Benazir Bhutto

Tod einer Hoffnungsträgerin

Dramatische Entwicklungen in der islamischen Welt werden in Israel aufmerksam registriert. Das gilt erst recht für den Anschlag auf die pakistanische Oppositionsführerin Benazir Bhutto, durch den sich der jüdische Staat in mehrfacher Hinsicht betroffen fühlt. Im Vorfeld der ursprünglich für den 8. Januar angesetzten – nun um einen Monat verschobenen – pakistanischen Parlamentswahl war Bhutto aus israelischer Sicht eine Hoffnungsträgerin. Die Politikerin, sagte Ministerpräsident Ehud Olmert, habe ihm durch einen Vermittler ihre Bereitschaft mitgeteilt, im Falle eines Wahlsieges auf engere Beziehungen zwischen den beiden Staaten hinzuwirken. Bhutto, erinnert sich der israelische Friedensaktivist Latif Dori, habe sich bereits kurz nach ihrem ersten Amtsantritt als Regierungschefin 1988 für eine Zweistaatenlösung des Palästinakonflikts und damit für eine Anerkennung Israels ausgesprochen.
Für Israel wäre eine Normalisierung des Verhältnisses zu einem islamischen Staat von der Bedeutung Pakistans ein wichtiger diplomatischer Durchbruch gewesen. Jetzt schwinden solche Hoffnungen dahin. Kein Wunder, dass Israels Außenministerium sich nach dem Attentat zu einer offiziellen Stellungnahme genötigt sah. »Benazir Bhutto bewies Mut und Führungseigenschaften«, lobte das Außenamt.
Auch die Al-Qaida, deren Handschrift der Anschlag trägt, rückt noch stärker als bisher in Israels Blickfeld. Die Ermordung Bhuttos, konstatiert der israelische Terrorismusexperte Yoram Schweitzer, sei der bisherige Höhepunkt einer seit Längerem anhaltenden Gewaltwelle. Diese wiederum beweise, dass sich die Organisation bei ihren Aktionen keinerlei Zurückhaltung auferlege. Für Israel, das von Osama Bin-Laden in dessen jüngstem Video zu einem Terrorziel erklärt wurde, sind das schlechte Nachrichten – falls denn die Al-Qaida hinter dem Anschlag steckt. Zudem schürt der Mord an Bhutto in Jerusalem die Sorge vor einer weiteren Destabilisierung Pakistans und einer künftigen Machtübernahme durch islamische Fundamentalisten. Dadurch würden Al-Qaida oder zumindest ihre Verbündeten den Zugriff auf die pakistanischen Kernwaffen erhalten. Dies würde nicht nur die Gefahr eines künftigen Einsatzes pakistanischer Atombomben gegen Israel heraufbeschwören, sondern vor allem auch eine Belieferung der mittelbaren und unmittelbaren Nachbarn Israels mit pakistanischer Atomtechnologie wahrscheinlicher machen. Ein multinuklearer Naher Osten aber ist Israels größter Albtraum.
Ferner rückt das Attentat für viele Israelis die Nahostpolitik der USA in schlechtes Licht. Schließlich, so Efraim Halevy, ehemaliger Direktor des Auslandsnachrichtendienstes Mossad, waren die Rückkehr der Politikerin nach Pakistan und ihre Kandidatur von der US-Regierung geplant und ermöglicht worden. Nach Washingtons Überzeugung wäre eine Ministerpräsidentin Bhutto die richtige Kur für das krisengeschüttelte Pakistan gewesen. Deshalb stelle der Anschlag ein Fiasko für die Amerikaner dar, und zwar bereits das dritte. Als erstes Versagen der US-Doktrin in Nahost sieht Halevy den Versuch, den Irak nach 2003 mit Hilfe der Schiiten und der Kurden ohne eine Beteiligung der Sunniten zu stabilisieren. Der zweite Fehlgriff sei die von den Amerikanern durchgesetzte Teilnahme der Hamas an den palästinensischen Wahlen vor zwei Jahren gewesen. Was Halevy nur andeutet, sprechen viele Israelis offen aus: Die Naivität der US-Politik drohe, den Nahen Osten zu erschüttern und Israel ernsthafter Gefahr auszusetzen. Bereits vor mehreren Wochen warnte Verteidigungsminis- ter Ehud Barak die israelische Regierung vor dem Versuch, US-Präsident George Bush durch überzogene Zugeständnisse an die Palästinenser zufriedenzustellen. Durch jeden weiteren Fehlschlag der US-Politik erhält solche Skepsis gegenüber dem großen Freund im Weißen Haus neue Nahrung.

Sydney

Jewish organizations decry the »scourge« of antisemitism

This time the focus is on Australia. It is hosting a conference of the international Jewish initiative »J7.« The group is presenting figures on Jew-hatred on the continent – and speaks of historic highs.

von Leticia Witte  03.12.2025

Kino

Blick auf die Denkerin

50 Jahre nach Hannah Arendts Tod beleuchtet eine Doku das Leben der Philosophin

von Jens Balkenborg  02.12.2025

Thüringen

Verfassungsschutz-Chef schätzt AfD-Jugend als rechtsextrem ein

Die Mitglieder der »Generation Deutschland« würden in ihren ersten Auftritten »weder eine Mäßigung noch eine Distanzierung oder gar Wandlung« zeigen, so Kramer

 02.12.2025

Tel Aviv-Jaffa

Shimon-Peres-Preis wird erstmals in Israel verliehen

60 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel sind der Anlass: Zum ersten Mal wird der Shimon-Peres-Preis für gemeinsame demokratische Vorhaben in Israel feierlich übergeben

von Alexander Riedel  01.12.2025

TV-Kritik

Viel Krawall und wenig Erkenntnis: Jan Fleischhauer moderiert im ZDF den Kurzzeitknast der Meinungen

Mit »Keine Talkshow - Eingesperrt mit Jan Fleischhauer« setzt das ZDF auf Clash-TV: ein klaustrophobisches Studio, schnelle Schnitte, Big-Brother-Momente und kontroverse Gäste - viel Krawall, wenig Erkenntnis

von Steffen Grimberg  24.11.2025

Teilnehmer des Mitzvah Day 2016 in Berlin

Tikkun Olam

»Ein Licht für die Welt«

Der Mitzvah Day 2025 brachte bundesweit Gemeinden, Gruppen und Freiwillige zu mehr als 150 Projekten zusammen

 23.11.2025

Hebraica

»Was für ein Buchschatz!«

Stefan Wimmer über die Münchner Handschrift des Babylonischen Talmuds als UNESCO-Weltkulturerbe

von Ayala Goldmann  23.11.2025

TV-Tipp

Oliver Masucci brilliert in dem Mehrteiler »Herrhausen - Der Herr des Geldes«

Biografischer Mehrteiler über Bankier Alfred Herrhausen

von Jan Lehr  17.11.2025

Amsterdam

Chanukka-Konzert im Concertgebouw kann doch stattfinden

Der israelische Kantor Shai Abramson kann doch am 14. Dezember im Amsterdamer Konzerthaus auftreten - allerdings nur bei zusätzlich anberaumten Konzerten für geladene Gäste

 13.11.2025