Jüdische Gemeinde Halle

Polizei hätte von Feier wissen können

Die Tür der Synagoge in Halle nach dem Anschlag eines Rechtsextremisten am 9. Oktober 2019 Foto: Stephan Pramme

Nach Angaben der Jüdischen Gemeinde Halle hätte die Polizei von dem Feiertag Jom Kippur am Tag des Anschlags auf die Synagoge in der Stadt wissen können.

»In jedem Jahr versendet der Landesverband Jüdischer Gemeinden Sachsen-Anhalt den aktuellen jüdischen Jahreskalender«, sagte der Gemeindevorsitzende Max Privorozki der Deutschen Presse-Agentur. Diesen hätten auch das Landesinnenministerium und die Stadt Halle bekommen.

Jom Kippur Zuvor hatte die Leiterin des Polizeireviers Halle, Annett Wernicke, in einem Untersuchungsausschuss im Magdeburger Landtag gesagt, der Polizei sei nicht bekannt gewesen, dass am 9. Oktober der höchste jüdische Feiertag Jom Kippur gefeiert werde.

»Neben allen jüdischen Feiertagen enthält dieser Kalender Erklärungen zu den wichtigsten jüdischen Festen und Hohen Feiertagen sowie Darstellungen des Gemeindelebens«, betonte Privorozki.

Deswegen habe es vor der Feier keinen gesonderten Hinweis an die Sicherheitsbehörden gegeben. Laut Wernicke hatte die Polizei keine Anzeichen für Gefahren. »Und es lag keine Anforderung durch die jüdische Gemeinde vor«, so die Polizistin.

Hinweis Auch der Chef der Polizeiinspektion Halle, Mario Schwan, sagte dem Ausschuss, dass es »keinen einzigen Hinweis auf eine Gefahr am Jom-Kippur-Feiertag« gegeben habe. Die Inspektion ist für den Süden Sachsen-Anhalts zuständig und erstellt auch Sicherheitskonzepte für religiöse Einrichtungen. Der Einsatzleiter am Tattag, Christian Baust, gab an, nicht gewusst zu haben, dass Jom Kippur ist.

Privorozki hält den Sicherheitsbehörden zugute, dass unmittelbar nach dem Anschlag »wesentliche Schutzmaßnahmen« eingeleitet worden seien. Derzeit führten alle Jüdischen Gemeinden und der Landesverband Jüdischer Gemeinden Sachsen-Anhalt intensive Verhandlungen über ein tragfähiges Sicherheitskonzept.

Anschlag Am 9. Oktober vorigen Jahres hatte ein schwer bewaffneter Mann versucht, in die gut besuchte Synagoge in Halle während des höchsten jüdischen Feiertags Jom Kippur einzudringen. Als das misslang, erschoss er in der Nähe zwei Menschen und verletzte auf seiner Flucht weitere Menschen schwer, ehe er festgenommen wurde.

Der 28 Jahre alte Deutsche sitzt seit der Tat in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm zweifachen Mord und 68-fachen Mordversuch »aus einer antisemitischen, rassistischen und fremdenfeindlichen Gesinnung heraus« vor. dpa

Hamburg

»An einem Ort getrennt vereint«

In der Hansestadt soll die Bornplatzsynagoge, die in der Pogromnacht von den Nazis verwüstet wurde, wiederaufgebaut werden. Ein Gespräch mit dem Stiftungsvorsitzenden Daniel Sheffer über Architektur, Bürokratie und Räume für traditionelles und liberales Judentum

von Edgar S. Hasse  13.09.2025

Meinung

»Als Jude bin ich lieber im Krieg in der Ukraine als im Frieden in Berlin«

Andreas Tölke verbringt viel Zeit in Kyjiw und Odessa – wo man den Davidstern offen tragen kann und jüdisches Leben zum Alltag gehört. Hier schreibt er, warum Deutschland ihm fremd geworden ist

von Andreas Tölke  13.09.2025

Porträt der Woche

Das Geheimnis

Susanne Hanshold war Werbetexterin, Flugbegleiterin und denkt über Alija nach

von Gerhard Haase-Hindenberg  13.09.2025

Jahrestag

»So betäubend wie damals«

Am Mahnmal in Fürstenfeldbruck wurde an die Opfer des Olympia-Attentats von 1972 erinnert

von Luis Gruhler  13.09.2025

Feiertage

Tradition im Paket

Das Familienreferat des Zentralrats der Juden verschickt die neuen Mischpacha-Boxen mit allerhand Wissenswertem rund um Rosch Haschana und Sukkot

von Helmut Kuhn  12.09.2025

Interview

»Berlin ist zu meiner Realität geworden«

Die Filmemacherin Shoshana Simons über ihre Arbeit, das Schtetl und die Jüdische Kunstschule

von Pascal Beck  11.09.2025

München

Ein Fundament der Gemeinde

Die Restaurierung der Synagoge an der Reichenbachstraße ist abgeschlossen. In den Erinnerungen der Mitglieder hat das Haus einen besonderen Platz

von Luis Gruhler  11.09.2025

Berlin

Soziale Medien: »TikTok-Intifada« und andere Probleme

Die Denkfabrik Schalom Aleikum beschäftigte sich auf einer Fachtagung mit Hass im Netz: »Digitale Brücken, digitale Brüche: Dialog in Krisenzeiten«

 11.09.2025

Dialog

Brücken statt Brüche

Eine neue große Tagung der Denkfabrik Schalom Aleikum widmet sich der digitalen Kommunikation in Krisenzeiten

 11.09.2025