Ehrung

Vorbilder für Mehrfachidentität

Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann (l.) überreicht dem Grünen-Politiker Cem Özdemir die Urkunde. Foto: Rafael Herlich

Geschichte, Gegenwart und Zukunft trafen am Sonntagvormittag aufeinander. In der Frankfurter Paulskirche, die als Wiege der deutschen Demokratie gilt, erhielt der Grünen-Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir den nach Ignatz Bubis benannten, seit 2001 alle drei Jahre verliehenen Preis für Verständigung.

Zahlreiche Gäste aus Politik, Wissenschaft, Kultur und Stadtgesellschaft, unter ihnen Ida Bubis, hörten eine kämpferische Laudatio der schleswig-holsteinischen Landtagsabgeordneten Aminata Touré (Bündnis 90/Die Grünen).

Die 1992 geborene Politikerin nannte Cem Özdemir ihr Vorbild. Sie würdigte seine Vehemenz, Klarheit und rhetorischen Fähigkeiten. Touré beschrieb, wie sehr Özdemirs politisches Engagement sie beeindruckt habe, wie wichtig es für sie gewesen sei, dass ein Mensch mit Migrationsgeschichte eine wichtige deutsche Partei leitete. Oft habe in der deutschen Politik diese Perspektive gefehlt, sagte Touré und mahnte, in der aktuellen Migrationsdebatte die Perspektive der Betroffenen zu berücksichtigen.

Demokratiefeinde Mehrfach ging Touré auf die Bedrohungen ein, mit denen die liberale Demokratie heute konfrontiert ist. Sie betonte, wie wichtig der Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus ist. Die Gesellschaft wehrhaft gegen Demokratiefeinde zu machen, sei die Aufgabe aller Bürger. Sie wünsche sich mehr Menschen mit Haltung, die »aufstehen und dagegenhalten«.

Touré plädierte für eine menschlichere, emotionalere Politik, die die Konsequenzen ihrer Entscheidungen für das Leben der Menschen mitbedenkt. Bubis und Özdemir seien für sie Vorkämpfer für die Normalität von Mehrfachidentitäten. Bubis habe sich dafür eingesetzt, dass Deutsch- und Jüdischsein kein Widerspruch ist. »Du zeigst, dass Deutsch- und Türkischsein kein Widerspruch ist«, wandte sich Touré, an Özdemir. Sie kämpfe dafür, dass dies auch für das Afrodeutschsein gelte.

Paulskirche Nach der Preisverleihung durch Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) fand auch Cem Özdemir kämpferische Worte. Er würdigte die Paulskirche als »wichtiges Symbol für ein freies, demokratisches Deutschland«. Er wolle die Symbole des freiheitlichen Staates, wie etwa die schwarz-rot-goldene Fahne, nicht den Feinden der Demokratie überlassen.

Immer wieder betonte Özdemir, wie wichtig Erinnerung ist. Integration bedeute, dass man die Vergangenheit dieses Landes annehme, sagte er. Deshalb könne man es nicht hinnehmen, dass das Existenzrecht Israels infrage gestellt wird. Antisemitische Vorfälle, wie etwa die jüngsten Angriffe auf Rabbiner, bezeichnete Özdemir als »furchtbare Schande für unser Land und für jeden von uns«. Alle Formen des Antisemitismus gehörten entschieden bekämpft, sagte der 53-jährige Grünen-Politiker und forderte: »Wir Nichtjuden müssen die Proteste gegen den Antisemitismus in die Hand nehmen.«

Solingen und Ignatz Bubis haben Cem Özdemirs Weg in die Bundespolitik bestimmt.

Özdemir erinnerte an Ignatz Bubis’ Auftritt nach dem rassistischen Mordanschlag in Solingen 1993 in den »Tagesthemen«: »Er schaffte es, dieses Land zu einen und wurde nebenbei zum Sprecher der türkischen Community in Deutschland.« Solingen und Bubis hätten seinen Weg in die Bundespolitik bestimmt, sagte Özdemir, der 1994 als erster Abgeordneter türkischer Herkunft in den Bundestag gewählt wurde. Mit einem Aufruf, die Zukunft zu gestalten, schloss Özdemir seine engagierte Dankesrede.

Debatte

Neue Leitlinie zum Umgang mit NS-Raubgut für Museen und Bibliotheken

In Ausstellungshäusern, Archiven und Bibliotheken, aber auch in deutschen Haushalten finden sich unzählige im Nationalsozialismus entzogene Kulturgüter. Eine neue Handreichung soll beim Umgang damit helfen

von Anne Mertens  27.11.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 27. November bis zum 3. Dezember

 27.11.2025

Mitzvah Day

Grünes Licht

Jüdische Gemeinden und Gruppen gestalteten deutschlandweit den Tag der guten Taten

von Katrin Richter  27.11.2025

Düsseldorf

Cooler Kick

Beim Ilan Fiorentino Cup kamen im Gedenken an Spieler aus dem Kibbuz Nahal Oz Israelis, Exil-Iraner und das NRW-Landtagsteam zu einem Freundschaftsturnier zusammen

von Jan Popp-Sewing  27.11.2025

München

Uschi Glas: Christen müssen jüdische Mitbürger schützen

Uschi Glas mahnt Christen zum Schutz von Juden. Sie warnt vor neuer Ausgrenzung und erinnert an eigene Erfahrungen nach dem Krieg. Was sie besonders bewegt und warum sie sich Charlotte Knobloch verbunden fühlt

von Hannah Krewer  27.11.2025

Berlin

Es braucht nur Mut

Das Netzwerk ELNET hat zwei Projekte und einen Journalisten für ihr Engagement gegen Antisemitismus ausgezeichnet. Auch einen Ehrenpreis gab es

von Katrin Richter  26.11.2025

Feiertage

Chanukka-Geschenke für Kinder: Augen auf beim Kauf

Gaming-Konsole, Teddybär oder Carrera-Bahn - Spielzeug dürfte bei vielen Kindern auf dem Wunschzettel stehen. Worauf zu achten ist - und wann schon der Geruch stutzig machen sollte

 26.11.2025

Orange Day

Palina Rojinski spricht über Gewalt in früherer Beziehung

Wie viele Frauen hat auch die Moderatorin einst in einer Beziehung Gewalt durch ihren Partner erfahren. Darüber spricht sie nun auf Instagram. Sie will anderen Mut machen, sich Hilfe zu holen

 25.11.2025

Entscheidung

Berlin benennt Platz nach Margot Friedländer

Jahrzehntelang engagierte sich die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer für Aussöhnung. Nun erfährt die Berlinerin nach ihrem Tod eine besondere Ehrung

 26.11.2025 Aktualisiert