Dresden

Nur 212 Namen sind bekannt

David Adam wollte etwas machen, »was die Lücke in der Erinnerungskultur füllt«. QR-Code scannen und mehr erfahren. Foto: Wolfram Nagel

Dresden

Nur 212 Namen sind bekannt

Die Stadt gedenkt der Jüdinnen und Juden, die mit den ersten Deportationszügen nach Riga gebracht wurden

von Wolfram Nagel  27.01.2022 06:38 Uhr

Kerzen und Blumen am Absperrzaun. Über den Bogenfenstern der klassizistischen Bahnhofsfassade fragen drei weiße Schilder: Wann? – Wie viele? – Wohin? Gut 100 Dresdner verteilen sich auf dem Platz.

Auf einer improvisierten Bühne erinnert André Lang vom Verein »Herz statt Hetze« an den ersten Deportationszug, den die NS-Behörden hier am Morgen des 21. Januar 1942 zusammenstellten, für den Abtransport nach Riga. Eine offizielle Liste existiert nicht. In jahrelanger Kleinarbeit wurden 212 Dresdner Juden und Jüdinnen namentlich ermittelt. Von vielen verliert sich die Spur.

Güterbahnhof Die Nazis vollzogen den Abtransport abseits, vom Güterbahnhof aus. Schon deshalb müsse der Alte Leipziger Bahnhof als Gedenkort erhalten bleiben, fordert der Historiker Daniel Ristau. Er hat auch die Ausstellungsintervention Rethinking Stadtgeschichte. Perspektiven jüdischer Geschichten und Gegenwarten im Stadtmuseum Dresden kuratiert.

Das Bahnhofsgebäude selbst ist bauliches Zeugnis dieser Zeit, von der im zukünftigen Zentrum für jüdische Geschichte und Kultur erzählt werden sollte, forderte Thomas Feist, Beauftragter für das Jüdische Leben der sächsischen Staatsregierung, bei einem Online-Forum am Sonntag, angeregt von der Dresdner Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch zur Frage: »Braucht Sachsen ein Jüdisches Museum?«

schilder Auch der Künstler David Adam beschäftigt sich schon lange mit dem Alten Leipziger Bahnhof. Angeregt vom Stadtratsbeschluss, hier einen Gedenkort zu schaffen, begann er im vergangenen Herbst, die zugewucherte Ruine freizulegen. Zum Gedenken an die Deportation der Dresdner Juden brachte er die drei markanten Bahnhofsschilder über den Fenstern der ehemaligen Empfangshalle an, installiert nach der DIN von 1936.

Seit Dezember 2021 gehört das Gelände dem kommunalen Unternehmen Sachsen-
energie. Dies biete die Chance, das historische Bahnhofsgebäude vor dem weiteren Verfall zu retten und es wieder mit Leben zu füllen, sagte André Lang bei der Gedenkfeier am 20. Januar. Er und andere Redner forderten die Verantwortlichen im Land und in der Stadt auf, ihren Sonntagsreden für Bildung und gegen Antisemitismus Taten folgen zu lassen: Dresden brauche eine dauerhafte Erinnerungs- und Begegnungsstätte am Alten Leipziger Bahnhof. »Nicht irgendwann – sondern jetzt!«

Wie groß das Interesse an dem Projekt ist, zeigte auch die von Annekatrin Klepsch angeregte Online-Diskussion zur Frage nach einem Jüdischen Museum in Sachsen. Am ersten Forum nahmen mehr als 100 Interessierte teil. Für den 1., 10. und 22. März sind weitere öffentliche Diskussionsrunden geplant.

Berlin

Unter die Haut

Der Künstler Gabriel Wolff malt, formt und tätowiert »jüdische Identität

von Alicia Rust  15.06.2025

Porträt der Woche

Zwischen den Welten

Ruth Peiser aus Berlin war Goldschmiedin, arbeitete bei einer Airline und jobbt nun in einer Boutique

von Gerhard Haase-Hindenberg  15.06.2025

Berlin

»Drastisch und unverhältnismäßig«

Die Jüdische Gemeinde erhöht die Gebühren ab September deutlich. Betroffene Eltern wehren sich mit einer Petition

von Christine Schmitt  12.06.2025

Hamburg

Kafka trifft auf die Realität in Tel Aviv

Ob Krimi, Drama oder Doku – die fünften Jüdischen Filmtage beleuchten hochaktuelle Themen

von Helmut Kuhn  12.06.2025

Weimar

Yiddish Summer blickt auf 25 Jahre Kulturvermittlung zurück

Zwischen dem 12. Juli und 17. August biete die internationale Sommerschule für jiddische Musik, Sprache und Kultur in Weimar diesmal insgesamt über 100 Programmbausteine an

von Matthias Thüsing  11.06.2025

Sachsen

Verdienstorden für Leipziger Küf Kaufmann

Seit vielen Jahren setze er sich für den interreligiösen Dialog und den interkulturellen Austausch von Menschen unterschiedlicher Herkunft ein

 11.06.2025

Oldenburg

Brandanschlag auf Synagoge: Beschuldigter bittet um Entschuldigung

Am 5. April 2024 war ein Brandsatz gegen die massive Tür des jüdischen Gebetshauses in der Leo-Trepp-Straße geworfen worden

 11.06.2025

Erinnerung

731 Schulen erinnern an Anne Frank

Der Aktionstag findet seit 2017 jährlich am 12. Juni, dem Geburtstag des Holocaust-Opfers Anne Frank (1929-1945), statt

 11.06.2025

Grand Schabbaton

Eine 260-köpfige Familie

In Potsdam brachte der»Bund traditioneller Juden« mehrere Generationen zusammen

von Mascha Malburg  11.06.2025