Würzburg

Voneinander erfahren

Klettern mit dem Rad? Kein Problem für die Jugendlichen. Foto: Stefan W. Römmelt

Vor dem Hochseilgarten Frankenturm liegen 16 Mountainbikes. Mit den Rädern sind deutsche und israelische Schülerinnen und Schüler in das neun Kilometer von Würzburg entfernte Eibelstadt gefahren. Sie nehmen am »Bilateralen Jugend-Fahrradaustausch« zwischen dem Würzburger Friedrich-Koenig-Gymnasium und dem zwischen Haifa und Nazareth gelegenen Jugenddorf Ramat Hadassah teil. Organisiert hat die Veranstaltung die »Kinder- und Jugend-Aliyah«, ein in Frankfurt ansässiger Verein, der seit Jahrzehnten Austausch- und Bildungsprojekte in Deutschland und Israel koordiniert.

Während die Jugendlichen auf den zwei Ebenen des Hochseilgartens ihren Spaß haben, sagt Semir Kamhawi: »Wir sind froh, dass es vor den bayerischen Sommerferien geklappt hat.« Der Lehrer für Sport und Geografie am Friedrich-Koenig-Gymnasium wirkt ziemlich erleichtert, denn ursprünglich sollten die israelischen Jugendlichen bereits im Oktober 2023 nach Unterfranken kommen. Aber nach dem Überfall der Hamas auf den Süden Israels war an den mit Blick auf das 75-jährige Gründungsjubiläum Israels geplanten Jugendaustausch erst einmal nicht zu denken.

Die sieben israelischen Jugendlichen – drei Mädchen und vier Jungs – gehören zu den ersten Jugendgruppen, die Israel seit kurzer Zeit wieder verlassen dürfen. Mit acht deutschen Jugendlichen biken sie und lernen dabei Geschichte und Gegenwart Deutschlands kennen. Für ihre Sicherheit sorgt ein Security-Mann.

Ein paar Stunden später begrüßt der Würzburger Oberbürgermeister Christian Schuchardt die Teilnehmer des Austauschs, die Organisatoren und Zentralratspräsident Josef Schuster. In seiner Ansprache betont Schuchardt, wie wichtig es sei, Brücken zu bauen, die Menschen verschiedener Hintergründe und Traditionen miteinander verbinden. »Der Austausch zwischen unseren Ländern und Kulturen ist von unschätzbarem Wert, denn er fördert Verständnis, Freundschaft und Toleranz«, so der CDU-Politiker.

Der israelische Teenager Orian wusste sofort: Da will ich mitfahren

Das Jugendprogramm leiste einen wertvollen Beitrag für die deutsch-israelischen Beziehungen und ermögliche den Kontaktaufbau zwischen israelischen und deutschen Jugendlichen. »Lernen Sie unsere liebenswerte Stadt und ihre Menschen kennen«, appelliert der Oberbürgermeister. »Die Unterfranken sind lebenslustige Menschen, froh und heiter, selbstbewusst und liebenswert, weltoffen und zugleich tief mit der Heimat verbunden.«

Zentralratspräsident Josef Schuster bedankte sich ausdrücklich bei der Stadt Würzburg.

Anschließend stellt sich Josef Schuster den Jugendlichen als »Mann mit zwei Hüten« – Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde Würzburg und Unterfranken und Vorstandsmitglied der »Kinder- und Jugend-Aliyah« – vor. Er bedankt sich ausdrücklich bei der Stadt Würzburg für den Empfang durch den Oberbürgermeister und die 2. Bürgermeisterin, da dies keineswegs selbstverständlich sei.

Am Rad-Austausch seien die Kommunikation und das gegenseitige Kennenlernen am wichtigsten. »Wenn es etwas gibt, was Vorurteile abbauen kann oder die Entstehung von Vorurteilen verhindert, sind das genau solche Begegnungen«, sagt der Zentralratspräsident. Mit Blick auf die Jugendlichen, denen er erlebnisreiche Tage in Würzburg und Umgebung wünscht, bemerkt Schuster scherzhaft: »Und da wir in einer Weingegend sind – der Traubensaft soll auch ganz gut schmecken.«
In ihrem Grußwort betont Judith Fesser, die Programmkoordinatorin der »Stiftung Jugendaustausch in Bayern«, wie glücklich sie sei, die israelischen Gäste in Würzburg begrüßen zu dürfen. »Ihr könnt eure Begegnung zusammen erfahren. Das ist eine ganz tolle Sache«, so die Historikerin.

Wie Fesser hofft auch Pava Raibstein, die Geschäftsführerin der »Kinder- und Jugend-Aliyah«, dass die Würzburger Jugendlichen bald zum Gegenbesuch nach Israel fahren können. Erleichtert und stolz bilanziert sie: »Es ist super, dass wir heute zusammen sind.« In Deutschland könnten die israelischen Jugendlichen abschalten und zur Ruhe kommen: »Das ist eigentlich das, was ich mir vorgestellt und erhofft habe«, sagt Raibstein. »Denn die Jugendlichen stehen in Israel dauernd unter Druck, auch wenn es in der Region, in der sie leben, bisher nur wenige Raketenalarme gab.« Doch habe beispielsweise der Neffe der Jugenddorfleiterin zu den von der Hamas entführten Geiseln gehört und sei in Gaza tot aufgefunden worden.

Die Gelegenheit ist traumhaft, sagt Polina aus Israel

Für die israelischen Jugendlichen Polina (14) und Orian (15) bietet der Austausch die Möglichkeit, etwas ganz Besonderes zu erleben. »Ich war noch nie im Ausland, und die Gelegenheit, meine Leidenschaft, das Fahrradfahren, mit etwas Neuem zu verbinden, das ist traumhaft«, sagt Polina. Orian, der seit drei Jahren begeistert Fahrrad fährt, ergänzt: »Als ich von der Möglichkeit gehört habe, nach Deutschland zu fahren, das Land mit dem Rad zu erkunden und anderen zu begegnen, habe ich gesagt: ›Dieser Austausch findet nicht ohne mich statt.‹«

Auf der Seite der Würzburger Gymnasiasten hat sich Magdalena Diankov (16) schon auf die Begegnungen gefreut: »Ich habe eigentlich immer Bock, mit anderen Leuten Sport zu machen und einfach eine gute Zeit zu verbringen.« Ihren Mitschüler Sebastian Heer (17) reizten das Kennenlernen einer ganz anderen Kultur und das Sportprogramm.
Für Abwechslung ist jedenfalls gesorgt: Auf dem weiteren Programm des einwöchigen Aufenthalts in Würzburg stehen unter anderem ein Gespräch mit Josef Schuster über die Geschichte seiner Familie und ein Besuch in der Residenz, aber natürlich auch sportliche Aktivitäten wie ein Hockeyturnier und Bouldern. Langeweile? Nicht für die Radler.

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