biden: »Dieser unverhohlene Antisemitismus ist gefährlich«

US-Präsident Biden verurteilt antiisraelische Proteste an Universitäten

 25.04.2024

Terror

Argentinien schreibt Irans Innenminister zur Fahndung aus

Er war offenbar 1994 an dem Bombenanschlag auf das jüdische Gemeindezentrum Amia beteiligt

 25.04.2024

Oranienburg

Mehr antisemitische Vorfälle in Gedenkstätte Sachsenhausen

»Geschichtsrevisionistische Tabubrüche und Grenzverschiebungen von rechts« werden registriert

 25.04.2024

USA

Antiisraelische Proteste an US-Unis weiten sich aus

Auch in Texas und Kalifornien kommt es zu Festnahmen

 25.04.2024

Berlin

Ausstellung im Haus der Wannsee-Konferenz beschädigt

Kuratorin: «Auffällig, dass ausgerechnet Plakate zum israelbezogenen Antisemitismus beschädigt wurden«

 24.04.2024

Kommentar

AfD in Talkshows: So jedenfalls nicht!

Die jüngsten Auftritte von AfD-Spitzenpolitikern in bekannten Talk-Formaten zeigen: Deutsche Medien haben im Umgang mit der Rechtsaußen-Partei noch viel zu lernen. Tiefpunkt war das Interview mit Maximilian Krah bei »Jung & Naiv«

von Joshua Schultheis  24.04.2024