Projekt

Unterstützung aus Köln

Orly Licht engagiert sich seit 30 Jahren für die WIZO (hier mit ihrem Vorbild Rebecca Sieff). Foto: Constantin Graf von Hoensbruch

Projekt

Unterstützung aus Köln

Die WIZO schützt während der Pandemie Familien vor häuslicher Gewalt

von Ulrike Gräfin Hoensbroech  15.10.2020 09:07 Uhr

Orly Licht scheint zufrieden, als sie durch das renovierte Gebäude geführt wird. »Da steckt auch Geld aus Köln drin«, erklärt sie. Die frisch gestrichenen Wände strahlen in warmen Farben, die Klassenräume sind mit neuem Mobiliar ausgestattet, ein schmuckes Auditorium ist Treffpunkt der Schulfamilie. »Wir sind sehr dankbar für die Unterstützung aus Deutschland«, sagt Zeev Twito, der das »CHW Hadassim Children and Youth Village« in der Nähe der israelischen Küstenstadt Netanja leitet.

Portal »Und wir sind sehr froh, dass unsere Unterstützung so segensreich wirkt«, entgegnet Licht und betrachtet den Schriftzug über dem Portal der Schule für 230 Kinder. Unter dem Namen der nach einer jüdischen Familie aus Berlin benannten Schule steht »WIZO Germany 2017«.

Wann immer es geht, reist Orly Licht aus Köln nach Israel und besucht dort Projekte der jüdischen Frauenorganisation. Licht ist seit 17 Jahren im Präsidium sowie seit vier Jahren Vizepräsidentin von WIZO Deutschland. Seit 30 Jahren engagiert sie sich, derzeit als Vorstandsmitglied, in der Kölner Gruppierung.

Die Women’s International Zionist Organization (WIZO) ist nach eigenen Angaben mit mehr als 200.000 Mitgliedern die weltweit größte Frauenorganisation. 2020 feiert WIZO ihren 100. Geburtstag. In Köln gibt es WIZO seit 1975. Seit Jahren laden Orly Licht und die anderen WIZO-Frauen zu einem Benefizball in die »Wolkenburg« ein. Im vergangenen Jahr wurden dabei über 240 Patenschaften im Wert von je 500 Euro für Kinder in Israel eingesammelt.

Perspektiven »Wir unterstützen die Menschen unabhängig von ihrer Herkunft und Religion«, betont Licht und verweist auf das Engagement aus Köln, das über die WIZO Deutschland in eines der rund 800 WIZO-Projekte in Israel einfließt. Beim »CHW Hadassim Children and Youth Village« geht es beispielsweise darum, »dass vor allem Kinder und Jugendliche aus schwierigen sozialen Verhältnissen hier Geborgenheit erfahren und eine Perspektive bekommen«. 50 Gebäude stehen auf dem etwa 400.000 Quadratmeter großen Areal, etwa 150 Betreuer mit den unterschiedlichsten Qualifikationen kümmern sich um die circa 800 Bewohner.

Aktuell bemüht sich die WIZO Köln im Rahmen der #WIZOsafety-Kampagne um Spenden für eine Notaufnahme für Frauen und deren Kinder, die vor dem Hintergrund des pandemiebedingten Lockdowns in Israel zu Opfern häuslicher Gewalt geworden sind. »Hier können wir wirklich nachhaltig helfen.«

Trotz abgesagter 100-Jahr-Feier erreichten die WIZO Spenden für Kinder in Not.

Dass trotz der Absage des Kölner Balls, der laut Licht wegen des Jubiläums eine »gigantische Feier« werden sollte, bereits Spenden eingegangen sind, spricht für das Engagement der Frauen, darunter auch viele Nichtjüdinnen.

Licht, 1965 in Israel geboren, kam im Alter von einem Jahr nach Köln und sagt gern über sich: »Ich fühle mich durch und durch als Kölnerin.« Jüdischer Kindergarten in der Roonstraße, Grund- und Realschule in Nippes, mit 17 Jahren Abitur am Humboldt-Gymnasium, mehrere Semester Jura an der Kölner Universität, Heirat mit einem Mitglied aus der Synagogen-Gemeinde. Ihr Studium beendet sie aus familiären und beruflichen Gründen vorzeitig. Jahrelang ist sie in der Bekleidungsbranche tätig und führt ein eigenes Geschäft. Später wechselt sie in die Immobilienwirtschaft.

Organisation Regelmäßig treffen sich die Kölner WIZO-Frauen in der Synagoge an der Roonstraße, um die laufenden Aktivitäten und zukünftigen Pläne zu besprechen. »Unsere Veranstaltungen richten sich an alle«, sagt die Mutter von zwei erwachsenen Kindern. »Durch unsere Aktivitäten – etwa Führungen durch die Synagoge, Lesungen oder durch den jährlichen Ball – machen auch wir WIZO-Frauen jüdisches Leben in dieser Stadt erfahrbar, können als Kölnerinnen und jüdische Frauen dazu beitragen, Hemmschwellen abzubauen und Begegnungen ermöglichen.«

Neben Köln bildet Israel eine Konstante in Orly Lichts Leben.

Natürlich spielt auch das Festjahr »1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland«, das 2021 begangen wird, für die Kölner WIZO eine große Rolle. So planen die Frauen ein Food-Festival vor der Synagoge. »Wir wollen dabei die traditionellen jüdischen Speisen anbieten, die es zu bestimmten Feiertagen gibt, und auf diese Weise mit den Besuchern ins Gespräch kommen.«

Darüber hinaus soll es an einem Wochenende eine kongressähnliche Veranstaltung geben, bei der in einem vielfältigen Programm verschiedene Workshops zu jüdischen Themen angeboten werden. Schließlich ist eine Kunstausstellung in der Synagoge geplant, bei der jüdische und nichtjüdische Künstler ihre Werke zu jüdischen Themen ausstellen. »Die Kunstobjekte sollen eine Einladung sein, sich genauer mit dem Judentum und jüdischen Themen zu befassen«, hofft Orly Licht.

Aktion Des Weiteren hofft sie natürlich, dass durch die drei von der Kölner WIZO geplanten Aktionen zugleich auch die Frauenorganisation im Allgemeinen und die Kölner Gruppierung im Besonderen sowie deren Handeln und Wirken bekannter werden.

Neben Köln bildet aber vor allem Israel eine Konstante in Orly Lichts Leben. »Egal, wo du lebst, die Verantwortung für Israel ist immer wichtig«, heißt es für sie von Kindesbeinen an. Bereits als Jugendliche setzte sich die überzeugte Demokratin für das Land ein. Mit 21 Jahren schloss sie sich der WIZO Köln an, denn »unsere Grundwerte hierzulande werden auch in Israel gelebt, der einzigen Demokratie im Nahen Osten«.

KZ-Befreiungen

Schüler schreibt über einzige Überlebende einer jüdischen Familie

Der 18-jährige Luke Schaaf schreibt ein Buch über das Schicksal einer Jüdin aus seiner Heimatregion unter dem NS-Terrorregime. Der Schüler will zeigen, »was Hass und Hetze anrichten können«

von Stefanie Walter  29.04.2025

Schweiz

Junger Mann wegen geplanten Anschlags auf Synagoge Halle verhaftet

Die Anschlagspläne soll er laut Staatsanwaltschaft zwischen Juli 2024 und Februar 2025 wiederholt in einer Telegram-Chatgruppe angekündigt haben

 29.04.2025

Berlin

Bebelplatz wird wieder zum »Platz der Hamas-Geiseln«

Das Gedenkprojekt »Platz der Hamas-Geiseln« soll laut DIG die Erinnerung an die 40 in Geiselhaft getöteten Israelis und an die 59 noch verschleppten Geiseln wachhalten

 28.04.2025

Berlin

Jüdische Gemeinde erinnert an Warschauer Ghetto-Aufstand

Zum Abschluss der Namenslesung vor dem Jüdischen Gemeindehaus in der Berliner Fasanenstraße ist für den Abend ein Gedenken mit Totengebet und Kranzniederlegung geplant

 28.04.2025

Düsseldorf

Erinnerungen auf der Theaterbühne

»Blindekuh mit dem Tod« am Schauspielhaus stellt auch das Schicksal des Zeitzeugen Herbert Rubinstein vor

von Annette Kanis  27.04.2025

Hanau

Jüdische Gemeinde feiert Jubiläum

»Im Grunde genommen ist es mit das Größte und Schönste, was eine Gemeinde machen kann: eine neue Torarolle nach Hause zu bringen«, sagt Gemeinde-Geschäftsführer Oliver Dainow

 25.04.2025

Begegnung

Raum für das Unvergessene

Jede Woche treffen sich Schoa-Überlebende im Münchner »Café Zelig«, um Gemeinschaft zu finden im Schatten der Geschichte. Ein Ortsbesuch

von Katrin Diehl  23.04.2025

Interview

»Das Gedenken für Jugendliche greifbar machen«

Kurator Pascal Johanssen zur neuen Ausstellung im ehemaligen Jüdischen Waisenhaus in Pankow

von Gerhard Haase-Hindenberg  21.04.2025

Porträt der Woche

Austausch mit Gleichen

Maria Schubert ist Gemeindesekretärin in Magdeburg und tanzt gern

von Alicia Rust  18.04.2025