Nachruf

Trauer um Icek Ostrowicz

Setzte sich für Versöhnung ein: Icek Ostrowicz sel. A. (1927–2024) Foto: Jochen Linz

Nachruf

Trauer um Icek Ostrowicz

Das Ehrenmitglied der Jüdischen Gemeinde Mönchengladbach verstarb im Alter von 97 Jahren

von Christine Schmitt  01.10.2024 12:32 Uhr

Sein Platz in der Synagoge der Jüdischen Gemeinde Mönchengladbach wird leer bleiben: Wenige Wochen nach seinem 97. Geburtstag ist Icek Ostrowicz am 25. September verstorben. Am Montag wurde er beerdigt.

Zweimal hatte Ostrowicz der Gemeinde eine neue Tora gestiftet, auch den Vorhang des Toraschranks hatte er gespendet. Von seinem festen Platz in der ersten Reihe aus konnte das Ehrenmitglied der Gemeinde die Schriften gut sehen. Der ehemalige Mode-Kaufmann, Versöhner, Förderer und Träger des Bundesverdienstkreuzes wird fehlen, so Gemeindevorsitzende Leah Floh.

Mehrere Jahrzehnte setzte er sich für die Versöhnung zwischen den Religionen und für die Integration der jüdischen Gemeinden im öffentlichen Leben ein. Dafür wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz erster Klasse geehrt. Bis zuletzt gehörte er dem Finanzvorstand der Gerhard C. Starck Stiftung an, die er zusammen mit anderen nach dem Tod des Freundes im Jahr 2000 gegründet hatte. Sein Ziel: so viele Stipendien wie möglich zu vergeben.

Etwa 50 begabte Jüdinnen und Juden werden in ihrem Studium unterstützt. Insgesamt seien mehr als 500 Studienförderungen vergeben worden. Sie sollen Bildungs- und Lebenschancen erhalten, die Icek Ostrowicz und seine Generation junger Juden während und nach dem Holocaust nicht hatten.

Zwei Arbeitslager, drei Konzentrationslager und ein »Todesmarsch«

Ostrowicz hatte nie die Möglichkeit, eine Universität zu besuchen. »Mir ist das verwehrt worden, ich durfte nicht einmal zur Schule gehen«, sagte er im Sommer 2023 der Jüdischen Allgemeinen. 1927 wurde er in Kielce in Polen geboren. Die deutsche Wehrmacht marschierte 1939 in seine Heimat ein. Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs war er zwölf Jahre alt. Ostrowicz wurde von seiner Familie getrennt und zur Arbeit verpflichtet. Zwei Arbeitslager, drei Konzentrationslager und einen sogenannten Todesmarsch überlebte er.

Nach dem Holocaust erfuhr er, dass seine gesamte Familie ins Konzentrationslager Treblinka deportiert und dort ermordet worden war. »Niemand außer mir hatte überlebt. Ich wusste nicht, was ich machen sollte.« Nach dem Pogrom von Kielce 1946 verließ er Polen. Über Umwege kam er 1947 als 19-Jähriger nach Mönchengladbach. Dort startete er ein neues Leben, baute sich ein Unternehmen in der Textilbranche auf. Er heiratete und bekam eine Tochter.

»Der Verlust meiner Eltern und meiner Geschwister begleitet mich bis heute«, sagte Icek Ostrowicz im Interview. Bildung stehe für ihn an vorderster Stelle, denn die könne einem »keiner nehmen«.

»Seinen Lebensmut, seinen Humor und seinen Optimismus verlor er nie«, sagte Leah Floh. »Er hinterlässt eine große Lücke. Wir werden uns seiner mit Liebe und großer Dankbarkeit erinnern.«

Kalender

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 11. Dezember bis zum 17. Dezember

 10.12.2025

Diskussion

Schleichende Aushöhlung

Der Politikwissenschaftler Peter R. Neumann und der Journalist Richard C. Schneider sprachen in München über Herausforderungen für die moderne Demokratie

von Helen Richter  10.12.2025

Autobiografie

Unter außergewöhnlichen Umständen

In seinem neuen Buch beschreibt Roman Haller den Weg vom Überleben in ein erfülltes Leben

von Nora Niemann  10.12.2025

Berlin

Chanukkia am Brandenburger Tor leuchtet ab Freitag

Zum zentralen Lichterzünden wird Bundestagspräsidentin Julia Klöckner erwartet

von Karin Wollschläger  09.12.2025

Frankfurt

Buzzer, Beats und Bonusrunden

Die Lokalmatadore des Jugendzentrums Amichai konnten das Jewish Quiz für sich entscheiden

von Leon Stork  09.12.2025

Thüringen

Jüdische Landesgemeinde und Erfurt feiern Chanukka

Die Zeremonie markiert den Auftakt der inzwischen 17. öffentlichen Chanukka-Begehung in der Thüringer Landeshauptstadt

 08.12.2025

Berlin

Jüdisches Krankenhaus muss Insolvenz anmelden

Viele Krankenhäuser stehen unter enormem wirtschaftlichem Druck. Ein Berliner Haus mit fast 270-jähriger Geschichte musste nun Insolvenz anmelden: Das Jüdische Krankenhaus will damit einen Sanierungsprozess starten

 08.12.2025

Chabad

»Eine neue Offenheit«

Seit 20 Jahren ist Heike Michalak Leiterin der Jüdischen Traditionsschule. Ein Gespräch über Neugier, das Abenteuer Lernen und die Ängste der Eltern

von Christine Schmitt  05.12.2025

WIZO

Tatkraft und Humanität

Die Gala »One Night for Children« der Spendenorganisation sammelte Patenschaften für bedürftige Kinder in Israel

von Ellen Presser  05.12.2025