Interview

»Ein Akt der Gerechtigkeit«

Guntram Schneider Foto: Ralph Sondermann

Herr Schneider, Nordrhein-Westfalen bringt am Freitag im Bundesrat eine Initiative zu den sogenannten Ghettorenten ein. Was wollen Sie erreichen?
Wir fordern die sofortige rückwirkende Auszahlung von Renten an die Menschen, die in den nationalsozialistischen Ghettos gearbeitet haben. Die rot-grüne Bundesregierung hatte 2002 ein Gesetz durchgebracht, das die Auszahlung der Renten rückwirkend ab 1997 ermöglichte. Darüber gab es einen langen Streit, obwohl es doch um wichtige Gelder für diese Menschen geht. Dies ist ein Akt der Gerechtigkeit. Wir müssen deutlich machen, dass wir uns zu unserer Verantwortung bekennen.

Ihr Anliegen war von der SPD, den Grünen und den Linken erst jüngst in den Bundestag eingebracht worden – und gescheitert. Warum sind Sie dieses Mal optimistisch?
Es gibt eine rot-grüne Mehrheit im Bundesrat. Mit einer Initiative, die wir hier einbringen, wollen wir die für mich völlig inakzeptable Haltung der gegenwärtigen Parlamentsmehrheit aufbrechen. Auch gehe ich davon aus, dass nach der Bundestagswahl, also dem 22. September, die Verhältnisse dort anders sein werden.

Auch Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat jüngst Nachbesserungen bei den Ghettorenten gefordert. Gibt es da Unterschiede zu Ihrer Initiative?
Uns geht es um die ganz schnelle rückwirkende Auszahlung. Wenn Frau Leutheusser-Schnarrenberger auch dafür ist, begrüße ich das sehr. Es zeigt, dass es in der FDP noch Politiker gibt, die sich eine sozialliberale Haltung bewahrt haben.

Wie erklären Sie sich die Ablehnung seitens der Mehrheit der Regierungsparteien?
Ehrlich gesagt, ich verstehe sie nicht. Das Thema hat eine sehr hohe moralische Qualität. Es kann nicht sein, dass deutsche Politiker zwar immer wieder zu Gedenkstätten fahren, dass keine Israelreise ohne einen Yad-Vashem-Besuch durchgeführt wird, dass sie aber in der politischen Praxis keine Verantwortung übernehmen.

Besteht die Gefahr, dass die Ghettorenten zum Wahlkampfthema werden?
Nein, das darf nicht in den Parteienstreit. Wir wissen ja, dass die Mehrheit in der FDP anders denkt, und auch viele CDU-Abgeordnete sind für eine gerechte Lösung. Bei einer neuen Abstimmung müssten Union und FDP den Fraktionszwang aufheben.

Haben Sie schon aus dem Bundesrat Signale, wie sich Ihre Länderkollegen am Freitag verhalten werden?
Baden-Württemberg, das ja von Grün-Rot regiert wird, hat bereits erklärt, dass es sich uns anschließen wird, ebenso Bremen. Das gilt vermutlich auch für die anderen rot-grünen Regierungen. Und ich gehe davon aus, dass auch Länder mit einer Großen Koalition für unsere Initiative stimmen. Ich denke da an Thüringen oder das Saarland.

Mit dem nordrhein-westfälischen Arbeits- und Sozialminister sprach Martin Krauß.

Den Haag

Erste Entscheidung in Klage gegen Deutschland am Dienstag

Im Verfahren Nicaragua gegen Deutschland will der Internationale Gerichtshof am Dienstag seinen Beschluss zu einstweiligen Maßnahmen verkünden

 26.04.2024

Meinung

Steinmeier auf Kuschelkurs mit einem Terrorfreund

Der Bundespräsident untergräbt mit seiner Schmeichelei gegenüber Recep Tayyip Erdogan einmal mehr Deutschlands Staatsräson

von Nils Kottmann  26.04.2024

Berlin

»Menschen haben nach dem 7. Oktober ihr wahres Gesicht gezeigt«

Ahmad Mansour wundert sich nicht über die Schließung zweier Jugendzentren in Berlin

von Sophie Albers Ben Chamo  26.04.2024

Diplomatie

USA, Großbritannien und Kanada verhängen Sanktionen gegen Iran

Es handelt sich um eine Reaktion auf den iranischen Angriff auf Israel

 26.04.2024

USA

Antiisraelische Proteste an Unis: Abschlussfeier abgesagt

An der Ostküste werden mehr als hundert Festnahmen gemeldet

 26.04.2024

Berlin

Polizei verbietet antiisraelisches »Palästina-Protestcamp«

Die Teilnehmer hätten Straftaten begangen, darunter auch Volksverhetzung, sagt die Polizei

 26.04.2024

Köln

Wallraff-Preis für israelische und palästinensische Initiativen

Mit gemeinsamen Aktionen setzen sich »Women of the Sun« und »Women Wage Peace« für Frieden ein

 26.04.2024

Berlin/Gaza

Brief an Hersh Goldberg-Polin

Lieber Hersh, wir kennen uns nicht – und doch sind unsere Lebenswege verbunden ...

von Ruben Gerczikow  26.04.2024

Berlin

Zentralrat der Juden kritisiert deutsche UNRWA-Politik

Josef Schuster: »Die Bundesregierung tut sich mit dieser Entscheidung keinen Gefallen«

 26.04.2024