pädagogik

Ein ganzes Fach NS?

pädagogik
Ein ganzes Fach NS?

Zentralrat und Experten diskutieren Knoblochs Idee

von Dirk Hempel

Über den Umgang mit dem Thema Nationalsozialismus an deutschen Schulen wird derzeit heftig diskutiert. Charlotte Knobloch, Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, hat die Debatte ausgelöst. Sie forderte vergangene Woche deutliche Veränderungen in der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus. Die Schulen müßten viel stärker auf die Vermittlung konkreter Handlungsanweisungen und wichtiger Werte zielen.
Bisher stehe »viel zu sehr die rein historische Daten- und Faktenvermittlung im Vordergrund«, schreibt Knobloch in einer Stellungnahme zum Thema, die der Jüdischen Allgemeinen vorliegt. Aufgabe des Unterrichts müsse aber sein, »Transferleistungen zu den Herausforderungen der Gegenwart« zu erbringen, zum Beispiel durch »Toleranztraining und Maßnahmen der Demokratiebildung«. Damit soll dem längst geänderten Charakter einer kulturell heteroge- nen deutschen Gesellschaft Rechnung getragen werden. Ein Ansatz also, der Migranten einbindet, interdisziplinär über den Geschichtsunterricht hinaus angelegt ist und humanitäre Werte thematisiert. In Fachkreisen wird das schon lange diskutiert.
»Den Vorschlag kann man nur unterstützen«, findet Micha Brumlik, Professor für Erziehungswissenschaften an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main. Es sei überfällig, eine neue Form der Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus in der Schule zu finden, sagte Brumlik der Jüdischen Allgemeinen. »Wir bräuchten eine Konferenz, die sich mit dem Thema auseinandersetzt.« Es sei zu wichtig, um »wieder zu versanden«. Brumlik befürwortet seit Jahren die Einführung eines Fachs, das den Nationalsozialismus in seinem historischen Kontext behandelt, den Zeitraum von 1914 bis 1948 beispielsweise. Dieses Fach könne »Zeitgeschichte« heißen.
Ein neues Schulfach, von der Hamburger Morgenpost bereits jovial als »Nazi-Kunde« bezeichnet, hatte in der vergangenen Woche breite Ablehnung erfahren. Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz Ute Erdsiek-Rave (SPD) sprach sich ebenso dagegen aus wie der Deutsche Lehrerverband und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linkspartei im Bundestag, Petra Pau, kritisierte hingegen vor allem die Behauptung, Pädagogen aus dem Osten der Republik würden zu wenig über die NS-Vergangenheit wissen.
Stephan J. Kramer, Generalsekretär des Zentralrats, hält die Situation in Ostdeutschland aber durchaus für sensibel: In einigen Regionen gebe es »eine Renaissance des Nationalsozialismus.« Viel mehr als um ein Schulfach zum Nationalsozialismus gehe es daher darum, »daß an den Schulen fächerübergreifend über die Nazi-Ideologie berichtet wird«. Für Charlotte Knobloch ist mit der Diskussion ein wichtiger Schritt gemacht: »Nichts anderes, als eine solche Auseinandersetzung anzuregen, wollte ich mit meinen Aussagen erreichen.«

Sydney

Jewish organizations decry the »scourge« of antisemitism

This time the focus is on Australia. It is hosting a conference of the international Jewish initiative »J7.« The group is presenting figures on Jew-hatred on the continent – and speaks of historic highs.

von Leticia Witte  03.12.2025

Kino

Blick auf die Denkerin

50 Jahre nach Hannah Arendts Tod beleuchtet eine Doku das Leben der Philosophin

von Jens Balkenborg  02.12.2025

Thüringen

Verfassungsschutz-Chef schätzt AfD-Jugend als rechtsextrem ein

Die Mitglieder der »Generation Deutschland« würden in ihren ersten Auftritten »weder eine Mäßigung noch eine Distanzierung oder gar Wandlung« zeigen, so Kramer

 02.12.2025

Tel Aviv-Jaffa

Shimon-Peres-Preis wird erstmals in Israel verliehen

60 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel sind der Anlass: Zum ersten Mal wird der Shimon-Peres-Preis für gemeinsame demokratische Vorhaben in Israel feierlich übergeben

von Alexander Riedel  01.12.2025

TV-Kritik

Viel Krawall und wenig Erkenntnis: Jan Fleischhauer moderiert im ZDF den Kurzzeitknast der Meinungen

Mit »Keine Talkshow - Eingesperrt mit Jan Fleischhauer« setzt das ZDF auf Clash-TV: ein klaustrophobisches Studio, schnelle Schnitte, Big-Brother-Momente und kontroverse Gäste - viel Krawall, wenig Erkenntnis

von Steffen Grimberg  24.11.2025

Teilnehmer des Mitzvah Day 2016 in Berlin

Tikkun Olam

»Ein Licht für die Welt«

Der Mitzvah Day 2025 brachte bundesweit Gemeinden, Gruppen und Freiwillige zu mehr als 150 Projekten zusammen

 23.11.2025

Hebraica

»Was für ein Buchschatz!«

Stefan Wimmer über die Münchner Handschrift des Babylonischen Talmuds als UNESCO-Weltkulturerbe

von Ayala Goldmann  23.11.2025

TV-Tipp

Oliver Masucci brilliert in dem Mehrteiler »Herrhausen - Der Herr des Geldes«

Biografischer Mehrteiler über Bankier Alfred Herrhausen

von Jan Lehr  17.11.2025

Amsterdam

Chanukka-Konzert im Concertgebouw kann doch stattfinden

Der israelische Kantor Shai Abramson kann doch am 14. Dezember im Amsterdamer Konzerthaus auftreten - allerdings nur bei zusätzlich anberaumten Konzerten für geladene Gäste

 13.11.2025