Erfurt

Unersetzbare Lebenszeugnisse

Ein Zeitzeuge vor seinem Ausstellungsporträt: Reinhard Schramm Foto: Sophia Wagner

Eigentlich wäre das Damenhemd in der Vitrine ein unscheinbarer Gegenstand. Zugenäht als Beutel aber erzählt es eine besondere Geschichte. Dieses baumwollene Hemdchen gehörte der Großmutter von Reinhard Schramm. Ihre wenigen Besitztümer, die sie darin verwahrte, erhielt die Familie nach der Ermordung Emmas in der Euthanasieanstalt Bernburg zurück, jetzt ist es in der am vergangenen Freitag eröffneten Ausstellung am Erinnerungsort Topf & Söhne »Un-er-setz-bar. Begegnung mit Überlebenden« in Erfurt zu sehen.

Für den emeritierten Professor aus Ilmenau ist dieses reale Stück der Familiengeschichte zugleich ein wichtiges Zeitzeugnis. Sein Überleben als Säugling hat er dem christlichen Vater zu verdanken, der Frau und Sohn versteckte und sich weigerte, in die Scheidung von seiner jüdischen Frau einzuwilligen.

Überlebende Das Überleben eint die fünf Lebensgeschichten, aus denen der Erfurter Erinnerungsort Topf & Söhne eine erste und emotional sowie gestalterisch ansprechende Ausstellung zusammengestellt hat. Esther Bejarano, die Kantorentochter aus Saarlouis, überlebte Auschwitz durch ihr musikalisches Talent.

Der Sohn eines früh ermordeten jüdischen Kommunisten aus Schmalkalden, Günter Pappenheim, kehrte nach der Befreiung aus Buchenwald in seine Heimatstadt zurück. Die Sintiza Waltraud Reinhardt überlebte in einem Kinderheim. Die aus Debrecen stammende Éva Pusztai wurde im März 1945 in einem Außenlager von Buchenwald befreit.

Die fünf Lebensgeschichten könnten kaum unterschiedlicher sein, und so erweisen sich die langen Interviews mit ihnen als die eigentlichen Kernstücke der Ausstellung. Unersetzbar, so empfand es die Historikerin Annegret Schüle, ist die Begegnung mit den Menschen, die den Holocaust zwar überlebten, aber für immer traumatisiert sind. Für manche von ihnen waren die Gespräche die erste Reflexion über das Erlebte.

Andere berichten wie Éva Pusztai immer wieder von ihren Erinnerungen. Der Ausstellungsort, das ehemalige Verwaltungsgebäude des Ofenbauers Topf & Söhne, leiste einen unverzichtbaren Beitrag zur Demokratieerziehung, betont Schramm auch im Namen der Jüdischen Gemeinde in Erfurt.

KZ-Befreiungen

Schüler schreibt über einzige Überlebende einer jüdischen Familie

Der 18-jährige Luke Schaaf schreibt ein Buch über das Schicksal einer Jüdin aus seiner Heimatregion unter dem NS-Terrorregime. Der Schüler will zeigen, »was Hass und Hetze anrichten können«

von Stefanie Walter  29.04.2025

Schweiz

Junger Mann wegen geplanten Anschlags auf Synagoge Halle verhaftet

Die Anschlagspläne soll er laut Staatsanwaltschaft zwischen Juli 2024 und Februar 2025 wiederholt in einer Telegram-Chatgruppe angekündigt haben

 29.04.2025

Berlin

Bebelplatz wird wieder zum »Platz der Hamas-Geiseln«

Das Gedenkprojekt »Platz der Hamas-Geiseln« soll laut DIG die Erinnerung an die 40 in Geiselhaft getöteten Israelis und an die 59 noch verschleppten Geiseln wachhalten

 28.04.2025

Berlin

Jüdische Gemeinde erinnert an Warschauer Ghetto-Aufstand

Zum Abschluss der Namenslesung vor dem Jüdischen Gemeindehaus in der Berliner Fasanenstraße ist für den Abend ein Gedenken mit Totengebet und Kranzniederlegung geplant

 28.04.2025

Düsseldorf

Erinnerungen auf der Theaterbühne

»Blindekuh mit dem Tod« am Schauspielhaus stellt auch das Schicksal des Zeitzeugen Herbert Rubinstein vor

von Annette Kanis  27.04.2025

Hanau

Jüdische Gemeinde feiert Jubiläum

»Im Grunde genommen ist es mit das Größte und Schönste, was eine Gemeinde machen kann: eine neue Torarolle nach Hause zu bringen«, sagt Gemeinde-Geschäftsführer Oliver Dainow

 25.04.2025

Begegnung

Raum für das Unvergessene

Jede Woche treffen sich Schoa-Überlebende im Münchner »Café Zelig«, um Gemeinschaft zu finden im Schatten der Geschichte. Ein Ortsbesuch

von Katrin Diehl  23.04.2025

Interview

»Das Gedenken für Jugendliche greifbar machen«

Kurator Pascal Johanssen zur neuen Ausstellung im ehemaligen Jüdischen Waisenhaus in Pankow

von Gerhard Haase-Hindenberg  21.04.2025

Porträt der Woche

Austausch mit Gleichen

Maria Schubert ist Gemeindesekretärin in Magdeburg und tanzt gern

von Alicia Rust  18.04.2025