Schweiz

Lächeln fürs Geld

von Peter Bollag

Er sei »bestürzt und sehr enttäuscht« über die Iranreise der Schweizer Außenministerin Micheline Calmy-Rey, sagte Alfred Donath, Noch-Präsident des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes (SIG). Der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Ronald S. Lauder, meinte, Calmy-Rey »unterminiere« die Anstrengungen, Iran vom Bau der Bombe abzuhalten. Der Schweizer Publizist Frank A. Meyer fragte fassungslos: »Was ist bloß in Calmy-Rey gefahren?«
Auch die USA sind not amused: Dass eine private Schweizer Erdgasfirma mit einem iranischen Gas-Exportbetrieb einen Vertrag über mehrere Milliarden Franken zur Lieferung von Gas an die Schweiz abschloss – Anlass der Reise von Calmy-Rey –, verstoße möglicherweise sogar gegen die geltenden UNO-Sanktionen. Der schweizerische Botschafter in Israel, Walter Haffner, wurde sogar ins Außenministerium einbestellt – wenige Stunden, nachdem er dem Staatspräsidenten Schimon Peres sein Beglaubigungsschreiben überreichte. Dort rügte der Vizedirektor des Außenamtes, Rafi Barak, den Gasdeal als »unfreundlichen Akt«. Aus der Diplomatensprache übersetzt bedeutet der Aus- druck, dass Israel den Vertrag als ernste Belastung der israelisch-schweizerischen Beziehungen ansieht.
Vielleicht wäre all diese Kritik, der sich inzwischen sogar Parteigenossen der sozialdemokratischen Außenministerin angeschlossen haben, verhaltener ausgefallen, hätte Calmy-Rey ihren Auftritt in der Islamischen Republik nicht regelrecht ausgekostet – zumindest machte sie diesen Eindruck. Unter dem Konterfei von Revolu- tionsführer Ayatollah Khomeini lächelte die Außenministerin – im blütenweißen Kopftuch – dem iranischen Staatspräsidenten Mahmud Ahmadinedschad zu. Da halfen ihre Erklärungsversuche wenig: Sie habe erst auf Drängen der Fotografen einem Bild zugestimmt, meinte sie. Und natürlich nur fürs Foto gelächelt. Im Übrigen habe sie gegenüber Ahmadinedschad selbstverständlich die Menschenrechte und das Existenzrecht Israels betont. Das mag so gewesen sein, die Krux ist nur, dass der Kurztrip, den die Schweizer Regierung anscheinend abgesegnet hat und der vermutlich auf Druck der Schweizer Exportwirtschaft zustande kam, ins Gesamtbild der Schweizer Außenpolitik unter Calmy-Rey passt: So stimmte die Schweiz als einzige westliche Nation im Genfer Menschenrechtsrat kürzlich einer einseitigen Kritik an Israel wegen seiner Interventionen in Gasa zu – anders als alle EU-Staaten. Zuletzt konnte der Schweizer Jean Ziegler, ein vehementer Kritiker des jüdischen Staates, bei seiner Wahl ins Beratergremium des UNO-Menschenrechtsrates auf die offizielle Unterstützung des Schweizer Außenministeriums rechnen.
Zufrieden mit der Iran-Affäre ist wohl einzig die Schweizer Volkspartei (SVP): Mit dem Konterfei Calmy-Reys unter dem Khomeini-Bild wirbt die rechte Oppositionspartei um neue Mitglieder. Unter dem Bild heißt es ganz simpel: »Darum SVP«. (Mitarbeit: wst)

Geiseldeal

Itay Chen ist wieder in Israel

Die Leiche des 19-jährigen, israelisch-amerikanischen Soldaten wurde am Dienstagabend von Terroristen der Hamas übergeben

 05.11.2025

Jerusalem

Nach Eklat in Jerusalem: Westfälische Präses setzt auf Dialog

Projekte, Gedenkorte und viele Gespräche: Die Theologin Ruck-Schröder war mit einer Delegation des NRW-Landtags fünf Tage in Israel und im Westjordanland. Angesichts der Spannungen setzt sie auf dem Weg zur Verständigung auf Begegnungen und Dialog

von Ingo Lehnick  06.11.2025 Aktualisiert

Terror

Hamas übergibt erneut Leichen an Rotes Kreuz

Die Hamas hat dem Roten Kreuz erneut Leichen übergeben. Ob es sich bei den sterblichen Überresten in drei Särgen wirklich um Geiseln handelt, soll nun ein forensisches Institut klären

 02.11.2025

Augsburg

Josef Schuster und Markus Söder bei Jubiläumsfeier von jüdischem Museum

Eines der ältesten jüdischen Museen in Deutschland feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen. Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben erinnert mit einer Ausstellung an frühere Projekte und künftige Vorhaben

 29.10.2025

Interview

»Wir sind für alle Soldaten da«

Shlomo Afanasev ist Brandenburgs erster orthodoxer Militärrabbiner. Am Dienstag wurde er offiziell ordiniert

von Helmut Kuhn  29.10.2025

Bayern

Charlotte Knobloch kritisiert Preisverleihung an Imam

Die Thomas-Dehler-Stiftung will den Imam Benjamin Idriz auszeichnen. Dagegen regt sich nicht nur Widerstand aus der FDP. Auch die 93-jährige Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Münchens schaltet sich nun ein

von Michael Thaidigsmann  29.10.2025

Jerusalem

Karin Prien in Yad Vashem: »Jedes Mal für mich erschütternd«

Bei ihrer Israel-Reise erinnert die Bildungsministerin an die Millionen Opfer des Holocaust. Der Moment berührt die CDU-Politikerin auch aus einem persönlichen Grund

von Julia Kilian  28.10.2025

Bildungsministerin

Karin Prien reist nach Israel

Die CDU-Ministerin mit jüdischen Wurzeln will an diesem Sonntag nach Israel aufbrechen. Geplant sind Treffen mit dem israelischen Bildungs- und Außenminister

 26.10.2025

München

Paul Lendvai: »Freiheit ist ein Luxusgut«

Mit 96 Jahren blickt der Holocaust-Überlebende auf ein Jahrhundert zwischen Gewalt und Hoffnung zurück. Besorgt zeigt er sich über die Bequemlichkeit der Gegenwart - denn der Kampf »gegen das Böse und Dumme« höre niemals auf

 21.10.2025