Dieter Graumann

Der Klarsprecher

Fünf Minuten. Mehr braucht Dieter Graumann nicht, wenn er über sein Leben Auskunft geben soll. Der neue Vizepräsident des Zentralrats hat zwar eine Menge zu erzählen. Doch redegewandt bedeutet bei dem 55jährigen eben nicht redselig. Graumann mag es knapp und präzise. Also das wichtigste in Kürze: Geboren 1950 in Israel (Ramat Gan). Mit anderthalb Jahren nach Deutschland gekommen. Schule in Frankfurt am Main. Zwischendurch Besuch eines jüdisch-orthodoxen Internats in der Schweiz. Abitur in der Mainmetropole. Ein Jahr Kings College in London. Zurück nach Frankfurt und Studium der Volkswirtschaftslehre. Promotion über die Europäische Währungsunion. Dann zweieinhalb Jahre bei der Bundesbank. Betreibt jetzt eine Liegenschaftsverwaltung. Verheiratet, zwei Kinder.
Doch Vorsicht, für diese Art tabellarischen Lebenslauf braucht Dieter Graumann nur gut eine Minute. Die nächste Minute gehört den vielen Ehrenämtern. In der Frankfurter Gemeinde engagiert er sich seit elf Jahren. Im Vorstand ist Graumann heute zuständig für Schulen, Kultur und Finanzen. Und noch etwas würde der passionierte Tennisspieler, Jogger und Fußballfan nie vergessen zu erwähnen: Makkabi Frankfurt. Seit vielen Jahren steht er als Präsident an der Spitze des größten jüdischen Sportvereins in Deutschland.
Die nächsten drei Minuten und damit der größte Teil der Graumannschen Lebensbeschreibung gehören dem Zentralrat. Daß das weite Feld der Politik und des jüdischen Lebens in Deutschland so viel Platz einnimmt, kommt nicht von ungefähr. Graumann ist ein politischer Kopf. Einer, der zwar keine Konflikte sucht, aber vorhandene auch nicht scheut und dann durchaus bereit ist, klar Stellung zu beziehen. Das und vor allem auch eine große Portion Verhandlungsgeschick haben Graumann im Zentralrat in den vergangenen sieben Jahren ganz weit nach vorne gebracht. Vom Direktorium kommend wurde er 2001 Mitglied des Präsidiums. Zuständig für die Finanzen brachte der Volkswirtschaftler zunächst einmal den Haushalt des Zentralrats auf Vordermann. Später bat ihn Paul Spiegel, die Geschäftsführung der Jüdischen Allgemeinen zu übernehmen.
Doch Graumann war und ist nicht nur für das Geld zuständig. Immer wieder übertrug man ihm die heiklen Missionen. Ob die Verhandlungen mit der Union Progressiver Juden oder die Gespräche mit der Bundesregierung über die Neuregelung der Zuwanderung von Juden aus der ehemaligen Sowjetunion, stets hieß es: Graumann, übernehmen Sie! Und nun eine neue Aufgabe: Vizepräsident des Zentralrats. Noch mehr Öffentlichkeit, noch mehr Verantwortung. Doch Bangemachen gilt bei Graumann nicht. Denn er hat eine klare Vorstellung davon, was zu leisten ist. Für ihn heißt das in erster Linie: kein Blatt vor den Mund nehmen, Laut geben. Beim Kampf gegen Antisemitismus, Islamismus und Rechtsradikalismus ebenso wie beim offensiven Umgang mit dem Judentum. »Wir müssen uns darauf besinnen, was wir sind«, fordert er. Es gehe darum, die positiven jüdischen Werte in den Vordergrund zu stellen. Das ist ihm wichtig, »sonst wissen wir nur noch, wogegen wir sind, aber nicht mehr, wofür wir sind.« Deutliche Worte. Typisch Graumann. Christian Böhme

Deutschland

Auschwitz-Komitee: Demokratie vor Attacken schützen

Das Internationale Auschwitz Komitee sieht mit Sorge einen Rechtsruck. Zum Jahrestag der Reichspogromnacht fordert es Solidarität mit den Schoa-Überlebenden

 09.11.2025

Berlin

Israels Botschafter: Linker Antisemitismus am gefährlichsten

Ron Prosor, israelischer Botschafter in Deutschland, differenziert zwischen linkem, rechtem und islamistischem Antisemitismus. Und erläutert, welchen er für den gefährlichsten hält

 09.11.2025

Geiseldeal

Itay Chen ist wieder in Israel

Die Leiche des 19-jährigen, israelisch-amerikanischen Soldaten wurde am Dienstagabend von Terroristen der Hamas übergeben

 05.11.2025

Jerusalem

Nach Eklat in Jerusalem: Westfälische Präses setzt auf Dialog

Projekte, Gedenkorte und viele Gespräche: Die Theologin Ruck-Schröder war mit einer Delegation des NRW-Landtags fünf Tage in Israel und im Westjordanland. Angesichts der Spannungen setzt sie auf dem Weg zur Verständigung auf Begegnungen und Dialog

von Ingo Lehnick  06.11.2025 Aktualisiert

Terror

Hamas übergibt erneut Leichen an Rotes Kreuz

Die Hamas hat dem Roten Kreuz erneut Leichen übergeben. Ob es sich bei den sterblichen Überresten in drei Särgen wirklich um Geiseln handelt, soll nun ein forensisches Institut klären

 02.11.2025

Augsburg

Josef Schuster und Markus Söder bei Jubiläumsfeier von jüdischem Museum

Eines der ältesten jüdischen Museen in Deutschland feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen. Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben erinnert mit einer Ausstellung an frühere Projekte und künftige Vorhaben

 29.10.2025

Interview

»Wir sind für alle Soldaten da«

Shlomo Afanasev ist Brandenburgs erster orthodoxer Militärrabbiner. Am Dienstag wurde er offiziell ordiniert

von Helmut Kuhn  29.10.2025

Bayern

Charlotte Knobloch kritisiert Preisverleihung an Imam

Die Thomas-Dehler-Stiftung will den Imam Benjamin Idriz auszeichnen. Dagegen regt sich nicht nur Widerstand aus der FDP. Auch die 93-jährige Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Münchens schaltet sich nun ein

von Michael Thaidigsmann  29.10.2025

Jerusalem

Karin Prien in Yad Vashem: »Jedes Mal für mich erschütternd«

Bei ihrer Israel-Reise erinnert die Bildungsministerin an die Millionen Opfer des Holocaust. Der Moment berührt die CDU-Politikerin auch aus einem persönlichen Grund

von Julia Kilian  28.10.2025