Ehrung

Josef Schuster erhält Ehrendoktorwürde der Uni Würzburg

Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland Foto: picture alliance/dpa

Josef Schuster wird heute Abend mit der Ehrendoktorwürde der Universität Würzburg ausgezeichnet. Der Mediziner ist seit nunmehr zehn Jahren Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland. Die Uni ist seine Alma Mater. Hier studierte er in den 1970er-Jahren Humanmedizin und promovierte.

Allerdings bekommt Schuster den Ehrendoktor laut Pressemitteilung nicht von der Medizinischen Fakultät, sondern der Katholisch-Theologischen – und zwar für seine Verdienste »um die Wissenschaft und um das kirchliche Leben«. Geehrt wird er auch für seinen Einsatz für das jüdisch-christliche Gespräch und den interreligiösen Dialog, an dem neben diesen beiden Religionen auch Muslime beteiligt sind.

Bis 2020 war der heute 70-jährige Schuster ebenfalls in Würzburg Internist, in seiner eigenen Praxis. Noch heute ist er regelmäßig als Notarzt unterwegs. Dies gilt gewissermaßen in doppelter Hinsicht: Einerseits sind es medizinische Notfälle, für die er auch aus dem Bett geklingelt wird. Als Präsident des Zentralrates ist er die wichtigste jüdische Stimme in der Bundesrepublik. Daher ist sein Input auch bei Notfällen anderer Art existenziell, nämlich solchen, die die jüdische Gemeinschaft betreffen.

Von Haifa nach Würzburg

Der »Mainpost« sagte Schuster, die Auszeichnung der Uni sei »für mich persönlich eine große Ehre« sowie »ein Zeichen gelebten, interreligiösen, christlich-jüdischen Austauschs.«

Wenn er nicht im Notarzt-Wagen zu Würzburger Patienten gefahren wird und nicht als Zentralratspräsident nach Berlin reisen muss, warten Aufgaben auf ihn, die er in seiner Rolle als Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Würzburg oder als Präsident des Landesverbandes israelitischer Kultusgemeinden in Bayern wahrnehmen muss. Zusätzlich trägt Schuster als Vizepräsident des World Jewish Congress und des European Jewish Congress Verantwortung. Die Tatsache, dass er auch noch Mitglied im Deutschen Ethikrat ist, macht seinen Terminkalender nicht leerer.

Josef Schuster, der 1954 in Haifa geboren wurde und im Alter von zwei Jahren mit seiner Familie in die Bundesrepublik kam, kann auf eine 450 Jahre lange Geschichte seiner Familie in Unterfranken zurückblicken, die durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten unterbrochen wurde.

Sehr lebenswert

Die Situation der Familie Schuster vor ihrer Flucht nach Palästina wird in einem im vergangenen Jahr von der ARD gezeigten Dokumentarfilm erzählt. In »Der Fall Schuster« geht es darum, wie es den Schusters gelang, zu entkommen, obwohl ihnen die Gestapo auf den Fersen war. David Schuster, der Vater von Josef Schuster, setzte sich später, nach der Rückkehr der Familie, dafür ein, dass sich jüdisches Leben auch in Unterfranken wieder etablierte.

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»Wenn man im Alter von zwei Jahren nach Würzburg kommt, so sind sämtliche Kindheitserinnerungen auf diese Stadt bezogen«, sagte Schuster einst in einem Interview seiner früheren Uni. »Hier habe ich den Kindergarten, die Volksschule sowie dasselbe Gymnasium wie mein Vater besucht.« Würzburg habe er stets als sehr lebenswert empfunden, so der heutige Zentralratspräsident im Jahr 2011. Daher habe er sich bewusst für ein Studium in seiner Heimatstadt entschieden.

Zwölf Jahre später, nach den Massakern der Hamas in Süd-Israel vom 7. Oktober 2023, war es Josef Schuster, der den Deutschen im »Tagesschau«-Interview erklärte, wie sich die jüdische Gemeinschaft fühlte und welche Ängste unter den knapp 200.000 Juden in Deutschland verbreitet waren (und weiterhin sind).

Andere Maßstäbe

Zugleich beobachtete er einen sich weiter ausbreitenden Judenhass, mit dem Ergebnis, dass sich Juden gerade in Berlin und Teilen Nordrhein-Westfalens nicht mehr als solche zu zeigen trauten. »Das ist unerträglich«, so Schuster im November 2023 im »Ersten«.

Seither kritisiert er zuweilen auch die Bundesregierung. In diesem Jahr erteilte sie über Monate hinweg keine Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter an Israel. Die Staatsräson schien nicht mehr zu gelten. Daraufhin sagte Schuster dem »RedaktionsNetzwerk Deutschland« (RND), die Solidarität Deutschlands mit Israel dürfe keine »Staatsräson light« sein.

In dieser Situation wurde der oft eher zurückhaltende Präsident des Zentralrates sehr deutlich: »Israel befindet sich in der Verteidigung seiner Existenz gegen Terrorregime, die das Land auslöschen wollen. Dass gerade in einem solchen Fall an die Lieferung militärischen Materials aus Deutschland nach Israel auch noch andere Maßstäbe als üblich angelegt werden, verwundert mich sehr.«

Wie immer

Wer meint, der Kampf gegen den Antisemitismus habe erst nach dem 7. Oktober 2023 begonnen, irrt. Zuvor waren es die Judenhass-Skandale bei der documenta in Kassel, zu denen Schuster Stellung nehmen musste. Gegenüber der Deutschen Welle stellte er klar, »dass in Deutschland im Jahre 2022 auf einer internationalen Kunstausstellung keine Art von Antisemitismus etwas verloren hat«.

Ein Jahr früher, 2021, bekam er das Bundesverdienstkreuz, das er »nur stellvertretend« für 105 jüdische Gemeinden und die dort sichtbare jüdische Kultur annehmen wollte. Zugleich musste der Zentralratspräsident bereits damals antisemitische Vorfälle kommentieren.

Im März wurde Josef Schuster 70. Sein langjähriger Freund Rafael Seligmann schrieb in dieser Publikation: »Masal tov und Happy Birthday, Jossi!« Der Historiker und Publizist: »Seit ich ihn kenne, ist mein Zeitgenosse und Freund sich und uns treu geblieben.«

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