Erfurt

Gebet und Gesang

Für das Abraham Geiger Kolleg ist es schon ein kleines Jubiläum. Bereits zum fünften Mal seit seiner Gründung 1999 kann das liberale Institut in Potsdam Studenten zu Rabbinern und jetzt auch zu Kantoren ordinieren. Es sind dies der 30-jährige Alexander Nachama und der zehn Jahre ältere Adrian Michael Schell.

Darüber hinaus werden mit Isodoro Abramowicz und Nikola David zwei Kantoren in ihr Amt eingeführt. Der Festakt findet am 10. April in der Neuen Synagoge Erfurt statt. Unter den Gästen wird auch der Präsident der Union jüdischen Gemeinden in Polen, Piotr Kadlcik, sein. Am Abend wird im Rahmen eines feierlichen Konzerts Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) die Abraham-Geiger-Plakette an den Linken-Politiker Bodo Ramelow für seine Verdienste um das Abraham Geiger Kolleg verleihen.

Mit der Ordination geht für Alexander Nachama ein langer Wunsch in Erfüllung. Der aus einer berühmten Kantoren- und Rabbinerfamilie stammende gebürtige Frankfurter hatte sich zunächst zum Kantor ausbilden lassen und sein Studium 2008 mit dem Bachelor in Judaistik (Freie Universität Berlin) abgeschlossen.

In seiner Masterarbeit, die er in diesem Jahr an der Universität Potsdam einreichte, beschäftigte er sich mit dem Anzünden der Schabbatkerzen, Hadlakat Nerot. Der Sohn des Historikers und in Berlin amtierenden Rabbiners, Andreas Nachama, und Enkel des in Berlin legendären Kantors Estrongo Nachama ist seit November 2012 als Gemeinderabbiner für die Jüdische Gemeinde zu Dresden tätig. Sein Ordinationsspruch lautet: »Sei beherzt und tapfer, zage nicht und sei nicht ängstlich, denn der Ewige, dein Gott, ist mit dir, überall wohin du gehst« (Josua 1,9).

Jugendleiter Auch Adrian Michael Schell ist gebürtiger Frankfurter. Der 1973 Geborene ist hauptamtlicher Jugendleiter der Union progressiver Juden in Deutschland und gelernter Buchhändler. Schell hat vor seinem Studium der Religionswissenschaft und Jüdischen Studien in Potsdam zunächst im Buchhandel und dann beim Deutschen Taschenbuch Verlag in München gearbeitet.

Die Adoption von Kindern und die dazugehörigen halachischen Diskussionen ist das Thema seiner rabbinischen Abschlussarbeit. Seit gut einem Jahr betreut er die Jüdische Gemeinde Hameln, deren Rabbiner er nach seiner Ordination sein wird. Adrian Michael Schell hat sich den Psalm 80, 18 als Ordinationsspruch ausgesucht: »Lass deine Hand sein ob dem Manne deiner Rechten, dem Menschensohn, den du dir stark gemacht.«

Isidoro Abramowicz’ Wurzeln liegen in Argentinien. Seine temperamentvolle Art verzückte schon die Gemeinden in Niedersachsen, wo er unter anderem ein Praktikum in der Jüdischen Gemeinde zu Oldenburg absolvierte und den Gemeindechor in Schwung brachte.

Buenos Aires Abramowicz wurde 1972 in Buenos Aires geboren, ist verheiratet und hat eine kleine Tochter. Er studierte zunächst Musik an der Universidad Nacional de Buenos Aires, bevor er 2009 seine kantoralen Studien am Abraham Geiger Kolleg und im Masterstudiengang der Jüdischen Studien an der Universität Potsdam aufnahm.

Während seiner Ausbildung studierte er zwei Jahre am Hebrew Union College in Jerusalem und am Tel Aviv Cantorial Institute, das von Naftali Hershtik geleitet wird. In seiner Masterarbeit zum Thema »Das Frankfurter Kaddisch – Ein liturgischer Kalender« hat sich Abramowicz mit den Kaddischmelodien in der Tradition von Frankfurt am Main beschäftigt – einem Schatz von über 50 Melodien für die Liturgie eines ganzen Jahreszyklus’. Eine Pionierarbeit, da bislang noch keine wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu diesem Thema existieren. Sein Investiturspruch lautet: »Gott, höre mein Gebet, lausche den Sprüchen meines Mundes« (Psalm 54,4). Der Kantor wird höchstwahrscheinlich an eine Gemeinde im Ausland gehen, heißt es von Seiten des Abraham Geiger Kollegs.

»Singet dem Ewigen ein neues Lied, denn Wunderbares hat Er vollbracht, Seine Rechte half Ihm, der Arm Seiner Heiligkeit« (Psalm 98,1), hat sich Nikola David zum Investiturspruch erwählt. David wurde 1969 in Bela Crkva, Serbien, geboren. An der Musikakademie Novi Sad studierte er Gesang und Musikpädagogik. 1998 kam er mit einem Stipendium der Anni-Eisler-Lehmann-Stiftung nach Deutschland und absolvierte dann am Peter-Cornelius-Konservatorium der Stadt Mainz sein künstlerisches Aufbaustudium.

Liturgie Nikola David studierte seit 2008 am Abraham Geiger Kolleg. In seiner Bachelorarbeit zum Thema »Die Hymne Adon Olam« hat sich David mit der Bedeutung dieses traditionellen Schlussliedes in der jüdischen Gottesdienstliturgie und mit verschiedenen Vertonungen auseinander gesetzt. Nikola David unterstützt schon seit geraumer Zeit Rabbiner Henry G. Brandt in der Israelitischen Kultusgemeinde Schwaben-Augsburg und wird das nach seiner Investitur auch als Kantor weiter verfolgen.

Mit der Ordination in Erfurt sind insgesamt 19 Studenten des 1999 gegründeten Abraham Geiger Kollegs zu nichtorthodoxen Rabbinern- und Kantoren ordiniert worden. Mit Alina Treiger 2010 und Yael Deusel 2011 erhielten erstmals in Deutschland nach Regina Jonas 1942 zwei Frauen die Smicha.

Yuval Porat war der erste Kantor, den das Geiger Kolleg noch vor der offiziellen Eröffnung seines speziellen Kantorenseminars ausbildete. Abramowicz und David sind die ersten beiden originär am Seminar des Kollegs ausgebildeten Kantoren. Zwölf der Geiger-Absolventen amtieren in deutschen Gemeinden, sieben im Ausland, unter anderem in Kapstadt, Johannisburg, Paris und Los Angeles.

Sachsen

Landesbeauftragter: Jüdisches Leben auch in Sachsen gefährdet

Die Hemmschwelle, in eine Synagoge zu gehen, sei größer geworden, sagt Thomas Feist (CDU)

 25.04.2024

Pessach

Vertrauen bewahren

Das Fest des Auszugs aus Ägypten erinnert uns daran, ein Leben in Freiheit zu führen

von Charlotte Knobloch  22.04.2024

Pessach

Das ist Juden in Deutschland dieses Jahr am wichtigsten

Wir haben uns in den Gemeinden umgehört

von Christine Schmitt, Katrin Richter  22.04.2024

Bayern

Gedenkveranstaltung zur Befreiung des KZ Flossenbürg vor 79 Jahren

Vier Schoa-Überlebende nahmen teil – zum ersten Mal war auch der Steinbruch für die Öffentlichkeit begehbar

 21.04.2024

DIG

Interesse an Israel

Lasse Schauder über gesellschaftliches Engagement, neue Mitglieder und die documenta 15

von Ralf Balke  21.04.2024

Friedrichshain-Kreuzberg

Antisemitische Slogans in israelischem Restaurant

In einen Tisch im »DoDa«-Deli wurde »Fuck Israel« und »Free Gaza« eingeritzt

 19.04.2024

Pessach

Auf die Freiheit!

Wir werden uns nicht verkriechen. Wir wollen uns nicht verstecken. Wir sind stolze Juden. Ein Leitartikel zu Pessach von Zentralratspräsident Josef Schuster

von Josef Schuster  19.04.2024

Sportcamp

Tage ohne Sorge

Die Jüdische Gemeinde zu Berlin und Makkabi luden traumatisierte Kinder aus Israel ein

von Christine Schmitt  18.04.2024

Thüringen

»Wie ein Fadenkreuz im Rücken«

Die Beratungsstelle Ezra stellt ihre bedrückende Jahresstatistik zu rechter Gewalt vor

von Pascal Beck  18.04.2024