Berlin

Umfassende Aufarbeitung

Eingang der John-F.-Kennedy-Schule am 28. Juni 2018 Foto: dpa

Nach dem antisemitischen Vorfall an der Berliner John-F.-Kennedy-Schule hat die Schulleitung eine umfassende Aufarbeitung angekündigt. Bereits am Freitag solle in allen Klassen das Thema Diskriminierung aufgegriffen werden, sagte der US-amerikanische Schuldirektor Brian Salzer am Donnerstag in Berlin.

In den kommenden Wochen sollten die Lehrer der internationalen und bilingualen Schule zum Umgang mit Diskriminierung und Antisemitismus geschult werden und Gespräche mit allen betroffenen Familien fortgesetzt werden, fügte Salzer hinzu.

Diplomatenkinder Dennoch bleiben weiter viele Fragen offen. Unklar ist, seit wann und in welchem Umfang es antisemitische Vorfälle an der Schule gegeben hat, die von zahlreichen Diplomatenkindern besucht wird. Schuldirektor Salzer räumte ein, dass die Schulleitung derzeit noch keinen genauen Überblick habe, zu welchem Zeitpunkt sich was zugetragen hat.

Am Mittwoch war bekannt geworden, dass an der Berliner Schule über Monate hinweg ein jüdischer Schüler einer 9. Klasse antisemitisch beleidigt und gemobbt wurde. Demnach hatten mehrere Mitschüler den Jungen immer wieder drangsaliert.

Ein Mitschüler habe ihm in einer Umkleidekabine mit einer E-Zigarette Rauch ins Gesicht geblasen und dabei gesagt, der jüdische Schüler solle an seine vergasten Vorfahren denken, bestätigte der Schuldirektor. Zudem hätten Mitschüler den jüdischen Neuntklässler mit Zetteln tyrannisiert, auf denen Hakenkreuze aufgemalt waren.

Nahostkonflikt Konflikte gab es Berichten zufolge auch mit einer ebenfalls jüdischen Mitschülerin. Weil der Neuntklässler im Nahostkonflikt nicht nur die palästinensische Seite kritisierte, soll ihm die Mitschülerin vorgeworfen haben, kein guter Jude zu sein.

»Ausmaß und Ernsthaftigkeit« der Geschehnisse seien seitens der Schule unterschätzt worden, räumte Salzer am Donnerstag erneut ein. Zugleich betonte die Schulleitung, dass die antisemitischen Vorfälle keinen muslimischen Hintergrund hätten. Die Schulleitung sei zudem erst Anfang Juni über die Vorgänge informiert worden.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland hatte nach Bekanntwerden des antisemitischen Mobbings am Mittwoch kritisiert, dass die Schule »erst sehr spät und nur unter Druck einer geplanten Veröffentlichung entschieden hat, die Vorfälle aufzuarbeiten und an die Öffentlichkeit zu gehen«.

Herkunft »Antisemitische Vorfälle müssen von den Schulen ernst genommen und dürfen nicht vertuscht werden. Denn wir haben es mit einem gesamtgesellschaftlichen Problem zu tun. Solche Vorfälle finden an allen Schulformen und überall in Deutschland statt«, betonte Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden. »Religiöses Mobbing geht häufig von muslimischen Schülern aus, aber nicht nur. Antisemitismus findet sich unabhängig von der Herkunft in allen Teilen der Gesellschaft.«

Es sei dringend notwendig, einen besseren Überblick über die tatsächliche Lage zu bekommen. Der Zentralrat der Juden unterstütze daher ausdrücklich Überlegungen, ein bundesweites niedrigschwelliges Meldesystem für antisemitische Vorfälle einzuführen, nicht nur für Schulen, sondern generell: »Nur wenn sich die Ist-Situation genau analysieren lässt, kann Antisemitismus wirksam bekämpft werden. Bund und Länder müssen dafür rasch die notwendigen Voraussetzungen schaffen«, sagte der Zentralratspräsident.

Lehrer müssten durch gezielte Fortbildungen in die Lage versetzt werden, auf antisemitische Vorfälle in Schulen angemessen zu reagieren. Hierzu bräuchten sie sowohl den Rückhalt der Schulleitungen als auch der zuständigen Behörden, unterstrich Josef Schuster. epd/ja

Interview

Holocaust-Überlebender Weintraub wird 100: »Ich habe etwas bewirkt«

Am 1. Januar wird Leon Weintraub 100 Jahre alt. Er ist einer der letzten Überlebenden des Holocaust. Nun warnt er vor Rechtsextremismus und der AfD sowie den Folgen KI-generierter Fotos aus Konzentrationslagern

von Norbert Demuth  16.12.2025

Magdeburg

Neuer Staatsvertrag für jüdische Gemeinden in Sachsen-Anhalt

Das jüdische Leben in Sachsen-Anhalt soll bewahrt und gefördert werden. Dazu haben das Land und die jüdischen Gemeinden den Staatsvertrag von 2006 neu gefasst

 16.12.2025

Bundestag

Ramelow: Anschlag in Sydney war Mord »an uns allen«

Erstmals gab es in diesem Jahr eine Chanukka-Feier im Bundestag. Sie stand unter dem Eindruck des Anschlags auf eine Feier zum gleichen Anlass am Sonntag in Sydney

 16.12.2025

Attentat in Sydney

»Was würden die Opfer nun von uns wollen?«

Rabbiner Yehuda Teichtal hat bei dem Attentat in Sydney einen Freund verloren und wenige Stunden später in Berlin die Chanukkia entzündet. Ein Gespräch über tiefen Schmerz und den Sieg des Lichts über die Dunkelheit

von Mascha Malburg  16.12.2025

Berlin

Chanukka-Licht am Brandenburger Tor entzündet

Überschattet vom Terroranschlag in Sydney wurde in Berlin das erste Licht am Chanukka-Leuchter vor dem Brandenburger Tor entzündet. Der Bundespräsident war dabei

 15.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  15.12.2025

Berlin

Straße nach erster Rabbinerin der Welt benannt

Kreuzberg ehrt Regina Jonas

 12.12.2025

Berlin

Jüdisches Museum bekommt zusätzliche Förderung

Das Jüdische Museum in Berlin gehört zu den Publikumsmagneten. Im kommenden Jahr feiert es sein 25. Jubiläum und bekommt dafür zusätzliche Mittel vom Bund

 12.12.2025

Chanukkia

Kleine Leuchter, große Wirkung

Von der Skizze bis zur Versteigerung – die Gemeinde Kahal Adass Jisroel und die Kunstschule Berlin stellen eine gemeinnützige Aktion auf die Beine. Ein Werkstattbesuch

von Christine Schmitt  12.12.2025