Chortreffen

Liturgie und Einzelhandel

Nils Busch-Petersen organisiert das erste Louis-Lewandowski-Festival

von Jonathan Scheiner  05.12.2011 17:09 Uhr

Engagiert: Nils Busch-Petersen Foto: Gregor Zielke

Nils Busch-Petersen organisiert das erste Louis-Lewandowski-Festival

von Jonathan Scheiner  05.12.2011 17:09 Uhr

Ohne Smartphone ginge wohl nichts im Leben des Nils Busch-Petersen. Denn der 48-jährige Rostocker hat zwei Berufe. Auf einer seiner beiden Visitenkarten steht, dass er Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg (HBB) ist. Auf der anderen steht »Festivaldirektor« des Louis-Lewandowski-Festivals. Der Eindruck, dass das eine nichts mit dem anderen zu tun haben könnte, täuscht.

Bei dem Festival, das zum ersten Mal stattfindet, werden acht der bekanntesten Chöre der Welt Musik von Louis Lewandowski, dem bedeutendsten Erneueres synagogaler Musik, aufführen. Geplant sind nicht nur Konzerte in den Berliner Synagogen, sondern auch in Kirchen. Eine organisatorische Mammutaufgabe, die Busch-Petersen übernommen hat. »Es ist, als würde man einen Sack Flöhe hüten.«

Liberal Jeder Chor hat so seine Eigenheit, was nicht nur mit der unterschiedlichen regionalen Herkunft – Jerusalem, Toronto oder Straßburg – zu tun hat. »Die einen wollen zum Beispiel nicht in Kirchen singen«, sagt der Festivaldirektor. »Und kurioserweise wollen manche ausschließlich dort auftreten. Andere dagegen möchten keinesfalls in Synagogen, die liberal sind.« Kleine Herausforderungen, die zur Abschlussveranstaltung des Festivals in der Synagoge Rykestraße dann wohl überwunden sein werden.

Denn zu diesem Zeitpunkt treten die acht Chöre gemeinsam auf. »Jeder darf nur zwei Lieder vortragen, doch dieses reduzierte Programm wird allein schon zweieinhalb Stunden dauern«. Nils Busch-Petersen hat bereits eine Choreografie ausgeklügelt, eine »Art Reise nach Jerusalem«. Denn bei 300 Menschen, die nacheinander auf die Bühne kommen, müsse man aufpassen, dass sie sich nicht auf die Füße treten.

Und dann wäre da noch eine Vielzahl anderer Herausforderungen zu meistern. Zum Beispiel der Schabbat, an dem keine Aufführungen stattfinden dürfen. Oder die Unterbringung der Chormitglieder und ihrer Familien. Weil viele Musiker mit Anhang anreisen möchten, wäre das ohnehin schon knappe Hotel-Budget beinahe gesprengt worden.

Supermarkt Doch das vielleicht größte Problem bestand darin, koscheres Essen für eine so große Menschenmenge zu organisieren. Da unterscheidet sich die deutsche Metropole noch immer von Paris, London oder Tel Aviv. Doch allmählich werde es besser, meint Busch-Petersen, denn inzwischen haben einige Supermärkte ein kleines koscheres Sortiment. Was aber sein zweites Leben als »Lobbyist«, wie er sich selbst nennt, mit dem Festival zu tun hat, ist leicht beantwortet: »Das hat natürlich mit Geld zu tun«, sagt Busch-Petersen. »Denn das kommt von den Händlern.« Mit denen ist Busch-Petersen sozusagen auf Du und Du.

Und so erzählt der BAG-Hauptgeschäftsführer, dass der Handel durch das Festival einen zusätzlichen verkaufsoffenen Sonntag, der ihnen sonst juristisch untersagt worden ist, zugestanden bekomme. Was an so einem Tag umgesetzt werde, könne man sich ja ausmalen.« Da gebe man im Gegenzug gerne mal ein wenig Geld für ein jüdisches Chorfestival. Und deshalb hat Busch-Petersen auch schon fast die Finanzierung für das nächste Event in der Tasche.

Das Festival findet vom 16. bis 18. Dezember statt.

Weitere Informationen gibt es auf der Homepage
www.louis-lewandowski-festival.de

Pünktlich zum Festival erscheint das Buch von
Jascha Nemtsov und Hermann Simon: Louis Lewandowski. »Liebe macht das Lied unsterblich«. Hentrich & Hentrich, Berlin 2011, 80 S., 8,90 €

Esslingen

Antike Graffiti

Der Künstler Tuvia ben Avraham beschreibt das Judentum anhand uralter Buchstaben – und jeder darf mitmachen

von Valentin Schmid  09.12.2024

Berlin

Campus mit Kita und Café

Noch bis zum 10. Dezember können Architekten ihre Entwürfe für den Neubau an der Synagoge Fraenkelufer einreichen

von Christine Schmitt  09.12.2024

München

Mit Erfahrung zum Erfolg

Die Spieler des Schachklubs der IKG gehören zu den stärksten in Bayern – allen voran Leonid Volshanik

von Vivian Rosen  09.12.2024

Bundestag

Zentralrat der Juden schlägt Maßnahmen für Schutz jüdischen Lebens vor

Was der jüdische Dachverband von den Parteien mit Blick auf die Neuwahlen erwartet

 09.12.2024

Frankfurt

»Voll akzeptiert in der Gemeinde«

Rabbinerin Elisa Klapheck über das Jubiläum des Egalitären Minjans und das Konzept »Alle unter einem Dach«

von Ralf Balke  07.12.2024

Interview

»Damit ihr Schicksal nicht vergessen wird«

Die Schauspielerin Uschi Glas setzt sich für die Befreiung der israelischen Geiseln ein. Ein Gespräch über Menschlichkeit, Solidarität und Gegenwind

von Louis Lewitan  07.12.2024

Bedrohung

Wehrt euch!

Wie kann es sein, dass Juden wieder in Angst leben müssen? Wie kann es sein, dass Kippa zu tragen, gefährlich ist, während die Kufiya zum Fashion-Icon für Pseudo-Wokies wird? Ein Aufschrei

von Yaron Jacobs  07.12.2024

München-Schwabing

Ein Stück Hoffnung

Die Synagoge Shaʼarei Zion in der Georgenstraße erhielt eine neue Torarolle

von Luis Gruhler  07.12.2024

Porträt der Woche

Beamtin aus Leidenschaft

Diana Goldschmidt aus Hannover entdeckte als Schülerin ihr Interesse für öffentliche Aufgaben

von Gerhard Haase-Hindenberg  07.12.2024