Gilles Bernheim

»Die Tora spricht alle an«

von Lars Weber

Die Wahl markiert das Ende einer Epoche und einen Stilwechsel: Nach 21 Jahren im Amt soll Frankreichs Oberrabbiner Joseph Haïm Sitruk am 1. Januar 2009 von Gilles Bernheim abgelöst werden. Sitruk (63) ist tunesischer Abstammung, orthodox, charismatisch und sehr beliebt in der jüdischen Gemeinschaft – viele sagen, er spreche die Herzen an. Sein Nachfolger Gilles Bernheim (56) gilt als distanzierter Intellektueller. Er wurde in Savoyen geboren, seine Eltern stammen aus Osteuropa. Auch er ist orthodox, gilt aber als offener im Dialog mit anderen Religionen und der Mehrheitsgesellschaft. Diese Unterschiede wurden im teils sehr harten Wahlkampf thematisiert. Mit öffentlichen Debatten und Kampagnen warben die Kandidaten um das Amt.
Der neugewählte Oberrabbiner Bernheim möchte die Gemeinschaft modern und transparent leiten – und sie zusammenführen. Unter dem Motto »Die Tora spricht alle an« will er auch nichtreligiöse Juden erreichen. Psychologen, Juristen und andere Experten sollen helfen, dem Judentum wieder mehr Gehör in der Gesellschaft zu verschaffen. Des Weiteren möchte Bernheim die Ausbildung der Rabbiner verbessern: »Junge Rabbiner finden sich nach dem Studium häufig in Kleinstädten wieder, wo sie oft die einzigen Orthodoxen sind. Um besser gewappnet zu sein, brauchen sie auch eine solide Allgemeinbildung«, so Bernheim.
Bisher Oberrabbiner in der größten Pariser Synagoge in der Rue de la Victoire, lehrte Bernheim auch Philosophie. Als Autor zahlreicher Sachbücher äußerte er sich unter anderem zum Laizismus, zur Euthanasie sowie zur politischen und sozialen Situation in den Vorstädten. Sein jüngstes Buch Le rabbin et le cardinal (»Der Rabbiner und der Kardinal«), das er in Kooperation mit dem Erzbischof von Lyon geschrieben hat, ist Zeugnis seines Engagements im interreligiösen Dialog. Die Begeisterung für die Religion auf der einen Seite und für Geisteswissenschaften auf der anderen, kennzeichnen sein Leben: »Die Talmud-Kommentare, die ich im Unterricht behandele, haben etwas Therapeutisches für mich«, erklärt der vierfache Vater, der mit einer Psychoanalytikerin verheiratet ist. »Durch mein Philosophiestudium habe ich Lust bekommen, zu unterrichten und diese intellektuelle Tätigkeit zu vertiefen. Ich wollte immer beides: agieren und Zeit zur Reflexion haben.«

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 12. Juni bis zum 18. Juni

 11.06.2025

Tel Aviv/Gaza

Israel will Ankunft von Thunbergs Schiff in Gaza verhindern

Das Schiff des Bündnisses Freedom Flotilla Coalition ist unterwegs nach Gaza. Nach Angaben der Aktivisten nähern sie sich immer mehr dem Gebiet - Israel droht ihnen nun

 08.06.2025

Petition

Deutsche Prominente werfen Israel Völkermord vor

Die Unterzeichner verlangen eine Aussetzung von Rüstungsexporten

 05.06.2025

Bundestag

Wegen »Palestine«-Shirt: Linken-Abgeordnete des Plenarsaals verwiesen

Mit der politischen Botschaft auf ihrer Kleidung hatte Cansin Köktürk offenbar gegen die Regeln des Hauses verstoßen. Die Bundestagspräsidentin zog die Konsequenz

 04.06.2025

Medien

Presseschau zur Debatte um Deborah Feldmans »Weltbühne«-Artikel

In dem Blatt des umstrittenen Verlegers Holger Friedrich zieht die Autorin die Jüdischkeit des Chefredakteurs der Jüdischen Allgemeinen in Zweifel. In Zeitungskommentaren wird nun vernichtende Kritik an ihrem Text geübt

 26.05.2025

Israel

Geisel-Angehörige fordern Ende des »Albtraums«

Seit bald 600 Tagen hält die Hamas noch 58 lebende und tote israelische Geiseln im Gazastreifen fest. Israelis demonstrieren vehement für ihre Freilassung und fordern ein Ende des Krieges

 24.05.2025

Nachrichten

Strände, Soldat, Flüge

Kurzmeldungen aus Israel

von Sabine Brandes  21.05.2025

Sachsen-Anhalt

Sachsen-Anhalt: Verfassungsschutz sieht Demokratie bedroht

Im Osten ist die AfD besonders stark. Allerdings etablieren sich auch andere rechtsextremistische Bestrebungen

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London

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 19.05.2025