Stuttgart

Sonate und Nigun

Am 10. Juni hat die mittlerweile zwölfte Auflage des Internationalen Karl-Adler-Jugendmusikwettbewerbs in Stuttgart begonnen. Mit mehr als 70 Teilnehmern hatten sich so viele Kandidaten wie noch nie zuvor angemeldet. Daher muss der bundesweit einzige Wettbewerb für jüdische Musikbegabte einen Sonntag später fortgesetzt werden. Erst dann kann die Jury unter dem Vorsitz des Professors für Violine an der Hochschule für Musik Karlsruhe, Josef Rissin, die Preisträger ermitteln. Die Preisverleihung soll am 24. Juni im Gemeindesaal der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs (IRGW) stattfinden.

Bis dahin müssen sich Franziska und Michael Stemmer wie alle übrigen Teilnehmer noch gedulden. Während viele der vorspielenden Kinder und Jugendlichen ihr Talent bereits in den vergangenen Jahren unter Beweis gestellt hatten, nahmen die Geschwister zum ersten Mal am Karl-Adler-Jugendmusikwettbewerb teil.

Schlüsselerlebnis Dabei wurde Franziska Stemmer die Violine nicht gerade in die Wiege gelegt. »Ich komme aus keinem musikalischen Elternhaus wie so viele hier beim Wettbewerb«, sagt die 18-Jährige. Ein Video im Internet hatte sie elektrisiert: Vladimir Horowitz spielte Klavier. Und sie erinnert sich genau: »Er hat sich vor Konzertbeginn seine Nase geputzt, und die Leute haben schon geklatscht.« Franziska war sechs, und in diesem Moment wusste sie: Sie wollte Klavierspielen lernen – und am besten Geige noch dazu. »Nun mach mal eines nach dem anderen«, rieten die Eltern. Also begann Franziska zunächst, Klavier zu lernen, und nach drei Jahren kam die Geige hinzu.

Offenbar hat sie ihren zwei Jahre jüngeren Bruder Michael mit ihrer Leidenschaft angesteckt: Von Franziska begleitet, stellte er sich am vergangenen Sonntag als Saxofonist vor. Beide lernen am staatlichen Gymnasium »Schloss Belvedere« für musikalisch Hochbegabte in Weimar.

Michael Stemmer, der nach seinem Vortrag am Sonntag sofort den Weg zurück nach Thüringen antrat, studiert dort im Hauptfach Orgel; Saxofon ist sein Nebenfach. Franziska, die vor wenigen Wochen beim Bundeswettbewerb »Jugend musiziert« den ersten Preis für Violine gewann, erregte auch in Stuttgart die Aufmerksamkeit der Jury mit ihrem professionellen Programm: »Sonate für Violine und Klavier in a-Moll, Op. 105, 1. Satz mit leidenschaftlichem Ausdruck« von Robert Schumann, 1. Satz Allegro und Kadenz aus dem Violinkonzert in D-Dur, KV 218 von Wolfgang Amadeus Mozart und der Improvisation eines »Nigun aus Baal Shem«. Sie möchte die Musik zu ihrem Beruf machen.

Auditorium So hervorragend die Vorspiele sind, so betrüblich ist das Zuschauerinteresse. Das Auditorium besteht fast ausschließlich aus den Angehörigen der Teilnehmer. Dabei sind ihre Vorträge vielfältig, neben Violine und Klavier sind Violoncello, Gitarre, Harfe, Akkordeon, Blas- und Schlaginstrumente oder Gesang zu hören.

Allerdings hat das Publikum nach Abschluss des Wettbewerbs gleich dreimal die Möglichkeit, die Preisträger in einem öffentlichen Konzert zu erleben. Das erste Konzert findet nach der Preisverleihung am 24. Juni um 15 Uhr im Gemeindesaal der IRGW statt. Ort des zweiten Konzertes wird am 24. Juli um 19 Uhr das Haus der Musik im Fruchtkasten Stuttgart sein. Und zum dritten Konzert wird am 11. November dieses Jahres um 15 Uhr im Rahmen der Jüdischen Kulturwochen ins CVJZ in der Büchsenstraße eingeladen.

»Es freut mich ganz außerordentlich, dass von Jahr zu Jahr immer mehr junge Musiker zum Wettbewerb nach Stuttgart kommen«, sagt Margarita Volkova-Mendzelevskaya. Mit Stolz weist die Initiatorin und künstlerische Leiterin des Wettbewerbs auf die Teilnahme eines Enkels der schweizerisch-argentinischen Pianistin Martha Argerich am Wettbewerb hin. Er wird am 17. Juni sein Talent unter Beweis stellen.

Volkova-Mendzelevskaya ist es zu verdanken, dass neben der IRGW auch der Zentralrat der Juden den Preisträgerfonds mit sponsert. Außerdem beteiligen sich zahlreiche Einrichtungen und Privatpersonen an einem zweiten Preisträgerfonds, von dem Sonder- und Förderpreise finanziert werden können.

www.irgw.de/veranstaltungen

Bonn

Schoa-Überlebende und Cellistin Anita Lasker-Wallfisch wird 100

Sie war die »Cellistin von Auschwitz« - und später eine engagierte Zeitzeugin, die etwa vor Schülern über ihre Erlebnisse unter dem NS-Regime sprach. Jetzt feiert sie einen besonderen Geburtstag

von Leticia Witte  15.07.2025

Würdigung

Er legte den Grundstein

Vor 100 Jahren wurde Simon Snopkowski geboren. Zeitlebens engagierte sich der der Schoa-Überlebende für einen Neubeginn jüdischen Lebens in Bayern

von Ellen Presser  14.07.2025

München

Im Herzen ist sie immer ein »Münchner Kindl« geblieben

Seit 40 Jahren ist Charlotte Knobloch Präsidentin der IKG München. Sie hat eine Ära geprägt und das Judentum wieder in die Mitte der Gesellschaft gerückt

von Christiane Ried  14.07.2025

Jubiläum

Münchner Kultusgemeinde feiert Wiedergründung vor 80 Jahren

Zum Festakt werden prominente Gäste aus Politik und Gesellschaft erwartet

 14.07.2025

Berliner Ensemble

Hommage an Margot Friedländer

Mit einem besonderen Abend erinnerte das Berliner Ensemble an die Zeitzeugin und Holocaust-Überlebende. Pianist Igor Levit trat mit hochkarätigen Gästen auf

 14.07.2025

Reisen

Die schönste Zeit

Rom, Balkonien, Tel Aviv: Hier erzählen Gemeindemitglieder, an welche Urlaube sie sich besonders gern erinnern

von Christine Schmitt, Katrin Richter  13.07.2025

Solidarität

»Israel kann auf uns zählen«

Wie die Israelitische Kultusgemeinde München mit Spenden den Menschen vor Ort konkret helfen will

von Vivian Rosen  13.07.2025

Ravensbrück

Familie von KZ-Überlebender erhält Ring zurück

Im Frühjahr war es demnach einer Freiwilligen gelungen, die Familie von Halina Kucharczyk ausfindig zu machen

 11.07.2025

Thüringen

Voigt für deutsch-israelisches Jugendwerk in Weimar

Er führe dazu Gespräche mit israelischen Partnern, die bereits Interesse an einer Ansiedlung in Thüringen signalisiert hätten

 11.07.2025