Ignatz Bubis

»Seine Stimme fehlt«

Ignatz Bubis sel. A. Foto: dpa

Ignatz Bubis

»Seine Stimme fehlt«

Vor 20 Jahren starb der damalige Präsident des Zentralrats der Juden – sein Vermächtnis wirkt bis heute nach

von Eugen El  12.08.2019 09:33 Uhr

Groß war die Anteilnahme, als Ignatz Bubis am 13. August 1999 im Alter von 72 Jahren in Frankfurt am Main starb. Die Bundesregierung würdigte den Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland als »einen großen Deutschen jüdischen Glaubens, dessen Lebensweg so sehr geprägt war von den dunkelsten Stunden der deutschen Geschichte«.

Der damalige Bundesaußenminister Joschka Fischer (Die Grünen) sagte damals in der Jüdischen Allgemeinen, er habe in Ignatz Bubis »einen Menschen verloren, den ich für seinen Optimismus, ja manchmal auch für seine Zweifel und, ganz am Ende seines Lebens, auch für seine Verzweiflung, für sein unerschrockenes Eintreten für Minderheiten, Menschenrechte und Demokratie bewundert habe«.

FAMilie Ignatz Bubis wurde am 12. Januar 1927 als siebtes und jüngstes Kind des Ehepaars Hannah und Jehoschua Josef Bubis in Breslau geboren. 1935 floh die Familie ins polnische Deblin. Bubis überlebte das dort 1941 von den deutschen Besatzern eingerichtete Ghetto sowie das Arbeitslager in Tschenstochau. Der größte Teil seiner Familie wurde in der Schoa ermordet.

Im »Häuserkampf« der frühen 70er‐Jahre wurde der Immobilieninvestor als »Spekulant« beschimpft.

Auf die Befreiung folgten mehrere Zwischenstationen. 1956 zog Bubis mit seiner Frau Ida nach Frankfurt am Main. Im »Häuserkampf« der frühen 70er-Jahre wurde der Immobilieninvestor als »Spekulant« beschimpft. 1985 besetzte Bubis, inzwischen Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, gemeinsam mit anderen die Bühne des Frankfurter Schauspiels, um gegen die Uraufführung des als antisemitisch kritisierten Stücks Der Müll, die Stadt und der Tod von Rainer Werner Fassbinder zu protestieren.

Gemeindezentrum Im Jahr darauf konnte das neue Frankfurter Gemeindezentrum eingeweiht werden. Nach dem Tod von Heinz Galinski wurde Ignatz Bubis 1992 Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland. Im selben Jahr erschütterten die gewalttätigen, rassistisch motivierten Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen die Republik. Bubis stellte sich an die Seite der Angegriffenen und besuchte den Tatort. Politisch engagierte sich Bubis seit 1969 in der FDP.

In seine Amtszeit als Vorsitzender, seit 1997 Präsident, des Zentralrats der Juden fiel zudem die Einwanderung jüdischer »Kontingentflüchtlinge« aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland. Deren Integration stellte die jüdischen Gemeinden vor große Herausforderungen.

Als der Schriftsteller Martin Walser im Oktober 1998 in der Frankfurter Paulskirche von der »Moralkeule Auschwitz« sprach, warf ihm Bubis »geistige Brandstiftung« vor. Es folgte eine mehrmonatige kontroverse Debatte. Nur wenige Wochen vor seinem Tod sagte Ignatz Bubis in einem »Stern«-Interview, er habe als Zentralratspräsident »fast nichts« bewirkt. Beigesetzt wurde er am 15. August 1999 in Tel Aviv.

Zusammenhalt 20 Jahre später wirkt Ignatz Bubis’ Engagement immer noch nach. »In Frankfurt am Main verdanken wir ihm das nach ihm benannte Gemeindezentrum, welches es ohne seinen unermüdlichen Einsatz nicht gegeben hätte«, sagt Salomon Korn, seit 1999 Vorstandsvorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt.

»Oft wird mir gesagt, dass die Stimme meines Vaters fehlt. Und das stimmt.« Naomi Bubis

Auch heute, so Korn, könne man von Bubis lernen, »wie wichtig der Zusammenhalt unterschiedlicher Strömungen, verschiedener religiöser Ausrichtungen und abweichender politischer Ansichten unter dem einigenden Dach des Zentralrats der Juden in Deutschland ist, wenn die jüdische Gemeinschaft in Deutschland sich in den sie betreffenden, politisch relevanten Fragen dauerhaft öffentliches Gehör verschaffen möchte«.

»Mein Vater war eher still im persönlichen Umfeld, da er seine ganze Energie nach draußen investierte«, erinnert sich Ignatz Bubis’ in Tel Aviv lebende Tochter Naomi. Er sei tief getroffen gewesen, wenn Menschenrechte verletzt wurden – und nicht nur die der jüdischen Gemeinde. Auch Naomi Bubis ist überzeugt, dass sein Engagement fortwirkt: »Oft wird mir gesagt, dass die Stimme meines Vaters fehlt. Und das stimmt.«

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