Armenier

Das G-Wort

von Benjamin Weinthal

Wann ist ein Genozid ein Genozid? Darüber ist in den USA ein heftiger Streit entbrannt, in den die Anti Defamation League (ADL) verwickelt ist. Begonnen hat alles damit, dass der Direktor der ADL, Abraham Foxman, eine Initiative des kalifornischen Kongressabgeordneten Adam Schiff nicht unterstützen wollte, den Mord an 1,5 Millionen Armeniern im Ersten Weltkrieg in einer Resolution offiziell als Genozid zu bezeichnen. Bereits im April sagte Foxman der Los Angeles Times: »Die Türken und Armenier müssen ihre Vergangenheit aufarbeiten. Die jüdische Gemeinde sollte nicht der Richter über solche Geschehnisse sein. Und ich finde, auch der US-Kongress sollte diese Rolle nicht einnehmen.«
Der Streit zwischen der ADL und der armenischen Gemeinde in den USA spitzte sich am 1. August zu, als armenischstämmige Bürger in Watertown (Massachusetts) wegen Foxmans Haltung ihre Mitarbeit in dem ADL-Toleranzprogramm »No Place for Hate« einstellen wollten. Der Stadtrat von Watertown, wo eine der größten armenischen Gemeinden der USA lebt, beschloss am 17. August, die Beziehungen zur ADL abzubrechen. Auch die jüdische Dachorganisation »Jewish Community Relations Council of Greater Boston« (JCRC) übte Druck auf Foxman aus. Die JCRC und über 20 ihrer Unterorganisationen unterzeichneten eine Petition gegen die Position Foxmans. Die Vorsitzende des JCRC, Nancy Kaufman, sagte der Jüdischen Allgemeinen: »Selbst wenn wir verstehen, dass das Verhältnis zwischen den USA und der Türkei sowie Israel und der Türkei schwierig ist, ist es wichtig, einen moralischen Standpunkt zu vertreten.« Auch der renommierte Harvard-Juraprofessor Alan Dershowitz kritisierte die ADL.
Mit der Entlassung von Andrew Tarsy, Regionaldirektor der ADL in Neu-England, hatte Foxman schließlich den Bogen überspannt. Nun hagelte es auch Angriffe aus den eigenen Reihen. Tarsy hatte die Weigerung Foxmans, von einem Genozid an den Armeniern zu sprechen, offen kritisiert. Nach dem öffentlichen Beschuss ruderte Foxman zurück. Am 21. August erklärte er vor der Presse: »Wir haben das Vorgehen des Osmanischen Reiches gegen die Armenier von 1915 bis 1918 schon immer als Massaker und Gräueltat bezeichnet. Wenn es das Wort Genozid damals schon gegeben hätte, wäre es Genozid genannt worden.« Auf Nachfrage bestätigt die ADL zudem, dass Tarsy am 27. August wieder eingestellt wurde.
Dennoch verteidigt Foxman seinen früheren Standpunkt weiterhin. Der Zeitschrift Forward sagte er: »Die Armenier sind nicht bedroht oder gefährdet. Israel ist bedroht und gefährdet, und die Beziehungen zwischen Israel und der Türkei sind lebendig und wichtig, das habe ich abzuwägen.« Auch die Sorge um die Sicherheit der Juden in der Türkei spielt für Foxman eine Rolle. Der Chefredakteur der Armenian Weekly News, Khatchig Mouradian, plädiert trotzdem dafür, dass die ADL einer Resolution des US-Kongresses nicht im Wege steht.

Terror

Hamas übergibt erneut Leichen an Rotes Kreuz

Die Hamas hat dem Roten Kreuz erneut Leichen übergeben. Ob es sich bei den sterblichen Überresten in drei Särgen wirklich um Geiseln handelt, soll nun ein forensisches Institut klären

 02.11.2025

Augsburg

Josef Schuster und Markus Söder bei Jubiläumsfeier von jüdischem Museum

Eines der ältesten jüdischen Museen in Deutschland feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen. Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben erinnert mit einer Ausstellung an frühere Projekte und künftige Vorhaben

 29.10.2025

Interview

»Wir sind für alle Soldaten da«

Shlomo Afanasev ist Brandenburgs erster orthodoxer Militärrabbiner. Am Dienstag wurde er offiziell ordiniert

von Helmut Kuhn  29.10.2025

Bayern

Charlotte Knobloch kritisiert Preisverleihung an Imam

Die Thomas-Dehler-Stiftung will den Imam Benjamin Idriz auszeichnen. Dagegen regt sich nicht nur Widerstand aus der FDP. Auch die 93-jährige Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Münchens schaltet sich nun ein

von Michael Thaidigsmann  29.10.2025

Jerusalem

Karin Prien in Yad Vashem: »Jedes Mal für mich erschütternd«

Bei ihrer Israel-Reise erinnert die Bildungsministerin an die Millionen Opfer des Holocaust. Der Moment berührt die CDU-Politikerin auch aus einem persönlichen Grund

von Julia Kilian  28.10.2025

Bildungsministerin

Karin Prien reist nach Israel

Die CDU-Ministerin mit jüdischen Wurzeln will an diesem Sonntag nach Israel aufbrechen. Geplant sind Treffen mit dem israelischen Bildungs- und Außenminister

 26.10.2025

München

Paul Lendvai: »Freiheit ist ein Luxusgut«

Mit 96 Jahren blickt der Holocaust-Überlebende auf ein Jahrhundert zwischen Gewalt und Hoffnung zurück. Besorgt zeigt er sich über die Bequemlichkeit der Gegenwart - denn der Kampf »gegen das Böse und Dumme« höre niemals auf

 21.10.2025

Abkommen

»Trump meinte, die Israelis geraten etwas außer Kontrolle«

Die Vermittler Steve Witkoff und Jared Kushner geben im Interview mit »60 Minutes« spannende Einblicke hinter die Kulissen der Diplomatie

von Sabine Brandes  20.10.2025

Washington

Trump droht Hamas mit dem Tod

Die palästinensische Terrororganisation will ihre Herrschaft über Gaza fortsetzen. Nun redet der US-Präsident Klartext

von Anna Ringle  16.10.2025