katholische Traditionalisten

Richard und seine Brüder

von Monika Goetsch

Bereits in ihrem Namen zeigt sich der traditionalistische, antiliberale Geist der umstrittenen Pius-Bruderschaft. Der Schutzpatron der Gemeinschaft, Papst Pius X., gehört zu den großen, heiliggesprochenen Männern der katholischen Kirche. Schwerpunkt seiner Arbeit war, so überliefert es die Pius-Bruderschaft und daher orientiert sie sich an ihm, die »Demaskierung des Liberalismus und des katholischen Liberalismus als die größten Feinde der Kirche.«
Nun verstarb Pius X. bereits im Jahr 1914, die Bruderschaft dagegen gründete sich zu einem Zeitpunkt, da die katholische Kirche bereits gesellschaftsbedingt einen gewissen Wandel hin zu einer toleranteren, moderneren Kirche vollzogen hatte. Das zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) wich ab von der Behauptung, die katholische Kirche sei die einzig wahre und müsse darum eine Sonderstellung im Staat genießen, stellte offiziell alle Religionen auf eine Stufe und verabschiedete sich von der lateinischen Liturgie der Vergangenheit.
Für Traditionalisten wie den französischen Erzbischof Marcel Lefebvre bedeutete dies ein Abrücken vom eigentlichen, dem »wahren Geist« der Kirche. 1970 gründete Marcel Lefebvre in Opposition zur katholischen Amtskirche die Bruderschaft, 1988 weihte er jene vier Männer zu Bischöfen, deren Exkommunizierung der amtierende Papst gerade rückgängig gemacht hat – darunter der britische Holocaustleugner Richard Williamson.
Heute umfasst die Pius-Bruderschaft nach eigenen Angaben 417 Priester, 62 Brüder und ebenso viele Schwestern sowie 183 Seminaristen. Im deutschen Distrikt gibt es zwölf Priorate, drei Schulen, ein Seminar, ein Karmel-Kloster, ein Schwesternnoviziat, ein Altenheim und etwa 30 Kapellen. Hauptsitz der Bruderschaft ist in Menzingen/Schweiz. Die Zahl der für das Überleben der Bruderschaft so wichtigen Bischöfe allerdings beschränkt sich auf jene vier, deren einer nun zu Recht völlig in Misskredit geraten ist.
Von dem Vorwurf des Antisemitismus haben sich die drei Bischöfe um Williamson ausdrücklich distanziert. »Die Äußerungen von Herrn Williamson spiegeln in keiner Weise die Überzeugungen unserer Priesterbruderschaft wieder«, heißt es in einer Erklärung. Die offiziellen Sprecher der Pius-Bruderschaft weisen den Vorwurf, es gäbe antisemitische Tendenzen in ihren Reihen, ebenfalls mit Vehemenz zurück.
Der Distriktobere von Deutschland, Pater Franz Schmidberger aus Stuttgart, verweist in einer offiziellen Stellungnahme darauf, dass Lefebvres Vater selbst, wie andere Ka-
tholiken auch, im Konzentrationslager um-
gekommen sei. Den Vorwurf des Antisemitismus will der Distriktobere von Großbritannien, Pater Paul Morgan, damit zurück-weisen, indem er erklärt, es könne doch »nicht als antisemitisch beschrieben werden, für die Angehörigen diese Volkes um deren Bekehrung zum wahren Glauben zu beten, ihre neuere und tragische Geschichte zu studieren oder einige ihrer politischen Ziele zu hinterfragen«.
Allerdings berufen sich die Pius-Brüder in ihrer Empörung über den Vorwurf, sie seien antisemitisch, nicht auf den Begriff der Religionsfreiheit, der ihnen suspekt ist, weil er die Achtung anderer Religionen als gleichwertig vor Gott betrachtet. Es ist vielmehr das Gebot der »christlichen Nächstenliebe«, so der Brite Morgan, »das Grundgesetz der christlichen Liebe, die von uns fordert, unseren Nächsten so zu lieben wie uns selbst«. Das gelte auch für die Juden, denen sich die Pius-Brüder mit christlicher Liebe nähern.
Die gesamte Bruderschaft der Leugnung des Holocausts zu verdächtigen, wäre völlig überzogen. Einen günstigen Nährboden seiner kriminellen Thesen allerdings mag Williamson in der auch emotional rigiden Grundhaltung seiner Bruderschaft gefunden haben, die Kritikern durchaus als antisemitisch gilt. So schreibt ausgerechnet der Distriktobere von Deutschland, Franz Schmidberger, 1989 in einer vorweihnachtlichen Auseinandersetzung mit dem zweiten vatikanischen Konzil, die Juden seien »des Gottesmordes mitschuldig, so lange sie sich nicht durch das Bekenntnis der Gottheit Christi und die Taufe von der Schuld ihrer Vorväter distanzieren.« Und er fügt hinzu: »Wir sehen mit Trauer den Papst in eine jüdische Synagoge gehen.«

Hannover

Angriff auf Gedenkstätte: Staatsanwaltschaft erhebt Anklage

Ein 26-jähriger Rechtsextremist war im Mai in Budapest festgenommen worden

 02.09.2025

Nahost

Deutscher Beauftragter für Menschenrechte reist nach Israel

Lars Castellucci macht sich ein persönliches Bild von der Lage in Israel und den palästinensischen Gebieten. Ein Augenmerk liegt darauf, wo deutsche Hilfe möglich ist - und wo sie behindert wird

 01.09.2025

Rotes Meer

Huthi greifen Öltanker an

Das Schiff gehört einem israelischen Milliardär

 01.09.2025

Ankara

Türkei bricht Handelsbeziehungen zu Israel ab

Der Handel der Türkei mit Israel belief sich im Jahr 2023 noch auf mehrere Milliarden US-Dollar. Nun bricht die Türkei alle Handelsbeziehungen zu Israel ab. Doch es ist nicht die einzige Maßnahme

 29.08.2025

Geburtstag

Popstar der Klassik: Geiger Itzhak Perlman wird 80

»Sesamstraße«, »Schindlers Liste« und alle großen Konzertsäle der Welt natürlich sowieso: Der Geiger gehört zu den ganz großen Stars der Klassik. Jetzt wird er 80 - und macht weiter

von Christina Horsten  29.08.2025

Bonn

Experte: Opfer mit Bewältigung von Rechtsterror nicht alleinlassen

Der erste NSU-Mord liegt beinahe 25 Jahre zurück. Angehörige der Opfer fordern mehr Aufmerksamkeit - und angemessenes Gedenken, wenn es um rechtsextreme Gewalt geht. Fachleute sehen unterschiedliche Entwicklungen

 29.08.2025

Frankfurt am Main

Michel Friedman will nicht für TikTok tanzen

Es handle sich um eine Plattform, die primär Propaganda und Lügen verbreite, sagt der Publizist

 28.08.2025

Geburtstag

Holocaust-Überlebende Renate Aris wird 90

Aris war lange stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Jüdischen Gemeinde Chemnitz und Präsidiumsmitglied des Landesverbandes Sachsen der Jüdischen Gemeinden. 1999 gründete sie den ersten jüdischen Frauenverein in den ostdeutschen Bundesländern

 25.08.2025

Nahost

Alabali Radovan besucht Palästinensergebiete: Hilfe im Fokus

Die Entwicklungsministerin will in Tel Aviv diese Woche Angehörige von Geiseln treffen und das Westjordanland besuchen

 25.08.2025