Braunschweig/Wolfsburg

Zwischen Harz und Heide

Gemeinsam für die Region Foto: Erwin Klein

»Es gibt in der Region zwischen Harz und Heide drei Persönlichkeiten von weltgeschichtlicher Bedeutung: Heinrich den Löwen, Kaiser Otto IV. und Israel Jacobson. Die ersten beiden sind gut bekannt, über Jacobson wissen auch die Einheimischen nur wenig.« Ein wenig provokant formuliert Jörg Munzel, Vorstandsmitglied des Israel-Jacobson-Netzwerks, das Ziel einer Studie über die »Möglichkeiten der touristischen Vermarktung der jüdischen Kultur der Region Braunschweig – Wolfsburg«.

Es geht dabei nicht nur um die Zeit von 1933 bis 1945, sondern in erster Linie um die weit zurückreichende Vergangenheit, und es geht ganz praktisch auch um wirtschaftliche Möglichkeiten. Heinz-Dieter Quack von der Ostfalia-Hochschule, der die Studie erstellte, beziffert das unmittelbare jährliche Umsatzpotenzial auf über acht Millionen Euro.

Die Region ist Ursprung des Reformjudentums und hat einzigartige jüdische Zeugnisse und Persönlichkeiten vorzuweisen.

Die Region sei schließlich Ursprung des Reformjudentums und habe mit Israel Jacobson und der von ihm gestifteten »Religions- und Industrieschule« in Seesen einzigartige Zeugnisse und Persönlichkeiten vorzuweisen. Diese Zeugnisse wolle man zu einem touristischen Angebot ausbauen und vernetzen. Noa Lerner, Expertin für jüdische Reisen, bestärkt die Idee: »Es gibt besonders in den USA und in Israel großes Interesse an der jüdischen Vergangenheit in Deutschland.«

Heimatkunde Renate Wagner-Redding, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Braunschweig, unterstreicht die Bedeutung der Kenntnis der heimischen jüdischen Geschichte. »Wenn ich mit Schulklassen zusammenkomme, höre ich immer wieder, dass es Juden nur von 1933 bis 1945 gab. Was davor und danach war, ist oft unbekannt.« Sie sieht großen Nachholbedarf, dem die Tourismusinitiative abhelfen könne. Ein weiterer Schwerpunkt ist im kommenden Jahr das Gedenken an 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland.

Jüdische Stätten bekannter zu machen, so Heinz-Dieter Quack, habe auch Auswirkungen auf die heimische Bevölkerung. »Durch steigende Besucherzahlen wächst automatisch das Interesse der Einheimischen für die Stätten, wegen der die Besucher herkommen.« Erwünschter und erhoffter Nebeneffekt seien mehr Wissen und mehr Toleranz. Oder, wie es der Präsident des Israel-Jacobson-Netzwerkes, Ulrich Knufinke, formuliert: »Antisemitismus ist nicht durch Verbote zu überwinden.«

Das Faltblatt »Jüdische Orte zwischen Harz und Heide« wurde überarbeitet und stellt 59 jüdische Orte der Region vor. Die Online-Version wurde informativer und benutzerfreundlicher gestaltet. Daneben gibt es den Merian-Guide »Jüdische Kultur und Geschichte in der Region Braunschweig – Wolfsburg«.

Besichtigungsangebot Als Nächstes sollen – trotz Corona – konkrete Reise- und Besichtigungsangebote erstellt werden. Noa Lerner ist optimistisch: »Es gibt einen klaren Trend zum Urlaub im eigenen Land und zu Reisen in die nähere Umgebung.« Davon könnte die Region zwischen Harz und Heide besonders profitieren, da sie neben der reichhaltigen jüdischen Vergangenheit auch Naturschönheiten wie den Harz vorweisen kann.

»Ein Problem bleibt aber«, sagt Jörg Munzel, »vieles von der jüdischen Vergangenheit ist verschwunden. Es gibt relativ wenig unmittelbar anzusehen und nachzuempfinden.« Die Lösung: »Extended Reality«. Digital sollen über das Smartphone ehemalige Stätten zu neuem Leben erweckt werden. »Das sind spannende Entwicklungen, die ein ganz anderes Erleben vor Ort ermöglichen können.« Dadurch würden auch neue Interessentengruppen erschlossen – vor allem Jüngere und Technikaffine.

Berlin

Ein streitbarer Intellektueller

Der Erziehungswissenschaftler, Philosoph und Publizist Micha Brumlik ist im Alter von 78 Jahren gestorben. Ein persönlicher Nachruf

von Julius H. Schoeps  11.11.2025

Hannover

Ministerium erinnert an 1938 zerstörte Synagoge

Die 1938 zerstörte Neue Synagoge war einst mit 1.100 Plätzen das Zentrum des jüdischen Lebens in Hannover. Heute befindet sich an dem Ort das niedersächsische Wissenschaftsministerium, das nun mit Stelen an die Geschichte des Ortes erinnert

 10.11.2025

Chidon Hatanach

»Wie schreibt man noch mal ›Kikayon‹?«

Keren Lisowski hat die deutsche Runde des Bibelquiz gewonnen. Jetzt träumt sie vom Finale in Israel

von Mascha Malburg  10.11.2025

München

Gelebte Verbundenheit

Jugendliche engagieren sich im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes in den Einrichtungen der Israelitischen Kultusgemeinde

von Esther Martel  09.11.2025

Sport

»Die Welt spielt gerade verrückt«

Alon Meyer über seine Wiederwahl zum Makkabi-Präsidenten in ganz besonderen Zeiten, den enormen Mitgliederzuwachs und die Zukunft des jüdischen Sportvereins

von Helmut Kuhn  09.11.2025

Erlangen

Bald ein eigenes Zuhause

Nach jahrzehntelanger Suche erhält die Jüdische Kultusgemeinde ein Grundstück für den Bau einer Synagoge

von Christine Schmitt  09.11.2025

Erinnerung

Den alten und den neuen Nazis ein Schnippchen schlagen: Virtuelle Rundgänge durch Synagogen

Von den Nazis zerstörte Synagogen virtuell zum Leben erwecken, das ist ein Ziel von Marc Grellert. Eine Internetseite zeigt zum 9. November mehr als 40 zerstörte jüdische Gotteshäuser in alter Schönheit

von Christoph Arens  09.11.2025

Hanau

Greifbare Geschichte

Ein neues 3D-Denkmal zeigt die alte Judengasse der hessischen Stadt

von Eugen El  09.11.2025

Potsdam

Mehr Geld für jüdische Gemeinden in Brandenburg

Brandenburg erhöht seine Förderung für jüdische Gemeinden auf 1,2 Millionen Euro

 09.11.2025