Kommentar

Die europäische Iran-Politik braucht eine Zeitenwende

Remko Leemhuis Foto: imago images/Reiner Zensen

Am Ende der ersten Amtszeit von Präsident Donald Trump im Jahr 2021 war es ihm und seiner Administration mit der Politik des »maximalen Drucks« gelungen, die Ölexporte des iranischen Regimes auf 77.000 Barrel pro Tag zu reduzieren. Noch zwei Jahre zuvor hatte das Regime täglich 2,5 Millionen Barrel verkauft. Durch diese Reduzierung der Erdölexporte gingen dem Regime Einnahmen in Höhe von 50 Milliarden Dollar verloren.

Die Politik des maximalen Drucks beschränkte sich indes nicht nur auf schmerzhafte ökonomische Sanktionen. Insbesondere die Tötung von Qassem Soleimani, dem Führer der Quds-Brigaden, der zugleich Architekt und für die Umsetzung der imperialen Strategie Teherans in der Region verantwortlich war, zeigte dem Regime auch militärisch seine Grenzen auf.

Gleichzeitig zu dieser konsequenten Politik gegenüber Teheran gelang es dem Präsidenten in seiner ersten Amtszeit, die Annäherung zwischen Israel und den moderaten arabischen Staaten voranzutreiben. Dies führte zur Unterzeichnung der historischen Abraham-Abkommen, die die regionale Kooperation vertieften und einen Meilenstein auf dem Weg zu mehr Stabilität und Frieden in der Region darstellten.

Dass dieses Abkommen nicht nur eine Absichtserklärung ist, sondern auch konkrete Folgen zeigt, wurde spätestens im April und Oktober des vergangenen Jahres deutlich, als Israel in Koordination mit den USA und Unterstützung arabischer Staaten die iranischen Angriffe, insbesondere mit ballistischen Raketen und Drohnen, abwehrte. Auch wenn die arabischen Staaten vor dem Hintergrund des Krieges in Gaza zumindest öffentlich noch zurückhaltend über die Kooperation sprechen, ist die historische Dimension dieser Zusammenarbeit bereits jetzt kaum zu überschätzen.

Aus den bisher genannten Aspekten wird deutlich, dass die berechtigte Erwartung auf eine bessere Zukunft im Nahen Osten auf der Hoffnung beruht, dass der alte und neue Präsident zu einer harten Linie aus der ersten Amtszeit zurückkehrt. Angesichts der geschilderten Bilanz aus seiner ersten Amtszeit sollten Politiker und Entscheidungsträger diesseits des Atlantiks es ernst nehmen, wenn viele Menschen in Israel und anderen Staaten der Region die Rückkehr Trumps ins Weiße Haus mit Hoffnungen auf eine bessere Zukunft der Region verbinden. Natürlich weiß man in der Region zwischen Verlautbarungen und tatsächlicher Politik zu unterscheiden und setzt nicht auf einen »Deal des Jahrhunderts«, sondern auf konkrete Ideen und Projekte.

Einer der wichtigsten Schritte wäre ohne Zweifel ein Normalisierungsabkommen zwischen Israel und Saudi-Arabien, das vor dem 7. Oktober in greifbarer Nähe war. Ein solches Abkommen würde nicht nur die Sicherheit Israels stärken, sondern auch das wichtigste arabische Land offiziell in die Etablierung einer regionalen Sicherheitsarchitektur einbinden. Global betrachtet wäre die Symbolkraft einer Annäherung zwischen Israel und jenem muslimischen Land, in dem sich die beiden wichtigsten Heiligtümer des Islam befinden, von kaum zu überschätzender Bedeutung.

Gleichzeitig sind die Rahmenbedingungen für eine Rückkehr zu einer Politik des maximalen Drucks auf das Mullah-Regime deutlich besser als in den Jahren 2017 bis 2021. Anders als in der ersten Amtszeit wäre es heute noch einfacher, die Ausfälle iranischer Ölexporte zu kompensieren.

Dies liegt nicht nur an den verbesserten Beziehungen Washingtons zu den Golfstaaten, die ihre Förderung kurzfristig erhöhen könnten. Auch die Tatsache, dass die Vereinigten Staaten mittlerweile selbst der viertgrößte Erdölexporteur sind, bedeutet, dass ein Ausfall der iranischen Förderung keinen Einfluss auf die globalen Energiepreise hätte und keine negativen wirtschaftlichen Auswirkungen verursachen würde.

Eine erneute konsequente Unterbindung iranischer Erdölexporte würde das Regime zudem zwingen, die eigenen Ausgaben zu priorisieren. Es müsste dann - zugespitzt formuliert - zwischen dem Regimeerhalt und dem Export der islamischen Revolution, also der massiven Unterstützung verschiedener Terrorgruppen und Milizen, entscheiden. Auch wenn Letzteres einer der wesentlichen Kerne der iranischen Staatsdoktrin ist, wäre das Regime dennoch gezwungen, mehr Mittel für das eigene Land zu nutzen.

Dies ist gegenwärtig noch bedeutsamer als vor einigen Jahren, denn Israel hat systematisch in erheblichem Ausmaß die Fähigkeiten und die Infrastruktur insbesondere von Hamas und Hisbollah zerstört. Daher bräuchten die Mullahs gerade jetzt erheblich mehr finanzielle Mittel, um das Bedrohungspotenzial gegenüber Israel wiederherzustellen. Das bedeutet zumindest mittelfristig, dass Israels Sicherheit verbessert wird.

Ebenso sollte nicht unterschätzt werden, welche Auswirkungen der Sturz des Assad-Regimes auf die von Iran kreierte »Achse des Widerstands« haben könnte. Auch wenn mit Blick auf Syrien noch vieles ungewiss ist und das Land langfristig erneut eine Bedrohung für Israel darstellen könnte, hat Teheran zumindest vorerst keinen Landweg mehr, um die Hisbollah im Libanon zu unterstützen und wieder aufzurüsten. Die Aussicht auf eine längere Phase der Schwäche der Hisbollah könnte für den Libanon eine Chance sein, sich aus der iranischen Umklammerung zu befreien.

Angesichts all dieser Umstände lässt sich verstehen, warum viele im Nahen Osten eine Rückkehr Trumps ins Weiße Haus mit Hoffnungen auf eine bessere Zukunft verbinden. Natürlich sollte man sich immer vergegenwärtigen, dass die Region dennoch äußerst instabil bleibt und kataklystische Ereignisse wie der 7. Oktober alles von einem Moment auf den anderen ändern können. Doch jetzt wäre auch der Zeitpunkt für die Europäische Union, zu helfen.

Wie mit Blick auf Russland bräuchte es dafür aber zunächst auch in der europäischen Iranpolitik eine »Zeitenwende«, deren Ziel es sein müsste, Israel und die moderaten arabischen Staaten bei ihrer Annäherung zu unterstützen. Gleichzeitig sollte Irans destruktiver Einfluss verringert werden, um so eine deutliche Verbesserung der regionalen Stabilität zu erreichen. Und es sollte nicht vergessen werden, dass bereits heute iranische Drohnen täglich auf europäische Städte niedergehen. Eine Eindämmung des Irans läge somit im Interesse der eigenen Sicherheit. Daher bleibt zu hoffen, dass die neue Kommission in Brüssel den politischen Willen hat, sich einzubringen.

Der Autor ist Direktor des American Jewish Committee in Berlin.

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