Wiesenthal-Zentrum

»Rezept für ein Desaster«

Abraham Cooper vom Wiesenthal-Zentrum Foto: Rolf Walter

Wiesenthal-Zentrum

»Rezept für ein Desaster«

Abraham Cooper über den Antisemitismus in Berlin, Bürgermeister Michael Müller und deutsche Behörden

von Katrin Richter  16.10.2019 15:38 Uhr

Herr Cooper, Sie waren vor wenigen Wochen in Berlin. Welchen Eindruck hatten Sie von der Stadt?
Auf dem Weg zu einem koscheren Restaurant habe ich mich mit einem Taxifahrer unterhalten. Er erzählte mir, wie lebenswert und weltoffen diese Stadt ist. Das zu hören, war wundervoll. Allerdings wurde am gleichen Abend ein israelischer Jugendlicher, der Hebräisch sprach – eine von so vielen Sprachen in Berlin –, genau deswegen angegriffen. Und das ist unglücklicherweise Teil unserer Lebenswirklichkeit.

Sie haben sich auch mit dem Berliner Bürgermeister Michael Müller getroffen, der zuvor mit seinem Teheraner Amtskollegen zusammengekommen war. Was haben Sie besprochen?
Unser Treffen war sehr wichtig. Ich habe dem Bürgermeister vorgeschlagen, sich auch mit iranischen Oppositionellen zu treffen. Ein weiteres Anliegen war es, dass er die Hisbollah zu einer Terrororganisation erklärt. Das sollte kein symbolischer Schritt, sondern ein praktischer sein, denn deren Ideologie breitet sich in der muslimischen Gemeinschaft von Berlin aus. Ich habe auch das Thema Hassverbrechen angesprochen, denn es muss zu deren Bekämpfung eine bessere Struktur geben.

Kürzlich wurden zwei Täter, die einen jungen Juden bedrohten, weil er israelische Musik hörte, zu Bewährung und Freizeitarrest verurteilt. Wie bewerten Sie das?
Diese Psychologie dahinter muss durchbrochen werden, denn sie sendet den Tätern keine Message. Und das ist ein Rezept für ein Desaster. Der Antisemitismusbeauftragte Felix Klein hat also vollkommen recht, wenn er härtere Strafen für antisemitische Übergriffe fordert.

Tun deutsche Behörden aus Ihrer Sicht genug?
Das kann ich schlecht einschätzen, aber in Frankreich beispielsweise, wo es viele schreckliche Vorfälle gab, ist das größte Problem, dass sich die Judikative weigert, sich ernsthaft mit antisemitischen Hassverbrechen auseinanderzusetzen. Die Polizei macht ihre Arbeit. Nur am anderen Ende funktioniert es nicht. Antisemiten haben dort nicht viel zu befürchten.

Mit dem stellvertretenden Direktor des Simon-Wiesenthal-Zentrums in Los Angeles sprach Katrin Richter.

Begegnung

Raum für das Unvergessene

Jede Woche treffen sich Schoa-Überlebende im Münchner »Café Zelig«, um Gemeinschaft zu finden im Schatten der Geschichte. Ein Ortsbesuch

von Katrin Diehl  23.04.2025

Interview

»Das Gedenken für Jugendliche greifbar machen«

Kurator Pascal Johanssen zur neuen Ausstellung im ehemaligen Jüdischen Waisenhaus in Pankow

von Gerhard Haase-Hindenberg  21.04.2025

Porträt der Woche

Austausch mit Gleichen

Maria Schubert ist Gemeindesekretärin in Magdeburg und tanzt gern

von Alicia Rust  18.04.2025

Feiertage

Hymne auf die Freiheit

Der Alexander-Moksel-Kindergarten führte im Gemeindezentrum ein Pessach-Musical auf

von Vivian Rosen  17.04.2025

Berlin

Mazze als Mizwa

Das Projekt »Mitzvah Day« unterstützt die Berliner Tafel mit einer Lebensmittel-Spende

von Katrin Richter  17.04.2025

Berlin

Berlin: Gericht bestätigt fristlose Kündigung von Rabbiner

Das Berliner Arbeitsgericht hat die fristlose Kündigung eines Rabbiners wegen sexueller Belästigung eines weiblichen Gemeindemitglieds bestätigt

 16.04.2025

Jewrovision

»Schmetterlinge im Bauch«

Nur stilles Wasser trinken, noch einmal gut essen, dann geht es auf die Bühne. Die Moderatoren Masha und Gregor verraten, wie sie sich vorbereiten und mit dem Lampenfieber umgehen

von Christine Schmitt  16.04.2025

München

Hand in Hand

Ein generationsübergreifendes Social-Media-Projekt erinnert an das Schicksal von Schoa-Überlebenden – Bayern-Torwart Daniel Peretz und Charlotte Knobloch beteiligen sich

von Luis Gruhler  15.04.2025

Literatur

Die Zukunft Israels hat längst begonnen

Der Schriftsteller Assaf Gavron stellte im Jüdischen Gemeindezentrum seinen aktuellen Erzählband vor

von Nora Niemann  14.04.2025