Rostock

Zwei Welten

Einblick: jüdisches Leben in Rostock Foto: Frank Hormann/ nordlicht

Als Jude in der DDR Traditionen auszuleben, gestaltete sich schwierig. Besonders in einem Flächenland wie Mecklenburg-Vorpommern. Gerade einmal 100 Überlebende der NS-Zeit taten sich nach 1945 zusammen, um im Nordosten wieder eine Gemeinschaft zu bilden. Dieses schwierige Unterfangen in einem Staat, in dem Religionen verpönt waren, spiegelt eine neue Ausstellung im Max-Samuel-Haus in Rostock wider.

Für die haben Jascha Lena Jennrich und Ulf Heinsohn ein Jahr recherchiert und Zeitzeugen aufgetrieben. »Leider sind die meisten, die sich für jüdisches Gemeindeleben in Mecklenburg-Vorpommern eingesetzt haben, verstorben«, sagt Kuratorin Jennrich. Dafür habe sie von deren Kindern Alltagsgeschichten erfahren.

Tarnungen Etwa über Ursula Hoffmann, die zwar lange in Berlin lebte, sich aber für das Rostocker Gemeindeleben starkmachte, wie Besucher der Ausstellung in alten Filmaufnahmen erfahren. Ihre Tochter erzählt von als Kaffeegebäck getarnter Mazze, berichtet aber auch, dass ganz normal Weihnachten gefeiert wurde. Ein Doppelleben, das bei fast allen DDR-Juden existierte, wie Jennrich, Studentin und Mitarbeiterin des Max-Samuel-Hauses, herausfand. »Da die DDR atheistisch war, wurden viele jüdische Kinder konfessionslos erzogen.«

Juden waren über ganz Mecklenburg-Vorpommern verstreut, die einzige Gemeinde existierte in Schwerin. Schautafeln führen in das große Schaffen des Kantors Alfred Scheidemann ein, der in der Landeshauptstadt bis Anfang der 70er-Jahre Gottesdienste hielt und das Gemeindeleben vorantrieb. Als er 1972 starb, war die Gemeinde überaltert. »Eben weil der Nachwuchs selten mit der jüdischen Religion in Berührung gebracht wurde«, erklärt Jascha Lena Jennrich.

Stasi Ein Spitzel der Stasi als Nachfolger Scheidemanns und die anhaltende Nichtbeachtung der Juden durch die DDR-Führung schwächte den jüdischen Zusammenhalt. Bis sich die DDR Ende der 80er-Jahre der jüdischen Geschichte öffnete – angeblich, um Parteichef Erich Honecker eine ersehnte Auslandsreise ins Weiße Haus zu ermöglichen. Das erstarkte Gemeindeleben nach der Wende mit 1600 Juden in Mecklenburg-Vorpommern und zwei Gemeinden – Schwerin und Rostock – setzt den Schlusspunkt der Ausstellung.

Teilnehmer des Mitzvah Day 2016 in Berlin

Tikkun Olam

»Ein Licht für die Welt«

Der Mitzvah Day 2025 brachte bundesweit Gemeinden, Gruppen und Freiwillige zu mehr als 150 Projekten zusammen

 23.11.2025

München

Nicht zu überhören

Klare Botschaften und eindrucksvolle Musik: Die 39. Jüdischen Kulturtage sind eröffnet

von Esther Martel  23.11.2025

Berlin

Gegen den Strom

Wie der Ruderklub »Welle-Poseidon« in der NS-Zeit Widerstand leistete und bis heute Verbindung zu Nachfahren seiner jüdischen Mitglieder pflegt

von Alicia Rust  23.11.2025

Porträt

Glücklich über die Befreiung

Yael Front ist Dirigentin, Sängerin, Komponistin und engagierte sich für die Geiseln

von Alicia Rust  22.11.2025

Berufung

Schau mal, wer da hämmert

Sie reparieren, organisieren, helfen – und hören zu: Hausmeister von Gemeinden erzählen, warum ihre Arbeit als »gute Seelen« weit mehr ist als ein Job

von Christine Schmitt  21.11.2025

Mitzvah Day

Im Handumdrehen

Schon vor dem eigentlichen Tag der guten Taten halfen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Zentralrats bei der Berliner Tafel, Lebensmittel zu prüfen

von Sören Kittel  20.11.2025

Interview

»Selbst vielen Juden ist unsere Kultur unbekannt«

Ihre Familien kommen aus Marokko, Libyen, Irak und Aserbaidschan. Was beschäftigt Misrachim in Deutschland? Ein Gespräch über vergessene Vertreibungsgeschichten, sefardische Synagogen und orientalische Gewürze

von Joshua Schultheis, Mascha Malburg  20.11.2025

Sachsen-Anhalt

Judenfeindliche Skulptur in Calbe künstlerisch eingefriedet

Die Kunstinstallation überdeckt die Schmähfigur nicht komplett. Damit soll die Einfriedung auch symbolisch dafür stehen, die Geschichte und den immer wieder aufbrechenden Antisemitismus nicht zu leugnen

 19.11.2025

Berlin

450 Einsatzkräfte schützen jüdische Einrichtungen

Zudem seien im laufenden Jahr zwei Millionen Euro in bauliche Sicherheitsleistungen für jüdische Einrichtungen investiert worden sowie 1,5 Millionen Euro in mobile Sicherheitsleistungen für jüdische Gemeindeeinrichtungen

 19.11.2025