Peter Zadek

Wie es ihm gefällt

Von Harald Loch

Als ich vor über einem Vierteljahrhundert Peter Zadek kennenlernte, eilte ihm der Ruf eines Enfant terrible voraus. In Bremen, Bochum und Hamburg hatte er das betuliche Theater von der Bühne gefegt, jetzt hatte ihn die Freie Volksbühne in Berlin engagiert, und er hatte eine Wohnung gefun- den: Nur einen Steinwurf entfernt vom Kurfürstendamm und zum Theater in der Schaperstraße. Es sollte seine Lieblingswohnung und sein Hauptwohnsitz werden. Bei der Skizzierung des Mietvertrages wurde mir sofort klar: Dieser angebliche »Bürgerschreck« war sehr gut organisiert und im Detail genau, nicht kleinlich, aber in den wesentlichen Fragen präzise. Später sollte ich von diesem Mann keine seiner Berliner Inszenierungen versäumen, die denselben Geist atmeten: genial und genau.
In Zadeks Steckbrief häufen sich drei Namen: Shakespeare, Tschechow und Ibsen. Seine wichtigsten beruflichen Stationen sind London (1933-57), Bremen (1963-67), Bochum (1972-77), Hamburg und schließlich Berlin, Lucca und Streckenthin. Zu seinem 80. Geburtstag am 19. Mai darf man sich schon auf Was ihr wollt freuen, das von Zadeks Firma »my way Production« für das Schauspielhaus Bochum, die Berliner Festspiele und die Wiener Festwochen produziert wurde. Mit von der Partie langjährige Weggefährten: Susanne Lothar, Eva Mattes, Angela Winkler und Uwe Bohm.
Peter Zadek kam nicht freiwillig in den Genuß, schon als Kind Shakespeare im Original zu erleben. 1926 in Berlin-Wilmersdorf geboren, floh seine jüdische Familie 1933 nach London. Gerade einmal 20jährig inszenierte er Oscar Wilde, Thornton Wilder oder Jean Genet in Londoner Off-Theatern, ehe er ab 1958 von Köln und Ulm aus die Theaterlandschaft in Deutschland erneuerte. Sein Start in der »Provinz« war fulminant, sein Ruf nach Bremen ein Kompliment für die Stadt, sein Wirken in Bo- chum eine Revolution im deutschsprachigen Theater.
Zadek ist ein Regisseur, der Widersprüche in sich vereint, die sich fruchtbar auflösen. In der Zeit, als alle antiautoritäre Welt Mitbestimmung im Theater forderte, allen voran sein Bochumer Co-Direktor Rainer Werner Fassbinder, bestand er auf der künstlerischen Alleinverantwortung des Regisseurs und entließ zugleich seine Schauspieler in die Verantwortung für ihre Rolle.
Fassbinders Der Müll, der Tod und die Stadt hielt er für ein zutiefst antisemitisches Stück. Aber gerade deshalb forderte er, daß es aufgeführt werden solle. Shakespeares Othello bezeichnete er als das rassistischste Stück, das es gibt.
Und genau so hat er es 1976 in Hamburg auch inszeniert: Othellos (Ulrich Wildgruber) schwarze Hautfarbe färbte bei jeder Umarmung auf Desdemona (Eva Mattes) ab. Im Kaufmann von Venedig 1961 in Ulm hat er den Shylock als widerlichen Juden präsentiert, so antisemitisch, wie Zadek es eben in Shakespeares Texten vorfand.
Peter Zadek lebt jetzt meist bei Lucca in Italien und im brandenburgischen Streckenthin. Dort, wo sich die Füchse gute Nacht sagen, hat er damit begonnen, die nächste Shakespeare-Komödie vorzubereiten. »Vielleicht gelingt es ja diesmal«, kokettiert der so erfolgreiche, genau arbeitende, freiheitliche, revolutionäre und loy- ale Regisseur.

Sydney

Jewish organizations decry the »scourge« of antisemitism

This time the focus is on Australia. It is hosting a conference of the international Jewish initiative »J7.« The group is presenting figures on Jew-hatred on the continent – and speaks of historic highs.

von Leticia Witte  03.12.2025

Kino

Blick auf die Denkerin

50 Jahre nach Hannah Arendts Tod beleuchtet eine Doku das Leben der Philosophin

von Jens Balkenborg  02.12.2025

Thüringen

Verfassungsschutz-Chef schätzt AfD-Jugend als rechtsextrem ein

Die Mitglieder der »Generation Deutschland« würden in ihren ersten Auftritten »weder eine Mäßigung noch eine Distanzierung oder gar Wandlung« zeigen, so Kramer

 02.12.2025

Tel Aviv-Jaffa

Shimon-Peres-Preis wird erstmals in Israel verliehen

60 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel sind der Anlass: Zum ersten Mal wird der Shimon-Peres-Preis für gemeinsame demokratische Vorhaben in Israel feierlich übergeben

von Alexander Riedel  01.12.2025

TV-Kritik

Viel Krawall und wenig Erkenntnis: Jan Fleischhauer moderiert im ZDF den Kurzzeitknast der Meinungen

Mit »Keine Talkshow - Eingesperrt mit Jan Fleischhauer« setzt das ZDF auf Clash-TV: ein klaustrophobisches Studio, schnelle Schnitte, Big-Brother-Momente und kontroverse Gäste - viel Krawall, wenig Erkenntnis

von Steffen Grimberg  24.11.2025

Teilnehmer des Mitzvah Day 2016 in Berlin

Tikkun Olam

»Ein Licht für die Welt«

Der Mitzvah Day 2025 brachte bundesweit Gemeinden, Gruppen und Freiwillige zu mehr als 150 Projekten zusammen

 23.11.2025

Hebraica

»Was für ein Buchschatz!«

Stefan Wimmer über die Münchner Handschrift des Babylonischen Talmuds als UNESCO-Weltkulturerbe

von Ayala Goldmann  23.11.2025

TV-Tipp

Oliver Masucci brilliert in dem Mehrteiler »Herrhausen - Der Herr des Geldes«

Biografischer Mehrteiler über Bankier Alfred Herrhausen

von Jan Lehr  17.11.2025

Amsterdam

Chanukka-Konzert im Concertgebouw kann doch stattfinden

Der israelische Kantor Shai Abramson kann doch am 14. Dezember im Amsterdamer Konzerthaus auftreten - allerdings nur bei zusätzlich anberaumten Konzerten für geladene Gäste

 13.11.2025