Dana Bairamova

»Ich habe ein Gespür für Kinder«

von Christine Schmitt

Aserbaidschan, Deutschland, Schweiz, Israel. Dana Bairamova mag Veränderungen in ihrem Leben, vorausgesetzt, sie kann noch mehr lernen. Mehrmals ist sie umgezogen und pendelt nun zwischen Jerusalem und Berlin.
»Ich bin ehrgeizig und verdammt stur«, sagt die 23Jährige über sich selbst. Bis morgens früh um vier oder fünf Uhr am Schreibtisch sitzen und lernen – das gehört für Dana Bairamova zum Alltag. Eine Nachteule eben. »Allerdings stehe ich dann auch erst gegen elf Uhr am Vormittag auf.« Ab Montag wird also ein Wecker neben ihrem Bett klingeln müssen, denn dann wird sie ihre Bücher vorübergehend verlassen und stattdessen im Jugendzentrum Olam an der Joachimstaler Straße vor 60 Kindern stehen. Dana Bairamova ist für das Programm und die Teamleitung der Sommer-Machane-Chagim der Talmud-Tora-Schule der Jüdischen Gemeinde zu Berlin zuständig. Die Kinderfreizeit wird unter der Leitung von Rabbiner Yitshak Ehrenberg abgehalten.
»Die Talmud-Tora-Schule hat so viele Anmeldungen bekommen, daß das Machane eine Woche länger dauert«, sagt Dana Bairamova. 40 Kinder in der ersten, und jeweils 60 in der zweiten und dritten Woche sind bereits eingeschrieben. Um 9 Uhr geht es mit freiem Spiel los, ab 9.30 Uhr soll zusammen gebetet und gesungen werden. Danach gibt es Sport, Basteln und Lernen übers Judentum. Und nach dem Mittagessen »nur noch mehr Spaß«, verspricht sie. Schwimmen, Ausflüge, Mu-seumsbesuche und Klettern stehen auf dem Programm.
Etliche Kinder kennt Dana Bairamova noch von der ersten Machane vor drei Jahren. »Manche sind nun schon richtig groß geworden«, sagt die 23Jährige. Sie freut sich immer, bekannte Gesichter wiederzusehen. Denn das sei die beste Werbung und zugleich ihre Bestätigung. Aber auch Kinder und Jugendliche, die sonst keine jüdische Kita oder Schule besuchen, möchte sie für die Ferienfreizeit ansprechen. »Als Kind habe ich Machanes gehaßt«, sagt sie lachend.
Sich vor 60 temperamentvollen, ausgeruhten Kindern hinzustellen und sie zu einem gemeinsamen Lied zu bewegen – das ist für Dana Bairamova kein Problem. Mit ihrer energischen Art zieht sie die Kinder in ihren Bann, feste Regeln gibt es, an die sich alle Teilnehmer halten müssen. »Ich habe einfach ein Gespür für die Kinder und weiß, wie ich mit ihnen umgehen muß.« Seit Mai hat sie ihren Abschluß in Erziehungswissenschaften, Jüdischen Geisteswissenschaften und Psychologie in der Tasche. Ihr Studium in Jerusalem ist erst einmal abgeschlossen – jetzt steht nur noch ihre Doktorarbeit an.
Schon als Kind wollte Dana Bairamova lernen. Mit fünf Jahren wurde sie eingeschult. Später besuchte sie am Vormittag eine englische und am Nachmittag eine jüdische Schule. Daß sie Jüdin war, spielte damals noch keine wesentliche Rolle in ihrem Leben. Erst als sie sich erfolgreich weigerte, Klavier zu lernen und ihre Mutter daraufhin beschloß, daß sie dann wenigstens in einem Chor singen sollte, entdeckte sie die Religion für sich. Es war ein jüdischer Chor. Als orthodoxe Jüdin bezeichnet sie sich heute.
Als Zwölfjährige kam sie mit ihrer Schwester und ihren Eltern nach Berlin. In nur drei Monaten lernte sie Deutsch. Mittlerweile spreche sie fünf Sprachen fließend. Ihr Aufenthalt in Berlin war nur kurz, da sie ein Stipendium bekam und in der Schweiz ein jüdisches Privatgymnasium in Bern und Basel besuchen konnte.
»Am Anfang war ich da schon einsam, aber meine Gastfamilie war toll und die jüdischen Gemeinden haben viel für mich getan.« Die Familie, in der sie da lebte, habe sie sehr geprägt. »Meine ‚Tante‘ hat trotz fünf Kindern erfolgreich als Psychologin gearbeitet.« Karriere und Kinder – beides kann sich Dana Bairamova auch für ihre Zukunft gut vorstellen.
Als 17Jährige hielt sie bereits ihr Abi-turzeugnis in den Händen, da sie eine Klasse überspringen konnte. Und in Rekordzeit war ihr Studium abgeschlossen. »Ich bin so ziemlich überall die Jüngste«. Daß sie sich eher zu älteren Menschen hingezogen fühle, zeige sich auch in ihrem Freundeskreis, da seien fast alle um die fünf Jahre älter als sie.
Nach der Machane in Berlin wird sie an ihrem Schreibtisch sitzen und weiter an Plänen feilen. Vor einiger Zeit hatte sie das Lernzentrum für Mädchen und Frauen bei der Lauder-Foundation an der Rykestraße mit initiiert und jetzt liegt sie mit der Planung für eine Israel-Bildungsreise für Jugendliche in den letzten Zügen.
Aber Dana Bairamova kann auch von der Arbeit abschalten und widmet sich dem Fitneßtraining, spielt Federball und geht abends viel mit Freunden aus. »Ich bin gern mit Menschen zusammen, denn von jedem kann ich etwas lernen.«

Machane-Infos unter Tel: 448 21 53

Geiseldeal

Itay Chen ist wieder in Israel

Die Leiche des 19-jährigen, israelisch-amerikanischen Soldaten wurde am Dienstagabend von Terroristen der Hamas übergeben

 05.11.2025

Jerusalem

Nach Eklat in Jerusalem: Westfälische Präses setzt auf Dialog

Projekte, Gedenkorte und viele Gespräche: Die Theologin Ruck-Schröder war mit einer Delegation des NRW-Landtags fünf Tage in Israel und im Westjordanland. Angesichts der Spannungen setzt sie auf dem Weg zur Verständigung auf Begegnungen und Dialog

von Ingo Lehnick  06.11.2025 Aktualisiert

Terror

Hamas übergibt erneut Leichen an Rotes Kreuz

Die Hamas hat dem Roten Kreuz erneut Leichen übergeben. Ob es sich bei den sterblichen Überresten in drei Särgen wirklich um Geiseln handelt, soll nun ein forensisches Institut klären

 02.11.2025

Augsburg

Josef Schuster und Markus Söder bei Jubiläumsfeier von jüdischem Museum

Eines der ältesten jüdischen Museen in Deutschland feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen. Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben erinnert mit einer Ausstellung an frühere Projekte und künftige Vorhaben

 29.10.2025

Interview

»Wir sind für alle Soldaten da«

Shlomo Afanasev ist Brandenburgs erster orthodoxer Militärrabbiner. Am Dienstag wurde er offiziell ordiniert

von Helmut Kuhn  29.10.2025

Bayern

Charlotte Knobloch kritisiert Preisverleihung an Imam

Die Thomas-Dehler-Stiftung will den Imam Benjamin Idriz auszeichnen. Dagegen regt sich nicht nur Widerstand aus der FDP. Auch die 93-jährige Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Münchens schaltet sich nun ein

von Michael Thaidigsmann  29.10.2025

Jerusalem

Karin Prien in Yad Vashem: »Jedes Mal für mich erschütternd«

Bei ihrer Israel-Reise erinnert die Bildungsministerin an die Millionen Opfer des Holocaust. Der Moment berührt die CDU-Politikerin auch aus einem persönlichen Grund

von Julia Kilian  28.10.2025

Bildungsministerin

Karin Prien reist nach Israel

Die CDU-Ministerin mit jüdischen Wurzeln will an diesem Sonntag nach Israel aufbrechen. Geplant sind Treffen mit dem israelischen Bildungs- und Außenminister

 26.10.2025

München

Paul Lendvai: »Freiheit ist ein Luxusgut«

Mit 96 Jahren blickt der Holocaust-Überlebende auf ein Jahrhundert zwischen Gewalt und Hoffnung zurück. Besorgt zeigt er sich über die Bequemlichkeit der Gegenwart - denn der Kampf »gegen das Böse und Dumme« höre niemals auf

 21.10.2025