»Mein Kampf«

»Den Mythos zerstören«

Herr Möller, Sie möchten eine kritische Edition von Hitlers »Mein Kampf« herausbringen. Warum eine Neuauflage dieses Hetzwerkes?
Es geht erstmals um eine kritische Ausgabe, in der sowohl die ideologischen Passagen in ihrer Entstehungsgeschichte und Wirkung als auch die über 2.600 Textänderungen in den verschiedenen Auflagen analysiert werden. Das sind zum Teil inhaltliche Änderungen, die bisher nicht nachgewiesen wurden.

Welche sind das?
Es gab zum Beispiel eine französische Ausgabe, in der die antifranzösischen Passagen abgemildert wurden, weil Hitler bis 1939 die Franzosen im Unklaren lassen wollte, was er von ihnen hielt.

Was lässt sich an solchen Änderungen ablesen?
Im Vergleich der Fassungen geht es um Fragen wie: Woher kommen bestimmte Zielsetzungen? Ist Hitler bereits im Wiener Männerheim zum Antisemiten geworden oder erst in München? Gab es die Zielsetzung des Massenmords bereits 1926, als der zweite Band erschien? Welche Ideen hat er von anderen Autoren übernommen?

Welche Lücke im Verständnis des Dritten Reichs wollen Sie damit schließen?
Es würde eine Einleitung geben, die »Mein Kampf« in seiner Entstehungs- und Wirkungsgeschichte in den Kontext der Zeit einordnet. Unsere Arbeit soll klären: Welche Wirkung hat das Buch gehabt, und enthält es tatsächlich das Programm für die Zeit nach 1933?

Fürchten Sie nicht, dass sich Neonazis über Ihre Ausgabe freuen würden?
Das glaube ich nicht. Wer das Buch mit Kommentar liest, kann eigentlich nur immunisiert werden.

Dennoch kritisiert die bayerische Landesregierung Ihr Publikationsvorhaben. Warum?
Der Freistaat Bayern hat sich 1945 aus damals durchaus berechtigten Gründen die Urheberrechte an »Mein Kampf« gesichert, um die Publikation zu verhindern. Das bayerische Finanzministerium fürchtet eine symbolische Wirkung noch heute und will die Gefühle der Betroffenen schonen.

Was entgegnen Sie darauf?
Heute wird niemand zum Nazi, weil er dieses Buch liest. Die Kenntnis über die Verbrechen des NS-Regimes ist zum Glück weit verbreitet. Zudem läuft der Urheberrechtsschutz 2015 ab. Dann besteht eine doppelte Gefahr: Erstens, dass das Buch als vermeintliche Sensation kommerziell ausgeschlachtet wird, und zweitens, dass rechtsextreme Gruppen damit Reklame machen, hier sei nun endlich ein bedeutendes Werk zugänglich. Wir wollen den Mythos vorher zerstören.

Sie planen die Neuausgabe bis spätestens 2015. Schaffen Sie das zeitlich?
Wir werden für die kommentierte Ausgabe schätzungsweise drei bis vier Jahre brauchen. Mit der Vorbereitung haben wir begonnen.

Diplomatie

Netanjahu geht auf Belgiens Premier los

Für seine Entscheidung, Palästina als Staat anzuerkennen, wird Bart De Wever vom israelischen Ministerpräsident persönlich attackiert

von Michael Thaidigsmann  04.09.2025

Hannover

Angriff auf Gedenkstätte: Staatsanwaltschaft erhebt Anklage

Ein 26-jähriger Rechtsextremist war im Mai in Budapest festgenommen worden

 02.09.2025

Nahost

Deutscher Beauftragter für Menschenrechte reist nach Israel

Lars Castellucci macht sich ein persönliches Bild von der Lage in Israel und den palästinensischen Gebieten. Ein Augenmerk liegt darauf, wo deutsche Hilfe möglich ist - und wo sie behindert wird

 01.09.2025

Rotes Meer

Huthi greifen Öltanker an

Das Schiff gehört einem israelischen Milliardär

 01.09.2025

Ankara

Türkei bricht Handelsbeziehungen zu Israel ab

Der Handel der Türkei mit Israel belief sich im Jahr 2023 noch auf mehrere Milliarden US-Dollar. Nun bricht die Türkei alle Handelsbeziehungen zu Israel ab. Doch es ist nicht die einzige Maßnahme

 29.08.2025

Geburtstag

Popstar der Klassik: Geiger Itzhak Perlman wird 80

»Sesamstraße«, »Schindlers Liste« und alle großen Konzertsäle der Welt natürlich sowieso: Der Geiger gehört zu den ganz großen Stars der Klassik. Jetzt wird er 80 - und macht weiter

von Christina Horsten  29.08.2025

Bonn

Experte: Opfer mit Bewältigung von Rechtsterror nicht alleinlassen

Der erste NSU-Mord liegt beinahe 25 Jahre zurück. Angehörige der Opfer fordern mehr Aufmerksamkeit - und angemessenes Gedenken, wenn es um rechtsextreme Gewalt geht. Fachleute sehen unterschiedliche Entwicklungen

 29.08.2025

Frankfurt am Main

Michel Friedman will nicht für TikTok tanzen

Es handle sich um eine Plattform, die primär Propaganda und Lügen verbreite, sagt der Publizist

 28.08.2025

Geburtstag

Holocaust-Überlebende Renate Aris wird 90

Aris war lange stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Jüdischen Gemeinde Chemnitz und Präsidiumsmitglied des Landesverbandes Sachsen der Jüdischen Gemeinden. 1999 gründete sie den ersten jüdischen Frauenverein in den ostdeutschen Bundesländern

 25.08.2025