Avram Grant

Im Innern der Macht

von Martin Krauss

Cheftrainer beim vermutlich reichsten Fußballverein der Welt, Chelsea FC, ist »einer der größten Jobs im Sport«, schreibt die Jerusalem Post. Das dürfte einer der wenigen unumstrittenen Kommentare zum neuen Chelsea-Trainer, dem 52-jährigen Israeli Avram Grant, sein.
Sonst muss sich der frühere israelische Nationaltrainer nämlich einiges anhören, seit er vergangene Woche den portugiesischen Trainer José Mourinho ersetzte. »Grant ist in Chelsea so willkommen wie Camilla bei Dianas Beerdigung«, so der frühere Spieler und heutige Kommentator Pat Nevin. Seit Grant am Sonntag sein erstes Spiel – auswärts gegen Manchester United – mit 0:2 verlor, steht er noch mehr in der Kritik. Der Daily Telegraph bilanzierte hämisch: »An dem Tag, als aus ‚Avram Who?‘ ‚Avram Why?‘ wurde, hat Chelsea einen Spieler, zwei Tore und drei Punkte verloren.«
Mourinho hatte vergangene Woche gekündigt, und der bisherige Sportdirektor Grant rückte auf den Cheftrainerposten. Grant hat nie selbst professionell Fußball gespielt. Mit Maccabi Tel Aviv und Maccabi Haifa wurde er je zweimal Meister, aber der israelische Titel zählt in der großen Welt des Fußballs nicht viel. Als Nationaltrainer verpasste Grant in seinem vierjährigen Wirken die Qualifikation sowohl für die Europameisterschaft 2004 als auch für die WM 2006 – Letztere allerdings, ohne ein Spiel verloren zu haben; nur wegen der besseren Tordifferenz von Frankreich und der Schweiz blieb Israel zu Hause.
Allerdings verweisen die mangelnden Tore auf ein anderes Problem, das Grant vorgeworfen wird: Er ist ein Vertreter des defensiven Fußballs, den Fans nirgends auf der Welt gern sehen. Und er gilt als Netzwerker, dem die Kunst der Intrige nicht ganz fremd ist. »In Grants Karriere sieht man immer das gleiche Muster«, schreibt der Belfast Telegraph: »Er hat immer einflussreiche, reiche Männer umbuhlt und sich selbst im Machtzirkel platziert.« Grant, der fließend Russisch spricht, versteht sich gut mit dem Besitzer von Chelsea, dem russischen Milliardär Roman Abramovich.
Der frühere israelische Nationaltrainer Shlomo Sharf hält Grant für einen »Illusionisten«, der mehr Glück als Können habe, und der aktuelle Nationaltrainer, Dror Kashtan, ist stolz darauf, dass Grant seine Mobilfunknummer nicht besitzt. Grant hat aber nicht nur Gegner im israelischen Fußball. Den meisten Nationalspielern hat die entspannte Art, wie Grant das Team führte, sehr gefallen, und auch Trainerkollege Ran Ben-Shimon vom Erstligisten Hapoel Kiryat Shmona ist begeistert: »Dass Grant Trainer von Chelsea wurde, ist vergleichbar mit Neil Armstrongs Landung auf dem Mond.« Ob Grants Verpflichtung ein großer Schritt für die Fußballwelt ist, muss sich noch weisen, aber dass es ein kleiner Schritt für Grant sei, dürfte schon jetzt falsch sein. Egal, wie lange er bei Chelsea bleibt, sagt der frühere Präsident des israelischen Fußballverbands, Gavri Levi, »sein Ansehen als Trainer wird gestärkt«. Auch diese Einschätzung dürfte sich als unstrittig erweisen.

Sydney

Jewish organizations decry the »scourge« of antisemitism

This time the focus is on Australia. It is hosting a conference of the international Jewish initiative »J7.« The group is presenting figures on Jew-hatred on the continent – and speaks of historic highs.

von Leticia Witte  03.12.2025

Kino

Blick auf die Denkerin

50 Jahre nach Hannah Arendts Tod beleuchtet eine Doku das Leben der Philosophin

von Jens Balkenborg  02.12.2025

Thüringen

Verfassungsschutz-Chef schätzt AfD-Jugend als rechtsextrem ein

Die Mitglieder der »Generation Deutschland« würden in ihren ersten Auftritten »weder eine Mäßigung noch eine Distanzierung oder gar Wandlung« zeigen, so Kramer

 02.12.2025

Tel Aviv-Jaffa

Shimon-Peres-Preis wird erstmals in Israel verliehen

60 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel sind der Anlass: Zum ersten Mal wird der Shimon-Peres-Preis für gemeinsame demokratische Vorhaben in Israel feierlich übergeben

von Alexander Riedel  01.12.2025

TV-Kritik

Viel Krawall und wenig Erkenntnis: Jan Fleischhauer moderiert im ZDF den Kurzzeitknast der Meinungen

Mit »Keine Talkshow - Eingesperrt mit Jan Fleischhauer« setzt das ZDF auf Clash-TV: ein klaustrophobisches Studio, schnelle Schnitte, Big-Brother-Momente und kontroverse Gäste - viel Krawall, wenig Erkenntnis

von Steffen Grimberg  24.11.2025

Teilnehmer des Mitzvah Day 2016 in Berlin

Tikkun Olam

»Ein Licht für die Welt«

Der Mitzvah Day 2025 brachte bundesweit Gemeinden, Gruppen und Freiwillige zu mehr als 150 Projekten zusammen

 23.11.2025

Hebraica

»Was für ein Buchschatz!«

Stefan Wimmer über die Münchner Handschrift des Babylonischen Talmuds als UNESCO-Weltkulturerbe

von Ayala Goldmann  23.11.2025

TV-Tipp

Oliver Masucci brilliert in dem Mehrteiler »Herrhausen - Der Herr des Geldes«

Biografischer Mehrteiler über Bankier Alfred Herrhausen

von Jan Lehr  17.11.2025

Amsterdam

Chanukka-Konzert im Concertgebouw kann doch stattfinden

Der israelische Kantor Shai Abramson kann doch am 14. Dezember im Amsterdamer Konzerthaus auftreten - allerdings nur bei zusätzlich anberaumten Konzerten für geladene Gäste

 13.11.2025