Libanon

Parlament wählt Armeechef zum Staatspräsidenten

Vom Armeechef zum Präsidenten: Joseph Aoun Foto: picture alliance / abaca

Das libanesische Parlament hat Generalstabschef Joseph Aoun zum neuen Präsidenten des Landes gewählt. Aoun erhielt in einer zweiten Abstimmung 99 Stimmen und erreichte damit die erforderliche Mehrheit.

Aoun ist als Armeechef derzeit auch dafür zuständig, die im November vereinbarte Waffenruhe zwischen der Terrororganisation Hisbollah und Israel zu überwachen. Beobachter sehen in seiner Wahl eine Chance für einen politischen Neustart im Land, um ein mehr als zwei Jahre andauerndes politisches Machtvakuum zu beenden.

Der Krieg zwischen der Hisbollah und Israel im vergangenen Jahr hatte den Libanon zuletzt weiter in die Krise gestürzt. Mit der Einigung auf Aoun wird auch der Weg für internationale Hilfe zum Wiederaufbau geebnet. Die USA, Saudi-Arabien und Frankreich hatten dies immer wieder zur Bedingung gemacht.

Ein Dutzend Versuche gescheitert

Eine erste Abstimmung am Morgen hatte noch kein Ergebnis gebracht. Die Hisbollah und die mit ihr verbündete Amal-Bewegung stimmten im ersten Wahlgang noch nicht für Aoun. Nach einer Pause zur Beratung gaben sie dem Armeechef in der zweiten Runde ihre Stimmen.

Es war der 13. Anlauf des Parlaments zur Wahl eines Präsidenten. Das kleine Mittelmeerland ist seit mehr als zwei Jahren ohne Staatschef, nachdem Michel Aoun - nicht verwandt mit Armeechef Aoun - Ende Oktober 2022 planmäßig aus dem Amt geschieden war. Seitdem wurde das Land mit rund sechs Millionen Einwohnern von Ministerpräsident Nadschib Mikati geschäftsführend geleitet.

Die aktuelle Regierung ist nur eingeschränkt handlungsfähig. Die Wahl eines Präsidenten scheiterte immer wieder an Machtkämpfen innerhalb der politischen Elite.

Lesen Sie auch

Politikwissenschaft und internationale Beziehungen

Bis zuletzt war nicht klar, ob sich die politischen Blöcke auf einen Kandidaten verständigen würden. Die Einigung auf Joseph Aoun sei nun der Versuch, alle unter der Armee zu vereinen, sagte ein Regierungsvertreter der Deutschen Presse-Agentur.

Joseph Aoun, der am Freitag 61 Jahre alt wird, stammt aus einer Familie maronitischer Christen aus einem Vorort östlich von Beirut. Während der israelischen Besatzung im Libanon in den 1980er Jahren begann er eine Laufbahn an der Militärakademie.

Er wurde später zum General und 2017 zum Kommandeur der Streitkräfte ernannt. Er hat unter anderem Politikwissenschaft und internationale Beziehungen studiert, hatte aber bisher kein politisches Amt inne. Aoun ist verheiratet und Vater zweier Kinder.

Sinkender Einfluss der Hisbollah

Der Libanon ist konfessionell stark gespalten, und die Macht ist seit Jahrzehnten nach einem Proporz-System aufgeteilt. Der Präsident ist demnach immer ein Christ, der Regierungschef ein Sunnit und der Parlamentspräsident ein Schiit.

Eine besonders einflussreiche Rolle spielte dabei bisher auch die mit dem Iran verbündete Hisbollah. Diese hatte bis zuletzt ihren Wunschkandidaten Suleiman Frangieh unterstützt. Frangieh kündigte am Mittwochabend an, seine Kandidatur zurückzuziehen.

Die überraschende Einigung auf Aoun ist ein Zeichen, dass der politische Einfluss der Hisbollah im Land sinkt. Sie ist nach dem Krieg mit Israel, in dem unter anderem ihr Chef Hassan Nasrallah getötet wurde, und dem Umsturz in Syrien stark geschwächt. Immer wieder hat sie Kandidaten für das Amt des Präsidenten wie auch des Regierungschefs blockiert und damit den Eindruck entstehen lassen, dass sie die Wahl der beiden wichtigsten Ämter im Land diktieren kann. dpa/ja

Krieg

Jerusalem warnt Menschen im Iran vor möglichen neuen Angriffen

In bestimmten Gebieten des Irans stehen offensichtlich neue Angriffe bevor. Israels Militär ruft die iranische Bevölkerung zur Evakuierung auf

 15.06.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 12. Juni bis zum 18. Juni

 11.06.2025

Tel Aviv/Gaza

Israel will Ankunft von Thunbergs Schiff in Gaza verhindern

Das Schiff des Bündnisses Freedom Flotilla Coalition ist unterwegs nach Gaza. Nach Angaben der Aktivisten nähern sie sich immer mehr dem Gebiet - Israel droht ihnen nun

 08.06.2025

Petition

Deutsche Prominente werfen Israel Völkermord vor

Die Unterzeichner verlangen eine Aussetzung von Rüstungsexporten

 05.06.2025

Bundestag

Wegen »Palestine«-Shirt: Linken-Abgeordnete des Plenarsaals verwiesen

Mit der politischen Botschaft auf ihrer Kleidung hatte Cansin Köktürk offenbar gegen die Regeln des Hauses verstoßen. Die Bundestagspräsidentin zog die Konsequenz

 04.06.2025

Medien

Presseschau zur Debatte um Deborah Feldmans »Weltbühne«-Artikel

In dem Blatt des umstrittenen Verlegers Holger Friedrich zieht die Autorin die Jüdischkeit des Chefredakteurs der Jüdischen Allgemeinen in Zweifel. In Zeitungskommentaren wird nun vernichtende Kritik an ihrem Text geübt

 26.05.2025

Israel

Geisel-Angehörige fordern Ende des »Albtraums«

Seit bald 600 Tagen hält die Hamas noch 58 lebende und tote israelische Geiseln im Gazastreifen fest. Israelis demonstrieren vehement für ihre Freilassung und fordern ein Ende des Krieges

 24.05.2025

Nachrichten

Strände, Soldat, Flüge

Kurzmeldungen aus Israel

von Sabine Brandes  21.05.2025

Sachsen-Anhalt

Sachsen-Anhalt: Verfassungsschutz sieht Demokratie bedroht

Im Osten ist die AfD besonders stark. Allerdings etablieren sich auch andere rechtsextremistische Bestrebungen

von Christopher Kissmann  19.05.2025