JFBB

»Vom Arthousefilm bis zum Blockbuster«

Bernd Buder Foto: picture alliance/dpa

Herr Buder, die Gründerin und langjährige Festivalleiterin des Jüdischen Filmfestivals Berlin Brandenburg (JFBB), Nicola Galliner, ist in den Ruhestand gegangen. Wie gestaltet sich der Neuanfang?
Nicola Galliner hat das JFBB groß gemacht, sie war international toll vernetzt. Wir freuen uns, es fortsetzen zu können. Ein jüdisches Filmfestival zu machen, gerade in Berlin, ist eine unheimliche Herausforderung, aber eben auch eine sehr reizvolle Aufgabe. Der Bereich jüdischer Film ist unglaublich vielfältig, das ist auch das, was mich daran gereizt hat. Außerdem die Diskussionskultur mit auch sehr streitbaren Filmen, insbesondere im Dokumentarfilmbereich.

Gibt es Neuerungen?
Das Programm wird von einem fünfköpfigen Programmkollektiv gestaltet, da kommen Blickwinkel aus den Bereichen Regie, Produktion, Filmwissenschaft und klassischer Festivalkuratierung zusammen, was einen sehr kreativen Austausch bedeutet. In der Programmgestaltung haben nun TV-Serien einen festen Platz. Nicola Galliner hatte auch schon Serien gezeigt, wir machen daraus eine Sektion mit dem Namen »Serial fresh«. Für mich ist Israel das kreativste TV-Serien-Produktionsland weltweit, da können sich viele Filmschaffende ein Beispiel nehmen, wie man mit relativ wenigen finanziellen Mitteln, aber sehr viel Kreativität unglaublich originelle und gute Serien macht.

Was ist sonst noch anders?
Der Gershon-Klein-Preis wird künftig in zwei Sparten vergeben. Es gibt nun zwei Wettbewerbe, einen Dokumentar- und einen Spielfilmwettbewerb. Als Spielstätten kommen Open-Air-Kinos dazu, und es wird in Potsdam und Berlin Kinos geben, die als Festivalzentren fungieren.

Wie gehen Sie die Festivalgestaltung an?
Wir werden mehr noch mit anderen Festivals kooperieren. Weniger Konkurrenz, mehr konstruktive Zusammenarbeit. So startet die Kooperation mit Seret, dem Festival des israelischen Films, das in Großbritannien, den Niederlanden, Chile und Deutschland stattfindet. Wir haben ein gemeinsames Programm mit dem Titel »Hinter die Kulissen – Film und Orthodoxie«. In Israel entwickelt sich gerade so etwas wie eine orthodoxe Filmindustrie. Und bei einem säkularen Publikum besteht seit einiger Zeit Interesse auch an Serien und Filmen, die im orthodoxen Milieu spielen. Außerdem werden wir mit dem Jüdischen Filmfestival in Warschau und dem Jüdischen Museum in Berlin zusammenarbeiten.

Am Donnerstag geht es los. Wie findet das Festival statt?
Als Präsenz-Festival mit einem zusätzlichen Online-Angebot. Leider wird es wegen Corona noch kein ausgiebiges Rahmenprogramm mit Musik und Netzwerk-Events geben, wo sich Festivalgäste treffen und feiern können, darauf freuen wir uns nächstes Jahr. Insgesamt gibt es zwölf Spielstätten.

Viel Neues also. Was bleibt?
Unser Erscheinungsbild nach außen, die Grafik von Esra Rotthoff, einer Grafikkünstlerin aus Berlin, die Eröffnung im Hans Otto Theater in Potsdam, der kommunikative Charakter des Festivals und natürlich viele Kontakte, die Nicola Galliner geknüpft hat zu Weltrechteinhabern, zu Produzenten, zu Regisseuren. Mit ihr sind wir im Austausch, es fand eine gute Staffelübergabe statt.

Worauf freuen Sie sich besonders?
Auf die Begegnungen zwischen den Filmschaffenden und dem Publikum. Und dass knapp über die Hälfte der Filme als deutsche Erstaufführungen laufen, darunter drei Uraufführungen von Berliner Filmemachern. Das JFBB ist ein Publikumsfestival, das eine ganze Bandbreite von Produk­tionsländern und Genres zeigt – vom Arthousefilm bis zum Blockbuster. Da ist für jeden Geschmack etwas mit thematischer Relevanz dabei, aber mit unterschiedlichen künstlerischen Ausdrucksformen. Vielfalt eben. Ich freue mich auch, dass sich das Festival ebenso als Treffpunkt für Filmschaffende begreift, die sich in ihren Filmen mit jüdischen Themen auseinandersetzen.

Mit dem neuen JFBB-Leiter sprach Annette Kanis.

Erinnerung

Eisenach verlegt weitere Stolpersteine

Der Initiator des Kunst- und Gedenkprojekts, Gunter Demnig aus Köln, die Stolpersteine selbst verlegen

 16.09.2025

Porträt der Woche

Passion für Pelze

Anita Schwarz ist Kürschnerin und verdrängte lange das Schicksal ihrer Mutter

von Alicia Rust  16.09.2025

Bayern

Merz kämpft in wiedereröffneter Synagoge mit Tränen

In München ist die Synagoge an der Reichenbachstraße feierlich wiedereröffnet worden, die einst von den Nationalsozialisten zerstört wurde. Der Bundeskanzler zeigte sich gerührt

von Cordula Dieckmann  16.09.2025 Aktualisiert

Sachsen-Anhalt

Erstes Konzert in Magdeburger Synagoge

Die Synagoge war im Dezember 2023 eröffnet worden

 15.09.2025

Thüringen

Jüdisches Bildungsprojekt »Tacheles mit Simson« geht erneut auf Tour

Ziel des Projektes sei es, dem Aufkommen von Antisemitismus durch Bildung vorzubeugen, sagte Projektleiter Johannes Gräser

 15.09.2025

Essen

Festival jüdischer Musik mit Igor Levit und Lahav Shani

Der Festivalname »TIKWAH« (hebräisch für »Hoffnung«) solle »ein wichtiges Signal in schwierigen Zeiten« setzen, hieß es

 15.09.2025

Berlin

Margot Friedländer Preis wird verliehen

Die mit insgesamt 25.000 Euro dotierte Auszeichnung gehe an Personen, die sich für Toleranz, Menschlichkeit, Freiheit und Demokratie einsetzen

 15.09.2025

München

»In unserer Verantwortung«

Als Rachel Salamander den Verfall der Synagoge Reichenbachstraße sah, musste sie etwas unternehmen. Sie gründete einen Verein, das Haus wurde saniert, am 15. September ist nun die Eröffnung. Ein Gespräch über einen Lebenstraum, Farbenspiele und Denkmalschutz

von Katrin Richter  14.09.2025

Hamburg

»An einem Ort getrennt vereint«

In der Hansestadt soll die Bornplatzsynagoge, die in der Pogromnacht von den Nazis verwüstet wurde, wiederaufgebaut werden. Ein Gespräch mit dem Stiftungsvorsitzenden Daniel Sheffer über Architektur, Bürokratie und Räume für traditionelles und liberales Judentum

von Edgar S. Hasse  13.09.2025