Masorti-Rabbiner

Treffpunkt Mitte

von Detlef David Kauschke

Berlin liegt mitten in Europa. Masorti in der Mitte des Judentums – zwischen Reform und Orthodoxie. Berlin ist wieder eines der Zentren jüdischen Lebens in Europa. Auch deshalb ist die Stadt für die konservative Bewegung von besonderer Bedeutung. Masorti hat in Berlin im vergangenen Jahr ihre europäische Rabbinerkonferenz gegründet. Und dieses Gremium, die Rabbinical Assembly Europe, kam hier in der vergangenen Woche zu einem dreitägigen Treffen zusammen.
Rund 20 Rabbiner nahmen an der Jahrestagung teil, darunter Vertreter aus Belgien, Frankreich, Großbritannien, Ungarn und der Schweiz. Rabbinerin Gesa S. Ederberg konnte als Gastgeberin auch den Präsidenten der internationalen Masorti-Rabbinerversammlung, Alvin Berkun, aus Pitts-
burgh/USA begrüßen.
»Für mich ist es etwas ganz Besonderes, nach mehreren Jahrzehnten wieder nach Deutschland zu kommen«, sagte Rabbiner Berkun. Er zeigte sich beeindruckt von der Entwicklung des jüdischen Lebens. »Deutschland ist die am schnellsten wachsende jüdische Gemeinschaft weltweit. Es ist aufregend, dies hier erleben zu können.«
Masorti (hebräisch: traditionell) ist seit 2002 mit dem »Verein zur Förderung der jüdischen Bildung und des jüdischen Lebens« in der Stadt vertreten. Rabbinerin Ederberg ist Geschäftsführerin des Vereins. Masorti hat seinen Sitz in der Eislebener Straße, bietet dort verschiedene Lehrveranstaltungen an, und betreibt einen Kindergarten in der Wilhelmsaue.
Lob für die Arbeit der Organisation gab es am Montag vom Bundesinnenminister. Wolfgang Schäuble würdigte bei einem Treffen mit den Rabbinerinnen und Rabbinern die Aktivitäten, die mit ihren Bildungs- und Integrationsangeboten »einen wichtigen Beitrag zur Vielfalt jüdischen Lebens in Deutschland« darstellen. Bei der Unterredung ging es um aktuelle religiöse und politische Themen. Die Teilnehmer lobten anschließend die Atmosphäre des Gesprächs. »Es ging wahrscheinlich so entspannt zu, weil wir nichts Besonderes von ihm wollten und keine Forderungen an ihn richteten«, meinte Alvin Berkun. »Es war auch einmal eine Gelegenheit zu zeigen, daß es moderne Juden gibt, die ihre Tradition ernst nehmen«, betonte die Schweizer Rabbinerin Bea Wyler. »Das hat dem Minister sehr gefallen.«
Um Moderne und Tradition ging es in verschiedener Hinsicht bei der Konferenz. Zum Beispiel um eine zeitgemäße Gemeindearbeit. Ein Thema war auch die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Lebensformen. Anfang dieses Monats hatte sich das Rechtskomitee der Rabbinical Assembly, die zentrale halachische Instanz der konservativen Bewegung, mit dieser Frage erneut beschäftigt und anschließend unterschiedliche Erklärungen veröffentlicht. Eine sprach sich für die vollkommene Gleichstellung schwuler und lesbischer Juden aus. Demzufolge sollen in der Masorti-Bewegung auch homosexuelle Rabbinerinnen und Rabbiner ordiniert werden können.
Dies sorgt schon seit Wochen für eine heftige Kontroverse. Medien berichten sogar von einer drohenden Spaltung der Bewegung. Alvin Berkun, Präsident der Rabbinical Assembly, beschwichtigt: »Ich glaube, daß es eine Reihe von Leuten in unseren Reihen gibt, die nicht mit dieser Entscheidung zufrieden sind. Aber ich habe auch eine gleiche Zahl von Leuten gesprochen, die damit vollkommen übereinstimmen.« Drohende Spaltungstendenzen könne er nicht erkennen. »Das ist vielleicht vergleichbar mit einer Diskussion vor 25 Jahren, als es um die Einführung des egalitären Prinzips im Gottesdienst ging. Auch das war ein Test für unsere Bewegung.« Seit mehr als 20 Jahren ordiniere Masorti nun Frauen. Inzwischen würden etwa 90 Prozent der konservativen Gemeinden nach dem egalitären Prinzip funktionieren. Dies sei eine kulturelle Frage, wie auch die Anerkennung homosexueller Lebensformen, meint Rabbiner Berkun. »Wir sind offen für verschiedene kulturelle Normen.«
Rabbinerin Ederberg glaubt, daß es sich auch um eine Generationenfrage handelt. »Ich denke, die Älteren sehen, wohin der Wind weht. Vielleicht kommt es zu einzelnen Austritten, aber zu einer Spaltung keinesfalls.« Und der Londoner Rabbiner Jonathan Wittenberg winkt ab: »Wir haben wichtigere Themen.« Über alle Meinungsverschiedenheiten hinweg werde die konservative Bewegung gebraucht. »Weil wir Tradition schätzen und auch die Vernunft.« Er sieht für Masorti eine große Zukunft: »Wir sind traditionell, aber nicht fundamentalistisch orientiert. Man hat ein Bedürfnis nach einem solches Judentum hier in Deutschland und in Europa.«

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