Potsdam

»Unbrauchbar und hässlich«

Kritikpunkt: Der Synagogenentwurf (Ausschnitt der Eingangstür) weist zu wenige jüdische Symbole auf, um als repräsentativer Sakralbau erkennbar zu sein. Foto: Haberland

Drei Tugenden erbat sich Moderator Hans-Ulrich Schulz für diesen Abend von den Zuhörern: Demut, Neugier und Geduld. Vor allem letztere schienen die rund 150 Interessierten tatsächlich mitgebracht zu haben. Meist ältere Herrschaften harrten geduldig fast drei Stunden aus, um den Ausführungen des Kritikers am Synagogenentwurf, Ud Joffe, zuzuhören. Er hatte in die Französische Kirche in Potsdam eingeladen, um bei der Frage »Warum gibt es Streit um die Neue Potsdamer Synagoge?« seine Sicht der Dinge darzustellen.

Kritik Mit ins Boot geholt hatte sich der charismatische und eloquente Dirigent Ulrich Zimmermann von der Potsdamer Bürgerinitiative Mitteschön und Jana Kadegis, eine Richterin, die vergeblich die Mitgliedschaft im Bauverein Neue Synagoge Potsdam sucht. Unisono stimmten alle drei darin überein, dass die Synagoge nicht der angemessene Sakralbau werden könne, den man sich für die Landeshauptstadt wünscht. Der Bau sei nicht schön und vor allem unbrauchbar.

Die eigene Sicht der Dinge darzustellen und Kritik zu üben, ist selbstverständlich legitim. Nur die Einseitigkeit dieses Abends erbrachte kaum Zuschauerreaktionen. Nach zweieinhalb Stunden eindringlicher Vorträge über die Fehler, die dieser Entwurf habe, regte sich bei den Zuhörern kaum Widerspruch. Vorsichtige Fragen, wer denn in der Jury gesessen habe, der dem Haberland-Entwurf zum Bau der Synagoge zugestimmt habe, wie drei Gemeinden in einem Haus zusammenleben wollen und wie es denn nun weiterginge, konnten schließlich nicht objektiv beantwortet werden. Die Gegenseite, sprich die Befürworter des Entwurfs, fehlten gänzlich.

Argumente Und sie fehlten nicht aus Protest, sie waren schlichtweg gar nicht eingeladen worden. Man wollte sozusagen unter sich bleiben und die Gelegenheit nutzen, eigene Standpunkte darzustellen – ohne Widerspruch. Für die 150 Gäste an diesem Abend bedeutete dies jedoch, dass die Argumente der »Gegenseite« allein durch den Filter Ud Joffes dargestellt wurden und dies mitunter bewusst provokant und polemisch, wie der Vorsitzende der Synagogengemeinde auch freimütig gestand.

Es war also schwer zu entscheiden, ob denn die Argumente der Synagogengegner stimmig und sachlich richtig waren. Einleuchtend waren sie für die Zuhörer selbstverständlich. Sie hatten ja nur die eine Seite gehört. In der Stadt der Toleranz und Weltoffenheit wolle man Duldsamkeit auch bei der Auseinandersetzung um die Synagoge walten lassen, hatte Hans-Ulrich Schulz zu Beginn des Abends gemahnt. Deshalb soll auch bald eine ähnliche Veranstaltung mit den Baubefürwortern einberufen werden. Nur dann wird sicher wieder ein ganz anderes Publikum kommen. Da bleibt nur die Frage: Und bringt uns das nun weiter?

Dokumentation

»Sie sind nicht alleine!«

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer hielt bei der Ratsversammlung des Zentralrats der Juden die traditionelle Gastrede

von Wolfram Weimer  30.11.2025

Meinung

Wir Jungen müssen die Gemeinden stärker mitgestalten

Jüdische Studierende sind vom wachsenden Antisemitismus besonders betroffen. Gleichzeitig sind junge Juden kaum in den Gemeindevertretungen repräsentiert. Das muss sich ändern

von Ron Dekel  30.11.2025

Gemeinden

Ratsversammlung des Zentralrats der Juden tagt in Frankfurt

Das oberste Entscheidungsgremium des jüdischen Dachverbands kommt einmal im Jahr zusammen

 01.12.2025 Aktualisiert

Porträt der Woche

Familie, Glaube, Neubeginn

Edouard Joukov stammt aus Russland und fand seinen Platz in der Ulmer Gemeinde

von Brigitte Jähnigen  28.11.2025

Doppel-Interview

»Wir teilen einen gemeinsamen Wertekanon«

Vor 60 Jahren brachte das Konzilsdokument »Nostra aetate« eine positive Wende im christlich-jüdischen Dialog. Bischof Neymeyr und Rabbiner Soussan blicken auf erreichte Meilensteine, Symbolpolitik und Unüberwindbares

von Karin Wollschläger  28.11.2025

Debatte

Neue Leitlinie zum Umgang mit NS-Raubgut für Museen und Bibliotheken

In Ausstellungshäusern, Archiven und Bibliotheken, aber auch in deutschen Haushalten finden sich unzählige im Nationalsozialismus entzogene Kulturgüter. Eine neue Handreichung soll beim Umgang damit helfen

von Anne Mertens  27.11.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 27. November bis zum 3. Dezember

 27.11.2025

Mitzvah Day

Grünes Licht

Jüdische Gemeinden und Gruppen gestalteten deutschlandweit den Tag der guten Taten

von Katrin Richter  27.11.2025

Düsseldorf

Cooler Kick

Beim Ilan Fiorentino Cup kamen im Gedenken an Spieler aus dem Kibbuz Nahal Oz Israelis, Exil-Iraner und das NRW-Landtagsteam zu einem Freundschaftsturnier zusammen

von Jan Popp-Sewing  27.11.2025