Manifests der 25

Dazugelernt

Irren ist menschlich. Das gilt auch für Professoren. In diesem Fall für 25 deutsche Akademiker, die am 15. November 2006 in der Frankfurter Rundschau ein »Manifest der 25« veröffentlicht hatten. Darin beschrieben sie ihre Sicht der Kausalität von Schoa und Nahostkonflikt und forderten, Deutschland müsse seine »besonderen Beziehungen« zu Israel überdenken. Vier der Unterzeichner haben am Montag vergangener Woche an einer Dis-
kussion im Akadedemischen Kolleg Netanja teilgenommen – und dabei offenbar neue Einsichten gewonnen. Nach der Rückkehr aus Israel übte einer der Auto-ren, der Frankfurter Politikwissenschaftler Gert Krell, im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen Selbstkritik: »Das Manifest war gut gemeint, aber leider nicht gut genug gemacht«.
In ihrem Thesenpapier hatten die 25 Professoren geschrieben, dass es der Holo-
caust sei, »der das seit sechs Jahrzehnten anhaltende und gegenwärtig bis zur Unerträglichkeit gesteigerte Leid über die Palästinenser gebracht hat«. Daher stünde Deutschland nicht nur gegenüber Israel in der Pflicht, sondern habe auch »eine Mitverantwortung für die Lebensbedingungen und eine selbstbestimmte Zukunft des palästinensischen Volkes«. Doch bei den tragenden politischen und gesellschaftlichen Kräften hierzulande meinten die Sozialwissenschaftler einen »problematischen Philosemitismus« auszumachen, der mit einem unausgesprochenen Verbot of-
fener Kritik an Israel einhergehe.
Das Manifest, zu dessen Autoren der Orientalist Udo Steinbach gehörte, löste heftige Reaktionen aus. Die Frankfurter Rundschau veröffentlichte das Pro und Contra. Darunter auch eine Art Gegenmanifest des israelischen Sozialdemokraten und frühere Vizepräsidenten der Knesset, Dov Ben-Meir (1927 in Polen geboren). Er attestierte den Professoren eine simplifizierende Einstellung zum israelisch-palästinensischen Konflikt und wies auf verschiedene »historische Ungenauigkeiten und Missverständnisse« hin. Zugleich schrieb er, dass nur Offenheit und Aufrichtigkeit »eine intellektuelle und offene Diskussion der Probleme« ermöglichen. Ein Angebot zum Dialog, entgegen dem Ratschlag vieler Freunde: »Sie sagten mir damals, ich solle diese Erklärung einer offensichtlich kleinen antiisraelischen Gruppe nicht noch durch meine Reaktion aufwerten«, verriet Ben-Meir jetzt der Jüdischen Allgemeinen.
Von der Friedrich-Ebert-Stiftung kam der Vorschlag, den Dialog in Israel zu führen. Ben-Meir stimmte zu und saß nun in Netanja unter anderem mit Shimon Stein, dem ehemaligen Botschafter Israels in Berlin, und dem Jerusalemer Geschichtsprofessor Moshe Zimmermann auf dem Podium – gemeinsam mit den vier Professoren aus Deutschland. Man habe viel aus der Diskussion gelernt, sei mittlerweile tiefer in die wissenschaftliche Materie und die Komplexität des Konflikts eingdrungen, sagte Gert Krell anschließend. »Wir sind jetzt viel weiter, als wir es damals waren. So würde das Manifest wohl heute keiner mehr veröffentlichen.«
Dov Ben-Meir zeigte sich sehr zufrieden: »Ich hoffe, dass noch einmal eine ähnliche Runde stattfinden kann. Aber beim nächsten Mal vielleicht in Deutsch-
land.« Detlef David Kauschke

Sydney

Jewish organizations decry the »scourge« of antisemitism

This time the focus is on Australia. It is hosting a conference of the international Jewish initiative »J7.« The group is presenting figures on Jew-hatred on the continent – and speaks of historic highs.

von Leticia Witte  03.12.2025

Kino

Blick auf die Denkerin

50 Jahre nach Hannah Arendts Tod beleuchtet eine Doku das Leben der Philosophin

von Jens Balkenborg  02.12.2025

Thüringen

Verfassungsschutz-Chef schätzt AfD-Jugend als rechtsextrem ein

Die Mitglieder der »Generation Deutschland« würden in ihren ersten Auftritten »weder eine Mäßigung noch eine Distanzierung oder gar Wandlung« zeigen, so Kramer

 02.12.2025

Tel Aviv-Jaffa

Shimon-Peres-Preis wird erstmals in Israel verliehen

60 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel sind der Anlass: Zum ersten Mal wird der Shimon-Peres-Preis für gemeinsame demokratische Vorhaben in Israel feierlich übergeben

von Alexander Riedel  01.12.2025

TV-Kritik

Viel Krawall und wenig Erkenntnis: Jan Fleischhauer moderiert im ZDF den Kurzzeitknast der Meinungen

Mit »Keine Talkshow - Eingesperrt mit Jan Fleischhauer« setzt das ZDF auf Clash-TV: ein klaustrophobisches Studio, schnelle Schnitte, Big-Brother-Momente und kontroverse Gäste - viel Krawall, wenig Erkenntnis

von Steffen Grimberg  24.11.2025

Teilnehmer des Mitzvah Day 2016 in Berlin

Tikkun Olam

»Ein Licht für die Welt«

Der Mitzvah Day 2025 brachte bundesweit Gemeinden, Gruppen und Freiwillige zu mehr als 150 Projekten zusammen

 23.11.2025

Hebraica

»Was für ein Buchschatz!«

Stefan Wimmer über die Münchner Handschrift des Babylonischen Talmuds als UNESCO-Weltkulturerbe

von Ayala Goldmann  23.11.2025

TV-Tipp

Oliver Masucci brilliert in dem Mehrteiler »Herrhausen - Der Herr des Geldes«

Biografischer Mehrteiler über Bankier Alfred Herrhausen

von Jan Lehr  17.11.2025

Amsterdam

Chanukka-Konzert im Concertgebouw kann doch stattfinden

Der israelische Kantor Shai Abramson kann doch am 14. Dezember im Amsterdamer Konzerthaus auftreten - allerdings nur bei zusätzlich anberaumten Konzerten für geladene Gäste

 13.11.2025