Trauer

Margot Friedländer wird in Berlin beigesetzt

Margot Friedländer verstarb am Freitag mit 103 Jahren in Berlin. Foto: picture alliance / PIC ONE

Der Tod der Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer (1921–2025) ist in Politik und Gesellschaft mit großer Trauer und in tiefem Respekt vor der engagierten NS-Zeitzeugin aufgenommen worden.

Die Berliner Ehrenbürgerin werde in ihrer Geburtsstadt Berlin beigesetzt, sagte ein Sprecher ihrer Stiftung dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Samstag. Ort und Tag sollen zu Beginn der kommenden Woche bekannt gegeben werden.

Margot Friedländer starb am Freitag mit 103 Jahren. Noch zwei Tage zuvor hatte sie bei einer Gedenkveranstaltung in Berlin zum 80. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus und des Weltkriegsendes in Europa am 8. Mai 1945 bewegende Worte an die Gäste gerichtet und war dafür mit stehenden Ovationen bedacht worden.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war Friedländer in die USA gezogen, erst mit 88 Jahren kehrte sie nach Berlin zurück. Seither sprach sie auf unzähligen Veranstaltungen über ihr Leben und wurde zu einer eindrücklichen Botschafterin für Versöhnung und gegen das Vergessen.

Im Bundestag soll zu Beginn der kommenden Sitzungswoche für die Abgeordneten ein Kondolenzbuch ausgelegt werden, wie Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) ankündigte. »Mit dieser Geste bezeugt der Deutsche Bundestag seinen Respekt und seine Dankbarkeit gegenüber Margot Friedländer«, erklärte Klöckner. Auch im Roten Rathaus, dem Sitz der Berliner Senatskanzlei, soll ein Kondolenzbuch ausgelegt werden.

Zahlreiche Politikerinnen und Politiker und Vertreter aus Gesellschaft und Religionsgemeinschaften würdigten die Persönlichkeit und den unermüdlichen Einsatz Friedländers.

Zahlreiche Politikerinnen und Politiker und Vertreter aus Gesellschaft und Religionsgemeinschaften würdigten die Persönlichkeit und den unermüdlichen Einsatz Friedländers. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erklärte, sie habe »jeden, der ihr begegnete, mit ihrer Wärme, ihrer Zugewandtheit, ihrer ungeheuren Kraft beeindruckt«. Ihre tiefe Menschlichkeit habe ihn im Innersten berührt.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) nannte die Verstorbene »eine der stärksten Stimmen unserer Zeit«, die sich »für ein friedliches Miteinander, gegen Antisemitismus und Vergessen« starkgemacht habe.

Sein Amtsvorgänger Olaf Scholz (SPD) erklärte, Friedländers Tod berühre ihn sehr. »Wir verlieren eine starke Frau, eine Kämpferin für Menschlichkeit«, betonte Scholz. Alt-Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte der »Bild«-Zeitung: »Wir können gar nicht dankbar genug sein, dass Margot Friedländer die Kraft fand, von ihrer Leidens- und Lebensgeschichte zu erzählen.«

Friedländer habe das getan, weil sie überzeugt gewesen sei, »dass es von überragender Bedeutung war und ist, gerade junge Menschen dafür zu gewinnen, sich entschieden gegen Ausgrenzung, Abwertung, Rassismus, Antisemitismus und jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu wenden«. Kein Satz könne dieses Vermächtnis eindrucksvoller vermitteln als Margot Friedländers Mahnung: »Seid Menschen«. 

Lesen Sie auch

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, betonte, Margot Friedländer habe »den Glauben an eine gerechte, friedliche Welt niemals aufgegeben. Ehren wir sie, indem wir diesen Glauben weitertragen.« Der evangelische Berliner Bischof Christian Stäblein erklärte, gerade in einer Zeit, »in der Antisemitismus wieder wächst und demokratische Grundwerte infrage gestellt werden, war ihre Stimme ein Licht«. Der katholische Berliner Erzbischof Heiner Koch betonte: »Ihr Lebenszeugnis, Ihre Bereitschaft zur Versöhnung werden fehlen.«

Der Geschäftsführer des Internationalen Auschwitz Komitees, Christoph Heubner, erklärte, mit ihrer »leisen und klaren Botschaft der Erinnerung und der Menschenliebe, ihrer Würde und ihrer Präsenz« habe Margot Friedländer viele Menschen berührt. Zugleich habe sie damit »immer wieder die Dunkelheit und die Dummheit des rechtsextremen und antisemitischen Hasses« überstrahlt. epd/dpa/ja

Berlin

Margot Friedländer: Levit kämpft bei Deutschem Filmpreis mit Tränen

Beim Deutschen Filmpreis nutzt Igor Levit die Bühne, um der verstorbenen Holocaust-Zeugin Margot Friedländer zu gedenken. Dabei muss der Starpianist mehrmals um Fassung ringen. Im Saal wird es still

 09.05.2025

Zentralrat der Juden

»Margot Friedländer war eine mutige und starke Frau«

Josef Schuster hat mit bewegenden Worten auf den Tod der Holocaust-Überlebenden reagiert

 09.05.2025

Porträt

Ein Jahrhundertleben

Tausende Schüler in Deutschland haben ihre Geschichte gehört, noch mit über 100 Jahren trat sie als Mahnerin auf. Margot Friedländer war als Holocaust-Zeitzeugin unermüdlich

von Verena Schmitt-Roschmann  09.05.2025

Nachruf

Trauer um Holocaust-Überlebende Margot Friedländer 

Mit fast 90 kehrte Margot Friedländer zurück nach Berlin, ins Land der Täter. Unermüdlich engagierte sich die Holocaust-Zeitzeugin für das Erinnern. Nun ist sie gestorben - ihre Worte bleiben

von Caroline Bock  09.05.2025

Interview

Yorai Feinberg: »Die Wassermelone ist das Symbol von Judenhassern«

Der Restaurantbesitzer über den Wassermelonen-Eklat, die Welle des Antisemitismus, die regelmäßig das »Feinberg’s« trifft und über Zeichen der Solidarität

von Imanuel Marcus  09.05.2025

Berlin

Verleihung von Bundesverdienstkreuz an Margot Friedländer verschoben

Erst vor einem Monat erhielt die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer den Preis des Westfälischen Friedens. Die Verleihung einer weiteren hohen Auszeichnung findet kurzfristig jedoch nicht statt

 09.05.2025

Interview

»Mir war himmelangst«

Die 96-Jährige Ruth Winkelmann überlebte die Novemberpogrome in Berlin. Bis heute geht sie in Schulen und spricht über ihr Schicksal - und darüber, was ihr den Glauben an die Menschheit zurückgegeben hat

von Nina Schmedding  09.05.2025 Aktualisiert

Urteil

Klage von jüdischem Erben gegen Sparkasse Hagen bleibt erfolglos

Der Großvater des Klägers hatte den Angaben zufolge 1932 ein Konto bei der Sparkasse in Hagen eröffnet und darauf Geld eingezahlt. Später floh er mit seiner Ehefrau in die Schweiz

 07.05.2025

Digitale Erinnerung

Neue App zeigt Deutschland-Karte mit Nazi-Verbrechen

Von 1933 bis 1945 haben die Nationalsozialisten Menschen enteignet, missbraucht, getötet. Die Untaten auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik versammelt eine neue App. Schon zum Start gibt es eine Erweiterungs-Idee

von Christopher Beschnitt  07.05.2025