Berlin

»Kleine göttliche Funken«

Wochenlang haben die Schüler für die Aufführungen geprobt. Foto: ksh

Schon vor Beginn des Programms schallten Willkommenstöne einladend über die weitläufigen Flure des Jüdischen Gymnasiums Moses Mendelssohn in Berlin-Mitte.

Einer der jungen Saxofonspieler, die am Donnerstagabend die Gäste zu den »Kultursplittern«, der traditionellen jährlichen Präsentation der Schüler, zu den Klängen von »Hewenu Schalom Alejchem« begrüßten, geht erst seit einer Woche aufs Jüdische Gymnasium – wegen antisemitischer Beschimpfungen an seiner Schule im Stadtteil Wilmersdorf hatte der Junge kurzerhand gewechselt, mitten im Jahr. Dass ihr Sohn nach nur einer Woche bereits in der Band mitspielt, freut die Eltern sehr. Das zeuge von einer Kultur des Zusammenhalts und der Gemeinschaft, so ihr Eindruck, die auch an diesem Abend zu spüren war.

proben Wochenlang hatten die Schüler geprobt. Was sie mithilfe ihrer Lehrer auf die Beine gestellt hatten, konnte sich sehen lassen: Sie rezitierten Gedichte, Fabeln und Balladen, spielten bühnenreife Sketche und Theaterszenen, musizierten und sangen vielsprachig auf Deutsch, Hebräisch, Russisch, Englisch und sogar Portugiesisch – mit Spaß, Können und so viel Charme, dass sie die Begrüßungsworte von Schulleiter Aaron Eckstaedt im besten Sinne des Wortes mit Leben füllten.

»Die ›Kultursplitter‹ haben ihren Namen einer talmudischen Legende entlehnt, nach der die einst heile Welt in viele kleine Bestandteile zersprang, kleine göttliche Funken, die man nicht sehen kann – mit Ausnahme von Kindern«, sagte Eckstaedt.

Viele dieser Funken versprühten im Laufe des Abends ihren Glanz auf der Bühne, ob in den Klaviersoli einer Zehntklässlerin, der szenischen Aufführung des Erich-Kästner-Klassikers Das verhexte Telefon, dem Bandauftritt zu einem Popsong des Sängers Bruno Mars oder der viel bejubelten Improvisation eines schauspielerisch besonders begabten Neuntklässlers der Känguru-Chroniken des Kabarettisten Marc-Uwe Kling.

Zwischendurch in der Pause wurden in der Aula Requisiten ausgetauscht und Notenständer umplatziert, während die Gäste sich auf dem Gang am Buffet stärken konnten. Gemeinschaftskultur schwang auch hier wieder mit: Der Erlös der Einnahmen soll einer Mitschülerin zugutekommen, deren Familie ihren Besitz durch einen Wohnungsbrand verlor.

jewrovision Für Karina Markhbein aus der 8b sind es die zweiten »Kultursplitter«, die sie mitgestaltet. Die Achtklässlerin hatte im Februar bei der Jewrovision gesungen. Seit ihrem vierten Lebensjahr steht sie auf der Bühne. Aufgeregt ist sie trotzdem. »Jeder Auftritt ist besonders«, sagt die Schülerin. An den »Kultursplittern« mag sie vor allem das Verbindende. »Wir haben das alles hier gemeinsam auf die Beine gestellt, mit den Lehrern – der Zusammenhalt ist sehr stark, man merkt: Jeder ist wichtig«, meint sie.

Als Karina später auf der Bühne steht, zusammen mit der Band, und den russischen Popsong »Sneg« (»Schnee«) vorträgt, spürt man, was sie meint: Alle fiebern mit, applaudieren und freuen sich mit ihr über den gelungenen Auftritt. Auch der junge Saxofonspieler, der erst seit einer Woche dabei ist.

Auszeichnung

Strack-Zimmermann erhält Janusz-Korczak-Preis für Menschlichkeit

Die FDP-Politikerin wird für ihre klaren Worte und ihr entschlossenes Handeln angesichts globaler Krisen geehrt

 29.06.2025

Erfurt

Ende eines Krimis

Seine Entdeckung gilt als archäologisches Wunder: Mehr als 25 Jahre nach dem Fund des Erfurter Schatzes sind vier weitere Stücke aufgetaucht

von Esther Goldberg  29.06.2025

Porträt der Woche

Heilsame Klänge

Nelly Golzmann hilft als Musiktherapeutin an Demenz erkrankten Menschen

von Alicia Rust  29.06.2025

Interview

»Wir erleben einen doppelten Ausschluss«

Sie gelten nach dem Religionsgesetz nicht als jüdisch und erfahren dennoch Antisemitismus. Wie gehen Vaterjuden in Deutschland damit um? Ein Gespräch über Zugehörigkeit, Konversion und »jüdische Gene«

von Joshua Schultheis, Mascha Malburg  29.06.2025

Solidarität

»Sie haben uns ihr Heim und ihre Herzen geöffnet«

Noch immer gibt es keinen regulären Flugbetrieb nach Israel. Wir haben mit Israelis gesprochen, die in Deutschland gestrandet sind. Wie helfen ihnen die jüdischen Gemeinden vor Ort?

von Helmut Kuhn  26.06.2025

Meinung

Mannheim: Es werden bessere Tage kommen

Wegen Sicherheitsbedenken musste die jüdische Gemeinde ihre Teilnahme an der »Meile der Religionen« absagen. Die Juden der Stadt müssen die Hoffnung aber nicht aufgeben

von Amnon Seelig  25.06.2025

Frankfurt

Lust auf jüdisches Wissen

Die traditionsreiche Jeschurun-Religionsschule ist bereit für die Zukunft

von Eugen El  23.06.2025

Interview

»Jeder hilft jedem«

Eliya Kraus über schnelle Hilfe von »Zusammen Frankfurt« und mentale Unterstützung

von Katrin Richter  23.06.2025

Leipzig

Tausende Gäste bei Jüdischer Woche

Veranstalter waren die Stadt Leipzig in Kooperation mit dem Ariowitsch-Haus

 23.06.2025