Nachruf

Klezmer-Maestro aus Czernowitz

Jossif Gofenberg sel. A. (1949–2022) Foto: Omer Messinger

Nachruf

Klezmer-Maestro aus Czernowitz

Jossif Gofenberg starb im Alter von 72 Jahren

von Christine Schmitt  05.05.2022 15:26 Uhr

Als Jossif Gofenberg einmal krank war, brachte ihm sein Vater ein Akkordeon mit. Der damals Sechsjährige wollte sofort aufstehen und loslegen, doch der Vater fand ihn noch zu schwach. Er aber erwiderte, dass die Musik ihn schon gesund gemacht hätte – seitdem war sie für ihn der Inhalt seines Lebens.

Doch genauso wichtig war ihm auch das Miteinander von Laien und Profis, mit denen der Musiker zusammen probte und auf der Bühne stand. »Es sind alles Familienangehörige«, sagte Gofenberg einmal. Übersehen konnte man Jossif Gofenberg nicht, so groß und kräftig war er. Auffällig auch sein Markenzeichen: der Pferdeschwanz. Am 18. April ist der Klezmer-Maestro plötzlich und unerwartet im Alter von 72 Jahren gestorben.

LEHRER Gofenberg wurde 1949 in Czernowitz in der Ukraine geboren. Er war Gründer und Leiter der Klezmerband »Klezmer Chidesch«. Ebenso war er Koordinator und Lehrer am Klezmer-Zentrum der Musikschule-Mitte, Dozent an der Jüdischen Volkshochschule Berlin sowie Gründer und Chorleiter des Ensembles »Gofenberg & Chor«, das vor neun Jahren mit dem Integrationspreis der Bezirksverordnetenversammlung Mitte ausgezeichnet wurde.

»Die Pflege des kulturellen Erbes der osteuropäischen Juden war seine Lebensaufgabe«, schrieb der Chor in der Todesanzeige im »Tagesspiegel«. »Wir sind unendlich traurig. Aber wir sind dankbar, dass wir mit ihm so lange Musik machen durften.«

Besonders das Jiddische lag ihm am Herzen, denn das war die Sprache, mit der er aufgewachsen war.

Der Träger des Bundesverdienstkreuzes sang und spielte in alter jüdischer Tradition und arrangierte Lieder. Besonders das Jiddische lag ihm am Herzen, denn das war die Sprache, mit der er aufgewachsen war. Mit dabei hatte er immer sein Akkordeon.

Wie viele dieser Instrumente ihn in seinem Leben begleitet haben, konnte er nicht sagen, denn er spielte mit so viel Energie, dass etliche kaputtgegangen seien, wie er einmal schmunzelnd erzählte.

GEDENKKONZERT Da Musik in seiner Heimat seinerzeit nur etwas »für Frauen« gewesen sei, sollte er einen Abschluss in Elektronik machen – was er auch tat. Später studierte Jossif Gofenberg noch Musik. Sie war nie Arbeit für ihn, sondern Freude und seine Berufung.

Die KlezBanda (ursprünglich »Klezmer Chidesch«) wird am 20. Juni um 19 Uhr im Globe Berlin Theater ein Gedenkkonzert geben.

Antisemitismusverdacht

Ermittlung wegen Plakat »Juden haben hier Hausverbot« läuft

Ein antisemitischer Aushang in einem Flensburger Geschäft sorgt für Entsetzen. Politiker und Bürger reagieren deutlich. Die Staatsanwaltschaft schaltet sich ein

 18.09.2025

Nürnberg

Annäherung nach Streit um Menschenrechtspreis-Verleihung

Die Israelitische Kultusgemeinde hatte den diesjährigen Träger des Nürnberger Menschenrechtspreises nach Bekanntgabe des Juryvotums kritisiert. Nach Gesprächen gibt es nun offenbar eine Verständigung

 18.09.2025

Berlin

Zwölf Rabbiner blasen das Schofar

Die Jüdische Gemeinde Chabad Berlin lud zum Neujahrsempfang. Zu Gast war auch der Regierende Bürgermeister Kai Wegner

von Detlef David Kauschke  18.09.2025

Kommentar

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  18.09.2025 Aktualisiert

Berlin

Zentralrat der Juden begeht sein 75. Jubiläum

Die Dachorganisation der jüdischen Gemeinden lud zahlreiche Gäste aus Politik und Zivilgesellschaft nach Berlin. Der Bundeskanzler hielt die Festrede

von Imanuel Marcus  17.09.2025

München

Knobloch lobt Merz-Rede in Synagoge

Am Montagabend wurde in München die Synagoge Reichenbachstraße wiedereröffnet. Vor Ort war auch der Bundeskanzler, der sich bei seiner Rede berührt zeigte. Von jüdischer Seite kommt nun Lob für ihn - und ein Appell

von Christopher Beschnitt  16.09.2025

Auszeichnung

Düsseldorfer Antisemitismusbeauftragter erhält Neuberger-Medaille

Seit vielen Jahren setze sich Wolfgang Rolshoven mit großer Entschlossenheit gegen Antisemitismus und für die Stärkung jüdischen Lebens in Düsseldorf ein, hieß es

 16.09.2025

Erinnerung

Eisenach verlegt weitere Stolpersteine

Der Initiator des Kunst- und Gedenkprojekts, Gunter Demnig aus Köln, die Stolpersteine selbst verlegen

 16.09.2025

Porträt der Woche

Passion für Pelze

Anita Schwarz ist Kürschnerin und verdrängte lange das Schicksal ihrer Mutter

von Alicia Rust  16.09.2025