Berlin

Küssen statt Kämpfen

Der Schweiß tropft förmlich von der Decke, die Luft ist bereits zum Schneiden dick, doch als die iranische DJane Miss Fafa sich am Samstagabend im Sophienclub in Mitte hinter die Plattenteller stellt, erreicht die Stimmung ihren absoluten Höhepunkt.

Mit ihrem wilden Mix aus persischen Sounds und Charthits begeistert die Iranerin die Besucher und treibt sie auf die Tanzfläche. Man kann es nicht anders sagen: Die Iranerin rockt den Sophienclub in dieser Nacht ohne Ende.

Eingeladen wurde die Wahlberlinerin Miss Fafa von der Partyreihe »Berlin Meschugge«, die Samstag vergangener Woche unter dem Motto »Charity Party for Peace« zu einer Feier für den Nahen Osten aufgerufen hatte. Die ganze Nacht tanzten junge Israelis, Araber und Deutsche zu einer bunten Mischung aus israelischer und orientalischer Musik, um Gemeinsamkeiten dort aufzuzeigen, wo viel zu oft von unüberbrückbaren Unterschieden die Rede ist.

säkular Für Aviv Netter, den Kopf hinter Berlin Meschugge, liegen diese Gemeinsamkeiten nicht zuletzt auch in der Musik. In diesem Punkt sind sich die arabische und die jüdische Kultur ziemlich ähnlich, findet der junge Israeli. Als der 30-Jährige vor acht Jahren aus Tel Aviv nach Berlin kam, wollte er mit den Meschugge-Partys einen Ort schaffen, an dem er seine jüdisch-säkulare Identität und seine Homosexualität gleichermaßen ausleben konnte.

Inzwischen gehören seine unkoscheren Nächte zum festen Repertoire der Berliner Feierszene. DJs wie Gloria Viagra, eine zwei Meter große Blondine mit beachtlichem Schnurrbart, sind dort genauso anzutreffen wie junge Israelis oder leicht schüchterne Berlin-Touristen aus der Provinz.

Bunt, laut und schrill – das ist auch das Motto der Meschugge-Peace-Party. Angesichts der aktuellen Situation im Nahen Osten war diese Feier jedoch politischer als die »normalen« Abende. Zwar sollte es bei der Veranstaltung ursprünglich weniger um Politik als um jüdisch-israelische Kultur gehen, trotzdem habe er das Gefühl gehabt, dass man dieses Thema irgendwie aufgreifen müsse, erklärt Netter: »Was im Nahen Osten gerade passiert, ist einfach viel zu groß, um es zu ignorieren.« Deshalb lud er kurzerhand befreundete DJs aus der Türkei und dem Iran ein, um aus Berlin ein Zeichen zu senden: »Wir sind hier, wir leben zusammen!« Normalität im Umgang miteinander statt inszeniertem Versöhnungskitsch.

Moral Diesen Ansatz verfolgt Aviv keinesfalls zum ersten Mal. Er und Miss Fafa etwa kennen sich seit längerer Zeit, schon oft haben sie israelisch-iranische Partys zusammen veranstaltet. Netter ist nicht so naiv zu glauben, dass solche Veranstaltungen die machtpolitisch verkeilte Situation im israelisch-iranischen Dauerkonflikt beeinflussen könnten. Vielmehr geht es ihm um Moral, gibt Aviv zu: »Das ist unsere Position und ich glaube, das sollten wir auch klar sagen.«

Die 27-jährige Miss Fafa erhofft sich dagegen sehr wohl, dass sie mit solchen Partys etwas zum Verständigungsprozess beitragen kann. Die Iranerin hat viele israelische Freunde, die nach Berlin kommen und in Neukölln zum ersten Mal sehen, wie Juden, Muslime und Christen gemeinsam in Frieden leben. Viele von ihnen blicken danach optimistischer auf die Situation in ihrer Heimat.

»Wir feiern zusammen, wir wohnen zusammen und wir kochen zusammen. Das ist schon ein guter Schritt, um sich kennenzulernen«, meint die Iranerin. Genau wie beim Auflegen von Musik gehe es eben darum, sich in den anderen hineinzuversetzten. »Empathie ist wichtig«, sagt die junge DJane noch, bevor sie sich wieder in Richtung der Tanzfläche verabschiedet. Denn unkoschere Partynächte sind lang – so viel ist sicher.

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