Engagement

»Wann, wenn nicht jetzt«

Im vergangenen Jahr waren etwa 2500 Menschen auf den Beinen, in diesem Jahr werden mehrere Tausend erwartet. Foto: Mitzvah Day

Kinder und Jugendliche helfen auf einem Bauernhof beim Reinigen der Ställe. Andere singen und backen für alte Menschen oder kümmern sich um jüdische Friedhöfe. Und manche Kinder wollen Briefe an Menschen in Israel schreiben, die von dem verheerenden Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober betroffen sind.

An diesem Sonntag ist der internationale jüdische »Tag der guten Taten«, der Mitzvah-Day. Rund um diesen Sonntag stellen Kinder, Jugendliche und Erwachsene in vielen Ländern Aktionen auf die Beine - mit dem Ziel, die Welt gemeinsam ein bisschen besser zu machen, was ein zentrales Gebot (»Mitzvah«) im Judentum ist.

»Wann, wenn nicht jetzt«, sagt Marat Schlafstein, Referent für Jugend und Gemeinden beim Zentralrat der Juden in Deutschland. Er denkt dabei vor allem an die Lage in Israel und zugleich auch an ukrainische Geflüchtete, die von jüdischen Gemeinden hierzulande aufgenommen wurden. »Liebe deinen nächsten wie dich selbst« ist in diesem Jahr das Motto - und natürlich ein Kernsatz der Thora, wie Schlafstein betont.

Bekanntlich fängt die Verbesserung der Welt damit an, in der eigenen unmittelbaren Umgebung etwas zu tun. Dafür soll der Aktionstag, den der Zentralrat 2012 in Deutschland eingeführt hat, das Bewusstsein schärfen. Und auch anregen, sich über den Tag hinaus weiter zu engagieren. »Mitzvah-Day sollte grundsätzlich jeden Tag sein«, sagt Schlafstein.

»Angemeldet sind 60 Aktionen bundesweit, nicht nur von Jüdinnen und Juden«, berichtet der Referent. So machten beispielsweise auch Sinti und Roma mit. Vereinzelt engagierten sich private Gruppen, aber vor allem Jugendzentren, Studierende, Gemeinden, Vereine, Kitas und Schulen. Im vergangenen Jahr waren nach Veranstalterangaben etwa 2500 Menschen auf den Beinen, in diesem Jahr werden mehrere Tausend erwartet.

»Den Menschen ist es wichtig, sich in der Gemeinschaft zu engagieren.« Wer etwas für Senioren und Menschen mit Behinderung tue, sende die Botschaft aus: »Ihr seid nicht allein, wir denken an euch«, erklärt Schlafstein. Neben dem sozialen Aspekt stehen seit Jahren Umwelt- und Klimaschutz ganz oben. Erst im vergangenen Jahr pflanzten in Berlin zum Beispiel Mitarbeitende des Zentralrats gemeinsam mit Geflüchteten aus der Ukraine 1000 Bäume.

Zum ersten Mal machten auch Schülerinnen und Schüler der Berliner John-F.-Kennedy-Schule mit - und zwar schon im Laufe der Woche. Initiatorin war die jüdische Religionslehrerin Sarit Friedman, und nach ihren Angaben beteiligten sich auch Lehrkräfte für katholische und evangelische Religion. »Es ist meine Aufgabe, den Schülern zu vermitteln, dass Helfen andere Menschen und einen selbst glücklich macht«, sagt Friedman.

Zum Beispiel wurden 140 gebastelte Herzen und Schokoriegel an Ärzte, Pfleger und Reinigungskräfte eines Berliner Krankenhauses als Dank für ihre Arbeit verteilt, was auf große Freude gestoßen sei, so Friedman. Die Lehrerin sagt, dass Kinder und Jugendliche der Schule sich auch außerhalb des Mitzvah-Day ehrenamtlich engagierten, zum Beispiel in einem Seniorenwohnheim.

Der Mitzvah-Day findet in diesem Jahr in einer Zeit statt, in der die Zahl antisemitisch motivierter Straftaten und Vorfälle sprunghaft gestiegen ist, nicht nur in Deutschland. Seit dem Angriff der Hamas hat das Bundeskriminalamt mehr als 2700 Straftaten mit Bezug zu Nahost erfasst. Auf Hauswände gesprühte Davidsterne, Parolen auf propalästinensischen Demonstrationen und Aggressionen tragen zu Verunsicherung und Angst in der jüdischen Gemeinschaft bei.

»Wir sehen, dass Projekte in diesem Jahr vermehrt in geschlossenen Räumen stattfinden sollen«, sagt Schlafstein dazu. Wer beim Mitzvah-Day mitmacht, trägt oft ein grünes T-Shirt mit einer entsprechenden Aufschrift. Um damit nicht allzu sehr aufzufallen, sei davon auszugehen, dass viele Teilnehmende die T-Shirts im Freien wohl lieber verstecken würden. »Wir sind sehr froh, dass angesichts der allgemeinen Verunsicherung in diesem Jahr sogar noch mehr Aktionen angemeldet wurden als 2022.«

Menschen, die Jüdinnen und Juden, Synagogen und andere Einrichtungen beschützen, sollen ebenfalls mit kleinen Ideen bedacht werden, wie Schlafstein ankündigt: In Kitas werde für Sicherheitskräfte gebacken - »einfach, um Danke zu sagen«.

Immobilie

Das jüdische Monbijou

Deutschlands derzeit teuerste Villa auf dem Markt steht auf Schwanenwerder und soll 80 Millionen Euro kosten. Hinter dem Anwesen verbirgt sich eine wechselvolle Geschichte

von Ralf Balke  28.12.2025

Geburtstag

»Der Tod war etwas Gegebenes«

Der Holocaust-Überlebende Leon Weintraub wird am 1. Januar 100 Jahre alt

von Gabriele Ingenthron  28.12.2025

Dating

Auf Partnersuche

Matchmaking mit Olami Germany – ein Ortsbesuch

von Jan Feldmann  23.12.2025

München

Ein kraftvolles Statement

Beim Gemeindewochenende nahmen zahlreiche Mitglieder an Diskussionen, Workshops und Chanukka-Feierlichkeiten teil

von Esther Martel  23.12.2025

Erfurt

Die Menschen halfen einander

Pepi Ritzmann über ihre Kindheit in der Gemeinde, ihre Familie und Antisemitismus. Ein Besuch vor Ort

von Blanka Weber  22.12.2025

Didaktik

Etwas weniger einseitig

Das Israel-Bild in deutschen Schulbüchern hat sich seit 2015 leicht verbessert. Doch der 7. Oktober bringt neue Herausforderungen

von Geneviève Hesse  22.12.2025

In eigener Sache

Die Jüdische Allgemeine erhält den »Tacheles-Preis«

WerteInitiative: Die Zeitung steht für Klartext, ordnet ein, widerspricht und ist eine Quelle der Inspiration und des Mutes für die jüdische Gemeinschaft

 24.12.2025 Aktualisiert

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Aufgegabelt

Apfel-Beignets

Rezept der Woche

von Katrin Richter  20.12.2025