27. Januar

»Verordnetes Gedenken funktioniert nicht«

Landtagspräsidentin Barbara Stamm spricht zu den Gästen. Foto: Rolf Poss

»Je länger diese Gräueltaten her sind, desto wichtiger ist es, das Gedächtnis an die Opfer des größten Verbrechens der Menschheitsgeschichte zu pflegen.« Diesen Auftrag unterstrich Karl Freller, Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, bei der Gedenkfeier zum 27. Januar im Plenarsaal des Maximilianeums in München. Diese Veranstaltung am 25. Januar, die erste von mehreren in der Woche, fand erstmals gemeinsam mit der Stiftung statt.

Landtagspräsidentin Barbara Stamm eröffnete das Gedenken, bei dem auch Josef Schuster, Präsident des Landesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern, und IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch sprachen. In diesem Jahr sollte die Aufmerksamkeit neben den jüdischen Opfern besonders auf die Sinti und Roma gelenkt werden.

Jugendliche Für sie erinnerte der 83-jährige Franz Rosenbach an sein Schicksal in Auschwitz und Buchenwald –exemplarisch für die 500.000 Sinti und Roma, die von den Nazis ermordet wurden. Heute spricht er als Zeitzeuge auch vor Schülern. Die Notwendigkeit, dass die Jugendlichen nicht »den braunen Rattenfängern folgen« dürften, hatte Josef Schuster bereits in seinem Grußwort betont.

Um die Jugend ging es auch Charlotte Knobloch. Es werde von Jahr zu Jahr wichtiger, die Kultur des Erinnerns an die junge Generation weiterzugeben. Die Begegnung mit Jugendlichen gibt ihr Hoffnung auf ein Gelingen: »Wenn junge Menschen heute fragen: ›Was geht mich das noch an?‹, so wollen sie dies nicht rhetorisch verstanden wissen. Sie erwarten eine Antwort von uns. Sie haben ein genuines Interesse an der Geschichte. Und es liegt an uns, ob wir ihre Neugier befriedigen oder abtöten.«

Knobloch zeigte aber auch die Notwendigkeit eines ehrlichen Gesprächs auf: »Wir stehen vor einer großen Herausforderung: Der Wunsch nach Harmonie im Verurteilen der Nazi-Gräueltaten und im Bekenntnis zur Demokratie ist verständlich. Fatalerweise birgt aber gerade dieser Wunsch die Gefahr, eine wahrhaftige Auseinandersetzung zu ersticken. Immer wieder erlebe ich, wie verkrampft durchaus gut gemeinte Aktionen ablaufen. Verordnetes Gedenken aus Sorge, der Holocaust könnte in Vergessenheit geraten, funktioniert nicht. Jugendliche haben feine Sensoren für Peinlichkeiten, für falsche Töne und dafür, wie authentisch man ihnen begegnet. Sie können nicht auf Befehl Betroffenheit zeigen. Um in ihre Köpfe und Herzen durchzudringen, müssen wir ihnen einen eigenen Anteil an der Geschichte geben. Keinen Anteil an Schuld, keinen Anteil an Scham oder Schande, aber einen Anteil an dem besonderen Bewusstsein, das aus unserer Erinnerung resultiert. An den wichtigen Lehren, die wir aus unserer Vergangenheit ziehen können.«

Jom Haschoa

Geboren im Versteck

Bei der Gedenkstunde in der Münchner Synagoge »Ohel Jakob« berichtete der Holocaust-Überlebende Roman Haller von Flucht und Verfolgung

von Luis Gruhler  05.05.2025

Berlin/Potsdam

Anderthalb Challot in Apartment 10b

In Berlin und Potsdam beginnt am 6. Mai das Jüdische Filmfestival. Die Auswahl ist in diesem Jahr besonders gut gelungen

von Katrin Richter  05.05.2025

Sehen!

Die gescheiterte Rache

Als Holocaust-Überlebende das Trinkwasser in mehreren deutschen Großstädten vergiften wollten

von Ayala Goldmann  04.05.2025 Aktualisiert

Nachruf

»Hej då, lieber Walter Frankenstein«

Der Berliner Zeitzeuge und Hertha-Fan starb im Alter von 100 Jahren in seiner Wahlheimat Stockholm

von Chris Meyer  04.05.2025

Essay

Das höchste Ziel

Was heißt es eigentlich, ein Mensch zu sein? Was, einer zu bleiben? Überlegungen zu einem Begriff, der das jüdische Denken in besonderer Weise prägt

von Barbara Bišický-Ehrlich  04.05.2025

Zusammenhalt

Kraft der Gemeinschaft

Die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern feierte das Fest der Freiheit im Geiste von Tradition und Herzlichkeit

von Rabbiner Shmuel Aharon Brodman  03.05.2025

Porträt der Woche

Die Zeitzeugin

Assia Gorban überlebte die Schoa und berichtet heute an Schulen von ihrem Schicksal

von Christine Schmitt  03.05.2025

München

Anschlag auf jüdisches Zentrum 1970: Rechtsextremer unter Verdacht

Laut »Der Spiegel« führt die Spur zu einem inzwischen verstorbenen Deutschen aus dem kriminellen Milieu Münchens

 02.05.2025

Auszeichnung

Margot Friedländer erhält Großes Verdienstkreuz

Die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer erhält das große Verdienstkreuz der Bundesrepublik. Steinmeier würdigt ihr Lebenswerk als moralische Instanz

 02.05.2025