Angebot

Spaß im Alltagsstress

Freizeitangebot: Die Achtzehnplus-Gruppe feuerte Maccabi Haifa (grüner Dress) beim Champions-Leaguespiel gegen Bayern an. Foto: dpa

Tamar und David hatten sich auf Anhieb gut verstanden, als sie sich beim Ferienlager der Zentralwohlfahrtsstelle (ZWSt) kennenlernten. Die Freundschaft aufrechtzuerhalten, war zunächst gar nicht so schwer gewesen, obwohl sie viele hundert Kilometer auseinander wohnten. Sie trafen sich regelmäßig bei einer der vielen Veranstaltungen für jüdische Jugendliche – bis dann auf einmal Schluss war. Nicht, dass sich Tamar und David etwa verkracht hätten, im Gegenteil, eigentlich waren sie immer ein bisschen ineinander verliebt gewesen. Sie hatten einfach keine Zeit mehr. Irgendwann schlief der Kontakt schließlich ein.

lücken schliessen Ein Anfang letzten Jahres gestartetes Projekt der ZWSt könnte nun dafür sorgen, dass Tamar, David und viele andere Juden im Alter zwischen 18 und 35 Jahren alte Freundschaften erneuern und neue Leute kennenlernen könnten: »achtzehnplus«. »Zu alt für Machanot, zu jung für die Seniorenclubs« umreißt Nachumi Rosenblatt die Situation dieser Altersgruppe in den meisten jüdischen Gemeinden. »Die Lücke wollen wir mit achtzehnplus füllen.« Rosenblatt ist im Jugendreferat der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland zuständig für den Bereich Ferienfreizeit und Seminare.

Ein Grund für die fehlende Vernetzung der Studenten liegt in den neuen Studiengängen. Bachelor-Studenten haben nur drei Jahre Zeit für ihr Studium. Neben Lernen und Praktika bleibt angesichts des vollgepackten Stundenplans nicht viel Zeit für andere Aktivitäten. »Das ehrenamtliche Engagement leidet natürlich unter den Regelstudienzeiten«, sagt Marat Schlafstein, der in Berlin für die ZWSt am Projekt achtzehnplus arbeitet.

Ist das Studium dann beendet, beginnt auch schon das Berufsleben. Lange zu trödeln, schmälert die Chancen auf dem Arbeitsmarkt, was sich in Krisenzeiten kaum jemand leisten kann. Und so bleiben oft nicht nur die Freundschaften auf der Strecke.

Erinnerungen auffrischen Das will nun achtzehnplus ändern, mit einer Vielzahl von Angeboten: Eine der ersten Aktivitäten war am 25. November letzten Jahres eine Reise nach München, zum Champions League-Spiel Bayern München gegen Maccabi Haifa. 60 Zuschauer kamen aus Berlin, eine Gruppe aus Frankfurt und natürlich eine aus München. »Wir standen zwischen den Maccabi-Fans, viele aus Israel, und die wunderten sich nun sehr, so einen großen Batzen junger deutscher Juden im Stadion zu treffen«, erinnert sich Schlafstein. »Das war ein toller Tag. Viele Leute kannten sich noch von den Ferienfreizeiten, und hier konnten sie sich wieder treffen.«

Zu Pessach bot »achtzehnplus« Päckchen zum Vorzugspreis von sechs Euro an. Enthalten waren unter anderem Mazzen, Kiddusch-Wein und eine Dose Gurken. »Wir gehen natürlich nicht davon aus, dass die Leute sich kein koscheres Essen leisten können, obwohl zugebenermaßen die Preise schon sehr hoch sind«, sagt Schlafstein. »Wir wollten die jungen Leute motivieren, einen Seder zu machen und zeigen, dass wir da sind.«

koscher kochen Das Pessach-Paket passt gut zu einem der kommenden Angebote des Projekts, ein koscheres Kochseminar. »Es geht darum, kochen zu lernen, aber nicht nur Gefilte Fish. Wir wollen auch ganz andere interessante Speisen zubereiten, die nicht unbedingt aus der traditionellen jüdischen Küche kommen, aber eben auch koscher sind.« Dafür wird auch ein Maschgiach sorgen, der während des Seminars die Kaschrutregeln erklären wird. Der Kochkurs soll ein bundesweites Angebot werden, so dass die Generation U-35 vor Ort bequem teilnehmen kann.

Zusätzlich sind Seminare etwa zur politischen Bildung oder zur Rhetorik geplant. »Wir legen Wert auf hochwertige Veranstaltungen, daher sind fachkundige Referenten selbstverständlich«, betont Schlafstein. »Die meisten der jungen Leute haben wenig Zeit und legen in ihrer Freizeit daher Wert auf ein gewisses Niveau.«

Gemeinsam feiern Dabei soll auch der Spaß nicht zu kurz kommen. Aktuell steht am 24. April in Berlin die große Jom-Haazmaut-Feier unter dem Motto »Party the jewish way« an. Während der Fußball-WM in Südafrika wird es »ein Public Viewing geben«, kündigt Schlafstein an. Vielleicht werde man auch den European Song Contest gemeinsam verfolgen. »Es muss nicht immer ein originär jüdischer Anlass sein. Es reicht, wenn etwas in einem jüdischen Rahmen stattfindet.«

Ein besonderes Angebot ist für den Sommer geplant. Vom 19. bis 26. August können die 18- bis 35-Jährigen an einem einwöchigen Machane in Italien teilnehmen. Anmeldungen werden ab sofort entgegengenommen, von der Homepage kann man das Anmeldeformular herunterladen. Die Anreise erfolgt auf eigene Rechnung. Verpflegung, Unterkunft, Ausflüge und Veranstaltungen in Gatteo kosten 200 Euro.

Gatteo? Vielen jungen Juden wird dieser Name von den Sommerferienlagern der ZWSt sehr gut bekannt sein. »Wenn die Machanot zu Ende sind, hängen wir noch eine Woche für die Generation achtzehnplus dran. Viele freuen sich, an den Ort zurückzukehren, an dem sie früher als Jugendliche so viele schöne Tage verbracht haben«, sagt Nachumi Rosenblatt.

Wenn er sich wünschen dürfte, wie das Projekt sich in den nächsten fünf Jahren entwickelt, sähe er monatliche Aktivitäten, regional und überregional. Der Bedarf sei da, das merke man an den Rückmeldungen, die fast ausnahmslos positiv seien. »Die einzigen Beschwerden lauten, dass man gern noch mehr Angebote hätte«, sagt Rosenblatt lachend. In nächster Zeit werde es noch einige Überraschungen geben. Genaueres möchte er nicht verraten. Neugierige sollten auf der Webpage von achtzehnplus den Newsletter abonnieren. Wer achtzehnplus unterstützen möchte, ist ebenfalls herzlich willkommen.

Sicherheit

»Keine jüdische Veranstaltung soll je abgesagt werden müssen«

Nach dem Massaker von Sydney wendet sich Zentralratspräsident Josef Schuster in einer persönlichen Botschaft an alle Juden in Deutschland: Lasst euch die Freude an Chanukka nicht nehmen!

von Josef Schuster  17.12.2025

Deutschland

»Das Licht wird nicht erlöschen«

Trotz des Terroranschlags in Sydney lassen es sich viele Juden in Deutschland nicht nehmen, öffentlich Chanukka zu feiern. Ein Stimmungsbild

von Christine Schmitt, Helmut Kuhn, Nicole Dreyfus, Ulrike Gräfin Hoensbroech  17.12.2025

Interview

Holocaust-Überlebender Weintraub wird 100: »Ich habe etwas bewirkt«

Am 1. Januar wird Leon Weintraub 100 Jahre alt. Er ist einer der letzten Überlebenden des Holocaust. Nun warnt er vor Rechtsextremismus und der AfD sowie den Folgen KI-generierter Fotos aus Konzentrationslagern

von Norbert Demuth  16.12.2025

Magdeburg

Neuer Staatsvertrag für jüdische Gemeinden in Sachsen-Anhalt

Das jüdische Leben in Sachsen-Anhalt soll bewahrt und gefördert werden. Dazu haben das Land und die jüdischen Gemeinden den Staatsvertrag von 2006 neu gefasst

 16.12.2025

Bundestag

Ramelow: Anschlag in Sydney war Mord »an uns allen«

Erstmals gab es in diesem Jahr eine Chanukka-Feier im Bundestag. Sie stand unter dem Eindruck des Anschlags auf eine Feier zum gleichen Anlass am Sonntag in Sydney

 16.12.2025

Attentat in Sydney

»Was würden die Opfer nun von uns erwarten?«

Rabbiner Yehuda Teichtal hat bei dem Attentat in Sydney einen Freund verloren und wenige Stunden später in Berlin die Chanukkia entzündet. Ein Gespräch über tiefen Schmerz und den Sieg des Lichts über die Dunkelheit

von Mascha Malburg  16.12.2025

Berlin

Chanukka-Licht am Brandenburger Tor entzündet

Überschattet vom Terroranschlag in Sydney wurde in Berlin das erste Licht am Chanukka-Leuchter vor dem Brandenburger Tor entzündet. Der Bundespräsident war dabei

 15.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  15.12.2025

Berlin

Straße nach erster Rabbinerin der Welt benannt

Kreuzberg ehrt Regina Jonas

 12.12.2025