Pride Shabbat

Zeichen der Sichtbarkeit

Bunte Kippa vor der Synagoge Fraenkelufer Foto: Joshua Schultheis

Die Synagoge Fraenkelufer war bis auf den letzten Platz besetzt. So groß war der Andrang, dass einige den Gebeten und Gesängen an diesem Freitagabend sogar auf dem Flur lauschen mussten. Während ein paar Kinder fröhlich ein und aus gingen, feierten die auffallend bunt gekleideten Gäste in ausgelassener Stimmung den Schabbat, genauer: den Pride Shabbat.

Einmal im Jahr steht nicht nur ganz Berlin, sondern auch die jüdische Gemeinschaft der Stadt im Zeichen des Regenbogens. Immer am Tag vor dem Christopher Street Day (CSD), einer Demonstration für die Rechte der LGBTIQ-Community, feiert der jüdisch-queere Verein »Keshet Deutschland« seinen Pride Shabbat in Berlin. Vor vier Jahren das erste Mal, auch damals in der Synagoge Fraenkelufer. Vergangenen Freitag ist Keshet daher in gewissem Sinne zu seinen Wurzeln zurückgekehrt.

Zukunft Nicoleta Mena vom Keshet-Vorstand ist sehr zufrieden mit dem Abend. »Die Durchmischung der Gäste war sehr schön: zu einem Teil Keshet-Mitglieder, zum zweiten Teil Unterstützende und zum dritten einfache Gemeinde-Mitglieder.« Mena ist extra aus München angereist, um am Pride Shabbat in Berlin teilzunehmen. »In Zukunft hoffen wir, auch in anderen Städten ähnlich große Veranstaltungen machen zu können.« Die meisten Mitglieder lebten jedoch in Berlin, auch weil hier besonders viele Synagogen seien, die queere Menschen akzeptierten.

»Wenn man jüdisch und LGBTIQ in Deutschland ist, muss man sich immer fragen, wie offen kann ich sein, wie willkommen bin ich in meiner Gemeinde?«, erzählt Mena. Andererseits erlebe man als Jude beziehungsweise Jüdin in queeren Kontexten ebenfalls Diskriminierung.

In diesem doppelten Spannungsfeld bewegt sich der Verein Keshet Deutschland, der 2018 in Berlin gegründet wurde. Die Akzeptanz queerer Jüdinnen und Juden in den Gemeinden zu erhöhen, ist eines seiner Ziele: »Wir wollen die Rechte von und den Umgang mit queeren jüdischen Menschen in Deutschland fördern und ein offenes queeres Leben sowie queere Familien in jüdischen Gemeinden selbstverständlich machen«, schreibt die Gruppe in ihrem Selbstverständnis. Eine weitere Aufgabe sieht Keshet darin, Antisemitismus in der LGBTIQ-Community entgegenzuwirken.

Vision Mittlerweile sind es etwa 250 Mitglieder, die sich in mehreren Regionalgruppen für die Umsetzung dieser Vision einsetzen.
Pride Shabbat und CSD sind jedoch nicht nur eine Feier der Vielfalt, sondern auch politische Veranstaltungen. In der Synagoge Fraenkelufer wurde daher auch das neue Selbstbestimmungsgesetz der Bundesregierung thematisiert, dessen Verabschiedung noch auf sich wartet. »Das Gesetz ist für die LGBTIQ-Community und für Keshet sehr bedeutsam«, erzählt Mena. »Wir finden es richtig, dass jede Person selbst entscheiden darf, wie sie sich identifiziert.«

Am Freitagabend ging es weiter mit einem üppigen Abendessen, viel Gesang und Gesprächen sowie dem einen oder anderen Glas Wein. Von dem schlechten Wetter ließen sich die Gäste ihre gute Stimmung nicht vermiesen. Tags darauf stellte Keshet eine eigene Laufgruppe auf dem CSD, um dort zu zeigen, wie divers die jüdische Gemeinschaft ist. Etwa eine halbe Million Menschen nahmen an der Demonstration teil, die dieses Jahr unter dem Motto »Be their voice – and ours! … für mehr Empathie und Solidarität!« stand. Eine Botschaft, die auch den Keshet-Mitgliedern aus der Seele gesprochen haben dürfte.

B’nai B’rith

»Wie eine große Familie«

Delegierte aus 20 Ländern kamen zusammen, um sich eine neue Organisationsstruktur zu geben

von Ralf Balke  03.11.2025

Berlin

Jüdische Gemeinde erinnert an November-Pogrome

Zum 87. Jahrestag der NS-November-Pogrome von 1938 werden am Sonntag ganztägig die Namen der im Holocaust ermordeten Berliner Jüdinnen und Juden vorgelesen. Bei einem Gedenken am Abend wird Berlins Regierender Bürgermeister sprechen

 03.11.2025

Gedenkstätten

Gedenkzeichen für jüdische Ravensbrück-Häftlinge

Zur feierlichen Enthüllung werden unter anderem Zentralratspräsident Josef Schuster, die brandenburgische Kulturministerin Manja Schüle (SPD) und der Beauftragte für Erinnerungskultur beim Kulturstaatsminister, Robin Mishra, erwartet

 03.11.2025

Porträt der Woche

Zufluchtsort Musik

Naomi Shamban ist Pianistin, lebt in Dresden und hat eine Schwäche für Märchenfilme

von Alicia Rust  03.11.2025

Wittenberg

Judaistin kuratiert Bildungsort zur Schmähplastik

Die Darstellung der sogenannten »Judensau« an der Wittenberger Stadtkirche, der früheren Predigtkirche des Reformators Martin Luther (1483-1546), gehört in Deutschland zu den bekanntesten antisemitischen Darstellungen des Mittelalters

 02.11.2025

Hund, Katze & Co

Beste Freunde

Wenn Tiere Familie werden: Gemeindemitglieder erzählen vom leisen oder lauten Glück, mit Vierbeinern zu leben

von Christine Schmitt  02.11.2025

Berlin

Parfüm mit Geschichte

Das israelische Label Zielinski & Rozen stellte seine Duftkollektion vor, die 1905 in Jaffa kreiert wurde

von Alicia Rust, Erez Zielinski Rozen, Gemeinde Berlin, Parfüm  02.11.2025

Feier

Zusammenhalt und Zuversicht

Die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern lud zum Neujahrsempfang in den Hubert-Burda-Saal

von Esther Martel  02.11.2025

Auszeichnung

Die Frau mit den Blumen

Zwei Jahre lang ging Karoline Preisler auf anti-israelische Demonstrationen, um auf das Schicksal der Geiseln aufmerksam zu machen. Jetzt erhält sie den Paul-Spiegel-Preis des Zentralrats der Juden

von Michael Thaidigsmann  02.11.2025